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Das Kind

Titel: Das Kind
Autoren: Sebastian Fitzek
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Strandbads in eine Falle gelockt – und das direkt vor den Augen der Polizei.«
»Und wo waren Sie die ganze Zeit über?« Sterns Frage klang etwas unhöfl icher als beabsichtigt. »Wenn Sie Engler überwachen sollten, warum haben Sie ausgerechnet von seinem letzten Großeinsatz nichts mitbekommen?« Brandmann räusperte sich und hob entschuldigend die Hände.
»Hertzlich, der Kommissariatsleiter, hat mich abgezogen, als die Situation eskalierte. Wie gesagt, ich war ja nur dazu da, um fi nanziellen Unregelmäßigkeiten nachzugehen. Meine Arbeit sollte ab diesem Zeitpunkt erst einmal ruhen, um die weiteren Ermittlungen nicht zu behindern. Eigentlich
war ich schon dabei, meine Koffer zu packen.« »Und jetzt? Wie geht’s weiter? Was ist mit Englers Komplizen? Irgendwer muss ihm doch bei allem geholfen haben?« Brandmann grunzte nach jeder Frage zustimmend, wodurch sich sein Adamsapfel wie ein Zylinder unter seinem faltigen Hals bewegte.
»Ja, leider. Der ›Rächer‹ hat in den letzten Jahren stark ausgesiebt, aber Engler konnte die psychopathischen Helfer um sich herum immer wieder schnell ersetzen. Als Ermittler der Mordkommission saß er ja praktisch an der Quelle. Doch wir haben tonnenweise Material beschlagnahmt, das helfen wird, den Rest seiner Bande zu zerschlagen. Computer, Hefte, Bänder, DVDs – nicht zu vergessen Englers Wagen, dessen Kofferraum mit der neuesten Videotechnik vollgestopft ist …«
Robert wurde bei der Aufzählung daran erinnert, wie Engler sich selbst mit Brandmann auf dem Tierfriedhof gefi lmt hatte. Stern hatte damals gedacht, die Bilder wären live. Dabei waren sie nur zeitversetzt abgespielt worden. Ein billiger Trick. Genau wie das Theater in Tiefensees Praxis. »Das einzig Erfreuliche, worauf wir bei Englers Hausdurchsuchung stießen, war sein Hund. Der Labrador wohnt bis auf weiteres bei mir«, hörte er Brandmann lächeln. »Und sonst haben Sie nichts entdeckt?«, fragte Stern zögerlich.
»Nicht das, worauf Sie anspielen. Um ganz ehrlich zu sein: Ich will Ihnen in diesem Punkt keine zu großen Hoffnungen machen.«
Roberts Puls beschleunigte sich. Gleichzeitig wurde seine linke Körperhälfte taub, als hätte sie jemand von innen mit Kältespray besprüht. Er hatte fast damit gerechnet, aber es war immer etwas anderes, böse Vermutungen aus erster
Hand bestätigt zu bekommen.
»Wir sind noch mitten in der Auswertung, doch bislang haben wir unter dem Beweismaterial keinerlei Hinweise auf Ihren Sohn gefunden. Keine Dokumente, Bilder oder Filme. Weder als Säugling noch in einem späteren Lebensjahr. Und auch die Theorie mit der Babyklappe …«, er räusperte sich. Seiner belegten Stimme nach schien Brandmann jetzt wirklich einen Kloß im Hals zu haben.
»Nun, wir gehen selbstverständlich den Hinweisen nach und überprüfen jetzt bundesweit alle Krankenhäuser, ob so etwas tatsächlich möglich wäre. Aber bis jetzt haben wir noch nichts gefunden, was Ihre Aussage bestätigt.« Natürlich.
Stern legte das gesamte Gewicht auf seine rechte Krücke und drückte sie so fest in den Betonboden des Kellers, wie es ihm möglich war. Mit der anderen Hand tastete er nach dem zerknitterten Umschlag in seiner hinteren Hosentasche. Engler hatte ihm zum Abschied ein Foto des zehnjährigen Jungen zugesteckt, der gerade seine Geburtstagskerzen ausblies. April, April stand in Druckbuchstaben einmal quer über der Torte.
Auch hier war er also wieder getäuscht worden. Stern blinzelte, als wäre ihm etwas ins Auge gefl ogen. Irgendwann würde man vielleicht herausfi nden, wie Engler an die Überwachungsvideos gelangt war. Wie er sie so täuschend echt bearbeiten und verändern konnte. Vielleicht würde man sogar das Geburtstagskind fi nden, dessen Gesichtszüge mit irgendeiner hochmodernen Bildbearbeitungssoftware an seine eigenen angeglichen worden waren. Womöglich handelte es sich auch um eine komplette Kunstfi gur. Ein Pixelwunder, am Computer entstanden.
Stern lockerte seinen wütenden Druck, als er das Blut in sei nen Ohren rauschen hörte. All diese Überlegungen würden nichts an der Tatsache ändern, dass das Video dieses zehnjährigen Jungen nur ein billiger Köder gewesen war. Felix war tot, war es immer gewesen. Stern war froh, dass er seine gegenteiligen irrationalen Hoffnungen nie mit Sophie geteilt hatte.
»Wir werden allen Hinweisen nachgehen und überprüfen, ob Ihr Sohn damals …« Der Sonderermittler hielt mitten im Satz inne und sah verwundert zur Decke. Aus den oberen
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