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Das kleine Reiseandenken

Das kleine Reiseandenken

Titel: Das kleine Reiseandenken
Autoren: Berte Bratt
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Lautes Gelächter.
    Aber auch da schaffte Inge Rat. Sie machte lauter kleine Zettel für Ingrid zurecht und übersetzte, was sie geschrieben hatte: „Ich kann kein Dänisch. Ich möchte gern zehn Eier und eine Dose Sahne haben.“
    „Ich kann kein Dänisch. Bitte zwei Pfund Kartoffeln und einen Kopfsalat.“
    Mit fünf solchen kleinen Zetteln bewaffnet, ging Ingrid einkaufen. Auf der Rückseite jedes Zettels hatte Inge auf deutsch geschrieben: Bäcker, Schlachter, Gemüseladen.
    „So läufst du nicht Gefahr, daß du beim Schlachter Brot und beim Bäcker Salat verlangst“, lachte sie. „Du brauchst nur einfach aus der Haustür hinauszugehen, alle Läden sind gleich hier in der Nähe, du kannst sie gar nicht verfehlen! Und hier ist Geld und – halt stop! Sicher bist du vorsichtig; aber wenn dir etwas zustoßen sollte…“, wieder kritzelte sie etwas auf ein Stück Papier – „diesen Zettel leg in deinen Paß und trag ihn immer bei dir.“ Ingrid sah sich das Papier genau an. Zwar konnte sie die Worte nicht verstehen, aber sie wußte doch, was Inge geschrieben hatte: „Sollte mir etwas zustoßen, so unterrichten Sie Ingrid Skovsgaard, Telefon…“
    „Du denkst wirklich an alles“, sagte Ingrid dankbar.
    „Nicht wahr? Das ist meine starke Seite. Willst du Dixi nicht mitnehmen? Er muß morgens immer einen kleinen Spaziergang machen. Vor den Läden ist überall ein kleiner Haken an der Hauswand. Da bindest du ihn einfach an, wenn du hineingehst.“
    Es war Ingrid beinahe feierlich zumute, als sie die vielen Treppen hinunter und auf die Straße hinausging. Der Vormittagsverkehr war in vollem Gange. Sie brauchte tatsächlich nicht lange nach den Geschäften zu suchen. Dixi kannte den Weg und zerrte sie zielsicher zum Schlachterladen.
    Sie reichte ihren Zettel über den Ladentisch. Ein freundlich aussehender, dicker Schlachtermeister sprach sie an und lächelte. Ingrid lächelte zurück, nickte und sah zu, wie der Schlachter Würstchen abwog. Dann warf er einen Blick nach draußen und sah Dixi, der dort angebunden stand. Er fragte: „Fräulein Skovsgaard?“ und Ingrid nickte wieder. Da packte der Schlachter noch ein paar Kalbsknochen zu den Würstchen, tippte mit dem Finger drauf und sagte „Dixi“. Und zum erstenmal wandte Ingrid eines von den dänischen Wörtern an, die Inge sie gelehrt hatte: „Tak!“
    Tak – danke – das war ein wichtiges Wort in Dänemark, das begriff sie schnell. Denn alle waren so freundlich gegen sie, und immer hatte sie irgendeinen Anlaß zum Danken. Mit prallgefülltem Netz kam Ingrid zurück – und mit neuerworbenen Sprachkenntnissen. Sie hatte aufgepaßt, und sie hatte Schilder gelesen. Morgen würde sie sich ohne Zettel sowohl beim Bäcker als auch beim Milchhändler zurechtfinden.
    Mit größtem Eifer machte sie sich dann über den Aufwasch und das Staubwischen her und fand alles herrlich; sie fand es wunderbar, in Kopenhagen zu sein.
    Inge war in der Stadt gewesen. Als sie nach Hause kam, war ihr Lächeln nicht mehr ganz so strahlend wie vorher. Sie machte ein nachdenkliches Gesicht. Aber dann nahm sie sich zusammen, und ihre Miene wurde wieder hell und froh.
    „Nun bin ich also bei Frau Jespersen gewesen, Ingrid. Sie hat zwei Rippen gebrochen und ein paar tüchtige Schrammen bekommen,aber man meint im Krankenhaus, daß sie in zwei Wochen völlig wiederhergestellt sein wird. Ob du es so lange bei mir aushalten wirst – was meinst du?“
    Ingrid sah Inge an, und plötzlich zitterten ihre Lippen.
    „Aber Kind – du weinst doch nicht etwa?“ Doch, genau das tat Ingrid.
    „Was ist denn los, Kindchen? Hast du es nicht gut hier?“
    „Ja, ja…“ Ingrid schnaufte und putzte sich die Nase, gab es wieder auf und verbarg ihr Gesicht an Inges Schulter. „Du bist so gut, so schrecklich gut. Ich habe gar nicht gewußt, daß es in der Welt überhaupt solche Menschen gibt. Es ist beinahe, als hätte ich eine Mutter gefunden. Und ich kenne dich dabei doch nicht länger als einen Tag. Vor einem Tage…“
    „Ja, weißt du noch? Vor einem Tage? Da standen wir beide zusammen auf dem Bahnhof in Flensburg und fütterten Affen. Weißt du, was wir tun wollen, Ingrid? Ich muß jetzt ein bißchen arbeiten, ich habe schändlich lange gefaulenzt. Aber heute nachmittag gehen wir in den Zoo. Vielleicht finden wir deine Äffchen wieder. Oder wollen wir lieber ins Tivoli gehen und mit den Affchen noch ein paar Tage warten, bis sie im Zoo heimisch geworden sind?“
    „Du – du darfst doch
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