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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens
Autoren: Guy Gavriel Kay
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das Weiß der Göttin ausersehen. Dana bewegt sich in einer Weise, die kein Sterblicher verstehen kann, und nicht einmal die anderen Götter. Ich bin jetzt nur noch dem Namen nach Hohepriesterin. Nachdem ich euch beim Übergang behilflich gewesen wäre, hätte ich auch meinen Platz an Leila abtreten müssen.«
    Paul nickte. Er konnte sehen, wie sich hier ein Muster bildete, nur der glimmende Schein eines Musters, aber es schien ihm, dass die Schuss- und Kettfäden dieses Musters nach Dun Maura und zu einem Opfer zurückreichten, das an dem Abend von Maidaladan gebracht wurde.
    Und als er daran dachte, bemerkte er, dass in seinen Augen Tränen standen. Er, der niemals hatte weinen können, musste nun seine Tränen wegwischen.
    Er wandte sich ihr zu: »Kim geht nach Hause zurück, sonst würde ich es nicht sagen, aber ich glaube, ich kenne ein Cottage am See, das auf halbem Wege zwischen dem Tempel und dem Baum liegt, und dort würde ich gerne wohnen … wenn es auch dir gefällt.«
    »Es gefällt mir«, versicherte Jaelle ruhig. »Es gefällt mir mehr, als ich dir sagen kann. Ysannes Cottage wird den Kreis meines Lebens schließen und meinen Kummer begraben.«
    »Dann werde ich also wohl hier bleiben«, meinte er und griff nach ihrer Hand. »Ich denke, ich werde schließlich doch hier bleiben.«
     
    Kim erkannte, dass sie dazulernte … und zwar auf die schwierigste Art. Sie entdeckte, dass es nur eines gab, was ihr schwerer fiel, als mit Macht umzugehen. Es war der Verlust der Macht. Der Baelrath war verschwunden. Sie hatte ihn weggegeben, aber er hatte sie schon vorher verlassen. Seit Calor Diman und ihrer Weigerung dort oben war der Kriegsstein überhaupt nicht mehr aufgelodert. So hatte sie ihn gestern Nacht, als keine Zeugen zugegen waren, Aileron übergeben.
    Und der hatte nach Jaelle geschickt und den Stein in die Obhut der Dana-Priesterinnen gegeben. Das war richtig, dachte Kim. Zuerst hatte sie geglaubt, dass er ihn den Magiern aushändigen würde. Aber die wilde Kraft des Baelrath war Dana bei weitem näher als der Himmelsmagie, die Amairgen erlernt hatte. Es zeugte von Ailerons zunehmender Weisheit, dass der Großkönig einen so machtvollen Gegenstand der Hohenpriesterin übergab und dass sie zustimmte, ihn in ihrem Namen zu hüten.
    Und so war der Kriegsstein also von ihr gegangen, und Kimberly musste sich an diesem letzten Nachmittag mit ihrer Trauer und ihrem Verlust auseinandersetzen, als sie mit ihren Erinnerungen auf einen bewaldeten Strand im Westen von Ysannes Cottage wanderte.
    Es sollte nicht so sein, befahl sie sich streng. Sie würde nach Hause zurückkehren, und sie wollte es so. Sie sehnte sich sehr nach ihrer Familie, mehr noch, sie wusste sogar, dass es gut für sie war, den Rückweg zu wagen. Sie hatte es geträumt, und auch Ysanne hatte es in diesen ersten Tagen geträumt.
    Ich fühle es in meinem Herzen, dass auch in eurer ’Welt eine Träumerin gebraucht wird, hatte die alte Seherin gesagt. Und Kim wusste, dass es noch immer stimmte. Sie hatte es selbst gesehen. So hatten sich in ihrer Sehnsucht nach Rückkehr Bedürfnis und Richtigkeit vereint. Das hätte ihre Lage eigentlich einfach und klar machen müssen, aber so einfach war es nicht. Wie hätte es auch sein können, da sie doch so viel hinter sich ließ? Und all ihre Gedanken und Gefühle schienen so kompliziert und wurden immer noch verschwommener und schwieriger, wenn sie auf den Finger blickte, an dem sie den Kriegsstein so lange getragen hatte, und seine Abwesenheit wie eine klaffende Leere empfand.
    Sie schüttelte den Kopf und versuchte, sich selbst aus dieser Stimmung zu heben. Sie musste für so viele Segnungen, so viele Reichtümer dankbar sein. Das erste, und das war die Hauptsache, war der neu gewonnene Friede und der Tod des Entwirkers durch die Hand eines Kindes, dessen Namen sie geträumt hatte, noch bevor es geboren worden war.
    Im Sonnenlicht wanderte sie durch die grünen Wälder, dachte an Darien und dann an seine Mutter, an Arthur und Lancelot, deren Kummer ein Ende gefunden hatte. Auch das war ein Segen. Ein weiterer Grund, dass Freude im Herzen aufglühen konnte.
    Und was sie selbst betraf, so war sie noch immer eine Seherin und fühlte jetzt und für immer eine zweite Seele in sich … es war ein Geschenk, das nicht ermessen oder mit Worten ausgedrückt werden konnte. Noch immer trug sie das Vaellinarmband um ihr Handgelenk. Matt hatte sich glattweg geweigert, es zurückzunehmen. Sie wusste, dass es in ihrer
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