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Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Das Kleine Buch Der Wahren Liebe

Titel: Das Kleine Buch Der Wahren Liebe
Autoren: Anselm Gruen
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andern zu klammern, weil wir ihn nicht verlieren möchten. Wir erwarten vom andern absoluten Halt, absolute Geborgenheit und absolute Liebe. Doch etwas Absolutes kann uns kein Mensch schenken. So überfordern wir den andern mit unseren Erwartungen. Viele Ehekrisen haben in diesen übertriebenen Erwartungen ihre Ursache. Aber wenn uns die Dimension der Transzendenz fehlt, dann ist es nur zu verständlich, dass wir das Absolute von etwas Begrenztem erwarten, dass wir von einem Menschen etwas Göttliches erhoffen.
     
    Wenn ich aber in Gott meinen absoluten Halt und bedingungslose Liebe finde, dann kann ich die Beziehung zum andern in Freiheit gestalten. Ich mache mich vom andern nicht völlig abhängig. Und nur in dieser Freiheit kann menschliche Beziehung gelingen. Nur so hat jeder genügend Luft zum Atmen.

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    Nichts gehört mir, weder ein Mensch, noch mein Haus, noch mein Leben. Ich darf alles genießen. Aber ich weiß, dass es mir nur geliehen ist. Mein Leib ist mir geschenkt. Aber ich kann ihn nicht besitzen und durch gesunde Lebensweise sein Funktionieren garantieren. Ich bin mein Leib. Aber er entzieht sich mir auch. Menschen, die ich liebe, gehören mir nicht. Sie sind frei. Und nur wenn ich sie frei lasse, vermag ich sie wirklich zu lieben.

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    Geben und Nehmen sollte in einer Beziehung ausgeglichen sein. Wenn einer immer nur der Gebende ist, fühlt er sich irgendwann ausgenutzt. Und der Nehmende wird zunehmend passiver und einfallsloser. Nur wenn beide geben und nehmen, entsteht ein Miteinander, das nicht einengt, sondern befruchtet.
     
    Eine gesunde Beziehung braucht auch die Aggression als abgrenzende und gleichzeitig zupackende Kraft, um lebendig zu bleiben. Wenn ich meine Grenzen auf eine gute Weise verteidige, dann weiß der andere, woran er ist. Dann wird er meine Grenzen respektieren und dann fühlt er sich auch in seinen eigenen Grenzen ernst genommen. Nur wenn zwei Partner sich in diesem Sinne klar definieren, können sie gut miteinander umgehen, dann können sie einander besuchen. Sie werden die Grenzen in der Liebe oft aufheben, um miteinander zu verschmelzen. Aber dann setzten sie die Grenzen wieder, um miteinander kommunizieren zu können.

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    Diese Erfahrung ist nicht ungewöhnlich: Freundespaare und Ehepaare erzählen oft, dass ihnen zuviel Nähe schadet. Sie benötigen immer wieder auch die Distanz. Sie müssen sich voneinander abgrenzen, sich loslassen, damit sie wieder neue Lust haben, aufeinander zuzugehen. Wenn Paare zu nahe zusammen sind, nehmen oft auch die Aggressionen zu. Manche meinen dann, sie würden sich nicht genug verstehen. Sie haben den inneren Anspruch, sie müssten immer voller Liebe sein, wenn sie zusammen sind. Dass die Aggression ein Anruf ist, sich den eigenen Raum zu reservieren, erkennen sie nicht. Zu sehr sind sie in ihrem Ideal von einer immer präsenten Liebe gefangen. Neben der zu großen Nähe lauert noch eine andere Gefahr in der Liebe: Es ist das Benutzen des anderen für mich selbst. Ich sehe den anderen nicht in seinem Eigendasein, als den ganz anderen. Ich nehme ihn insofern wahr, als er mir hilft, zu mir selbst zu finden. Ich suche durch den anderen nur eine Erweiterung meines eigenen Ichs. Partner wollen den anderen in sich hineinnehmen. Sie achten nicht das, was im anderen meinem Zugriff entzogen ist. Im anderen ist ein Raum, zu dem ich keinen Zutritt habe. Es gibt in ihm ein Geheimnis, das ihn und mich übersteigt. Und nur wenn ich dieses Geheimnis achte, wird die Beziehung gelingen.

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    |72| Wie Abgrenzung Beziehung schafft, das zeigt uns die Begegnung des auferstandenen Jesus mit Maria von Magdala (Joh 20,1   -   18). Maria von Magdala steht voller Sehnsucht schon früh morgens auf, um zum Grab zu gehen. Sie sucht den, den ihre Seele liebt. Sie möchte Jesus noch einmal sehen und ihn berühren, auch wenn er tot ist. Doch das Grab ist leer. Dreimal spricht sie davon, dass man den Herrn aus dem Grab weggenommen hat und keiner weiß, wohin man ihn gelegt hat. Beim dritten Mal sagt sie zum vermeintlichen Gärtner: „Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen“ (Joh 20,15). Sie meint, sie könne den Leichnam für sich holen und in die Hand nehmen. In diesem Augenblick spricht Jesus sie mit ihrem Namen an: „Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf hebräisch zu ihm: Rabbuni!“ (Joh 20,16) In diesem kurzen Dialog geschieht Eins-werden. Da blitzt die Liebe zwischen ihr und Jesus
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