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Das Kind

Titel: Das Kind
Autoren: Sebastian Fitzek
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kleine Plexiglasständer mit Werbebroschüren. »Und nun? Soll ich damit werfen?«
Er drehte sich achselzuckend zu Carina um, die sich mangels einer anderen Sitzgelegenheit auf ihre Reisetasche gesetzt hatte.
»Hallo, hier sind Gäste«, rief Stern so laut er konnte, ohne zu brüllen. Statt einer Antwort wurde in einem der Nebenräume eine Toilettenspülung gezogen.
»Wer sagt’s denn«, murmelte Carina. Wenig später presste sich hinter der Rezeption eine Frau von quadratischer Figur durch eine halboffene Lamellentür.
»Was soll ’n die Hektik?«, fragte sie kurzatmig.
»Mein Name ist Stern«, ignorierte Robert die unfreundliche Begrüßung und legte seinen Ausweis auf die Rezeption. »Wir haben reserviert.«
»Ja, ja. Hätten Sie aber nicht tun brauchen. Ist eh alles frei.« Die schwieligen Finger der Frau zeigten auf das gefüllte Schlüsselbord zu ihrer Rechten.
»Ich könnt Ihnen einen guten Preis für die Suite machen.« Stern konnte sich vorstellen, wie die aussah. Vermutlich hatte sie einen Fernseher im Unterschied zu den anderen Baracken hier.
»Nein, ich will genau das Zimmer. Ich habe es Ihnen doch schon am Telefon erklärt.«
»Echt? Die Siebzehn? Hmm. Wirklich? Ist aber nicht unser hübschestes.«
»Ist mir egal«, sagte Stern wahrheitsgemäß. Hier würden sie sowieso keine Nacht bleiben.
»Die Siebzehn und kein anderes.«
»Wie Sie meinen.«
Sterns Finger berührten die staubtrockene Haut der Frau, als er ihr den Schlüssel aus der Hand nahm. Er zuckte zusammen, als hätte er sich gerade einen Splitter eingetrieben. »Hochzeitsreise?«, fragte sie und warf Carina ein anzügliches Lächeln zu.
»Ja«, sagte Stern, weil das die kürzeste Antwort war, die ihm einfi el.
»Einfach zur Tür raus und den Schildern folgen«, rief sie ihnen hinterher. Ist das hinterste auf der rechten Seite.« Der Regen der letzten Tage hatte pausiert, und der Wind über ihren Köpfen spielte Billard mit den grauen Wolken. Es war erst Mittag, aber die gefühlte Uhrzeit lag um viele Stunden später. Auch jetzt schob sich wieder eine schmut zige Wand vor die Sonne und verdunkelte den betonierten Pfad zu dem Appartement.
Zimmer 17 war das einzig freistehende Gebäude des Motels. Das Schloss der Tür sah nicht danach aus, als freute es sich über den Schlüssel, den Stern erst im zweiten Anlauf herumdrehen konnte.
»Soll ich draußen bleiben?«, fragte Carina. »Nein, aber fass bitte nichts an.«
Er tastete nach dem Kippschalter an der Wand, und eine einfache Glühbirne erhellte das überraschend aufgeräumte Zimmer.
Carina sog geräuschvoll die Luft durch die Nase. Auch Stern wunderte sich über das Fehlen jeglicher Staubund Schimmelgerüche, die er hier eigentlich erwartet hatte. »Sie hat ja gewusst, dass wir kommen«, murmelte er und machte sich an die Arbeit.
Zuerst nahm er sich die Schränke vor. Er raffte die wenigen Kleiderbügel zusammen und warf sie neben Carina und der Reisetasche aufs Bett. Dann klopfte er das Sperrholz nach Hohlräumen ab. Nichts.
Er ging ins Bad. Enttäuscht sah er, dass hier nur eine Dusche vorhanden war. Er hätte auf die Zwischenräume unter der Badewanne getippt. Doch hier gab es noch nicht einmal eine Duschkabine. Das Wasser versickerte einfach durch einen kleinen Ausfl uss in den Bodenkacheln.
»Und?«, fragte Carina, als er nach fünf Minuten wieder ins Schlafzimmer zurückkam, nachdem er nach versteckten Hinweisen im Spülkasten und im Abfl uss gesucht hatte. »Nichts«, sagte er und krempelte sich seine nassen Hemdsärmel hoch. »Noch nicht.«
Er legte sich auf den Boden, sah unters Bett. Carina stand auf seine Bitte hin auf. Während er die Matratze an verschie denen Punkten mit einem Messer durchbohrte, suchte sie auf dem Steinfußboden nach einer Unebenheit in der Maserung, nach einer Delle.
Irgendetwas, hinter dem sich eine versteckte Tür oder ein geheimer Zugang hätte verbergen können. Doch sie konnte nicht die kleinste Rille entdecken.
Stern hatte unterdessen eine gelbe Handsprühdose aus der Reisetasche hervorgeholt, von der Sorte, mit der man normalerweise Zimmerpfl anzen bestäubt. Damit pumpte er einen feinen Sprühnebel farblosen Kontrastmittels auf den Fußboden des Zimmers.
»Nicht erschrecken«, sagte er, als er damit fertig war. Kurz darauf erlosch die Glühbirne über ihren Köpfen, und der Raum war in völlige Finsternis getaucht. »Worauf müssen wir achten?«, fragte Carina, als die UV-Taschenlampe in Roberts Händen ein gespenstisches Mondlicht über ihre
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