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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker
Autoren: Paul Friedl
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heimbrächte.
    Aber sie wartete umsonst.
     
    Noch in der Nacht hatte der Sepp, der Knecht vom Schwaiger, für seinen Bauern den Doktor holen müssen. Am Abend war er in die Stube getaumelt, an der Schulter und an der Lendenseite blutend, die Lodenjoppe zerrissen. Er war aus dem Stall gekommen, wohin er den Gaul gebracht hatte, und dort hatte dieser ausgekeilt und den Schwaiger schwer getroffen. Der Bauer hatte es zornig abgelehnt, als die Barbara, seine Tochter, gleich um den Arzt schicken wollte. Er ließ sich nur von ihr und von der Hauserin, die ihm nach dem Tode der Schwaigerin das Hauswesen führte, arnikagetränkte Tücher auf die Wunden legen, und der Branntwein, in dem diese Kräuter angesetzt waren, beizte ihn, daß er knurrte und fluchte. So lag er auf dem Kanapee, hatte das Gesicht zur Wand gedreht und antwortete auf keine Rede.
    Die Hauserin, eine dicke, ältliche Frau, strickte, und die Barbara saß neben ihr auf der Bank und wartete, bis der Vater wieder einen frischen Umschlag haben wollte. Sie war ein zwanzigjähriges Mädel mit offenem Gesicht und blühendroten Wangen. Tiefblaue Augen strahlten unter dunklen, schmalen Brauen hervor, und kleine, volle Lippen, immer ein wenig geöffnet, ließen die obere Reihe der blanken Zähne sehen. Große dunkelblonde Zöpfe waren um den Kopf gelegt. Das ganze Gesicht zeigte etwas Unbekümmertes, Fröhliches und eine immer fragende Neugier. In der Stube herrschte eine Bärenhitze, und die Hauserin war fleißig darauf bedacht, sie zu erhalten. Sie saßen schweigend und müde, und die Stille wurde nur unterbrochen, wenn der Bauer sich regte und der Schmerz ihm dabei ein Stöhnen abpreßte. Nach Mitternacht hatte die Barbara den Knecht geweckt und um den Doktor geschickt, sosehr der Schwaiger auch schimpfte und wütete.
    Gegen Morgen kamen sie zurück und stampften sich im gepflasterten Flur den Schnee von den Füßen.
    Der kleine dicke Doktor schnaufte in die Stube, grüßte mit einem freundlichen Lächeln, stellte seine Tasche auf den Tisch und legte den Mantel ab.
    »Na, was ist denn mit dir los, Schwaiger?« wandte er sich an den Bauern und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Der Gaul hat mich keilt! Hat mich sakrisch erwischt«, ächzte der Schwaiger und versuchte sich umzudrehen. »Ganz dumm hat er mich erwischt, hätt hin sein können.«
    »Da wollen wir halt einmal nachsehen«, meinte der Doktor leichthin, als wüßte er schon, daß es sich nur um eine wenn auch schmerzhafte Kleinigkeit handeln konnte, und befahl der Hauserin, eine Schüssel mit warmem Wasser herzurichten.
    »Bist du die Barbara?« sprach er das Mädchen an, das dabeistand und verlegen die Hände rieb. »Bist aber mächtig groß geworden!«
    Er legte die Joppe ab und zog sich einen Stuhl an das Kanapee heran.
    »Wollen wir halt einmal das Ding anschauen. Wird so schlimm nicht sein, und der Schwaiger vertragt schon etwas.«
    Er nahm die Tücher von der Schulterwunde und prüfte die Verletzung eine Weile. Dann schaute er auf und sah fragend und nachdenklich von einem zum anderen. Mit einem leichten Kopfschütteln wandte er sich wieder dem Schwaiger zu und drehte ihn etwas mehr auf die Seite.
    »Wie bist du denn zu dieser Sauerei gekommen, Schwaiger?«
    »Der Gaul – der Teufelshengst – «, knurrte der Bauer, »als ich ihn striegeln wollt, hat er ausgewichst und mich troffen.«
    »Hat der Gaul gleich zweimal hintereinander ausgefeuert?« fragte der Arzt weiter und legte auch die Wunde an der Lende des Bauern frei. »Der hat aber scharfe Eisen. Die Wunden sind wie geschnitten.« Er säuberte die Wunden und suchte aus der Tasche die Instrumente, um die klaffenden Verletzungen zu vernähen.
    Der Bauer schwieg eine Weile.
    »Freilich hat er öfter auskeilt!« stöhnte er dann mürrisch.
    »Bist denn nach dem ersten Schlag nicht gleich weggeschleudert worden?«
    Unverständlich wurde das Murren des Schwaiger: »Wohl, wohl, aber ich bin an der Wand gestanden – «
    Der Doktor legte den Verband an und blieb dann noch eine Zeitlang sitzen. Prüfend sah er in das schmerzverzogene Gesicht seines Patienten. »Schaut fast nicht aus wie ein Hufschlag«, sagte er dann und erhob sich.
    Der Bauer lag nun auf dem Rücken und hielt die Augen geschlossen. Zwischen den grauen, buschigen Augenbrauen stand eine abweisende Falte.
    »Eine Spritze gegen Wundstarrkrampf muß ich dir noch geben, denn die Wunden waren recht unsauber. Er verabreichte dem Reglosen die Injektion. Während er noch ein Rezept
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