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Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin
Autoren: Joan D. Vinge
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Wellenkamm aus Kristallperlen herzog. Letzte Nacht im Kasino, in dem unheimlichen, fluoreszierenden Blaulicht der Eishöhlen, hatte der Schaum aus glitzernden Perlen in allen Farben des Regenbogens geschimmert …
    Letzte Nacht hatte sie neben mir gestanden, als ich an den Tischen mit den hohen Einsätzen spielte … und die ganze Zeit über hatte sich ETHANAC so sehr in sein überschäumendes Spielfieber verbissen, daß er ihre Anwesenheit nicht einmal registrierte, und der betrunkene Trottel Yarrow hatte sich verliebt. Und das bedeutete …
    „Ich liebe Sie, Lady Luck“, platzte Yarrow heraus, ehe ich ihm auf die Zunge beißen konnte. „Alles, was ich besitze, gehört Ihnen.“
    Sie machte ein ziemlich verblüfftes Gesicht, was ich ihr nicht verdenken konnte. „Die ganzen fünfzigtausend Seeyas?“ fragte sie.
    Ich riß mich zusammen und wünschte fieberhaft, ich könnte mir eine partielle Lobotomie verpassen. Jedenfalls Yarrows Teil. „Vielleicht sollte ich lieber rausgehen und noch einmal reinkommen.“
    „Tun Sie so, als hätten Sie es getan.“ Diesmal lächelte sie. „Guten Tag, Ethan. Darf ich Ihnen etwas zu trinken bestellen?“
    Ich ließ mich ihr gegenüber an dem kleinen Tisch nieder. Am liebsten hätte ich neben ihr gesessen. „Nichts zu trinken, danke. Ich glaube, ich habe letzte Nacht den Sättigungspunkt erreicht.“
    „Wenigstens haben Sie mich nicht vergessen …“ Sie stützte sich auf eine kleine Faust, und ihr Lächeln wurde wehmütig. „Ich dachte schon, Sie würden mich versetzen.“
    „Sie vergessen …?“ Schließlich hatte sie mich aufgesucht; schließlich hatte sie mich wiedersehen wollen. Ich fluchte stumm auf die totale Leere an der Stelle, an der sie eigentlich in ETHANACS Aufzeichnungen von letzter Nacht sein sollte. „Ich versuche gerade herauszufinden, wie ich Sie überhaupt entwischen lassen konnte.“
    „Sie haben ein bißchen zuviel Paradiesmilch getrunken – ich selbst habe Sie ins Bett gebracht.“ Das Lächeln wurde noch wehmütiger; mein Rückgrat verwandelte sich in Gelee.
    Und mir fiel das leere Bett ein, das ich heute nachmittag vorgefunden hatte; meine Hand schloß sich gefährlich um den Kasten an meinem Gürtel. „Ich mache es heute nacht wieder gut.“
    „Das haben Sie schon.“
    „Habe ich“, sagte ich und fürchtete, sie würde mir erzählen, wie.
    „Indem Sie fünfzigtausend Seeyas gewonnen haben. Indem Sie jedes Spiel gewonnen haben, das Sie letzte Nacht gespielt haben …“
    Mein Gesicht wurde starr. Mir war nicht in den Sinn gekommen, sie könnte hinter meinem Geld her sein. Mein Selbstbewußtsein schrumpfte. Doch Vernarrtheit ist ein blinder Bettler: Wenn sie Geld wollte, ich konnte es ihr geben … „Das kann ich jede Nacht, wenn Sie neben mir stehen, Lady Luck.“
    Sie zog die Augenbrauen in die Höhe. „Das meinen Sie wirklich ernst, oder?“
    „Ernster als ich je etwas in meinem Leben gemeint habe.“
    Überraschung und ein Ausdruck, der Besorgnis sein konnte, beunruhigten ihr Gesicht. „Nein, ich wollte sagen, Sie meinen buchstäblich, daß Glück damit nichts zu tun hat – daß Sie es jede Nacht machen können. Ist es nicht so, Michael Yarrow?“
    Diesmal wurde mein Gesicht vollkommen leer. Ich spürte förmlich, wie sich jede Art von Ausdruck daraus zurückzog: Jemand hatte endlich den Stecker herausgezogen. Hatte ich selber es getan? War ich wirklich so betrunken und fahrlässig gewesen, ihr zu erzählen, ich würde Michael Yarrow heißen? Aber sie hatte mich Ethan genannt … Ich blickte sie weiterhin ausdruckslos an. „Könnten Sie das wiederholen?“
    „Sie sind ein Gauner, Michael Yarrow. Sie können die Chancen mit blitzartiger Geschwindigkeit vorausberechnen, wenn Sie spielen. Das Haus hat überhaupt keine Chance. Und das ist noch nicht alles: Ihre Intelligenz wird durch einen Computer vom Typ ETHANAC 500 künstlich gesteigert.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Lady Luck, wenn ich Ihnen das letzte Nacht erzählt haben sollte, dann bitte ich um Entschuldigung. Es geschah nur, um mein Selbstbewußtsein zu steigern. Mein wirklicher Name ist Ethan Ring, und ich bin in der Softwarewartung für die Kolonialregierung der arabischen Staaten hier auf dem Mars tätig. Und wenn ich betrunken bin, dann bin ich nicht nur ein Gauner, sondern zugleich auch ein pathologischer Lügner.“
    „Sie sind sogar noch besser, wenn Sie nüchtern sind.“ Sie nahm meine Hand und drehte sie um, als würde sie daraus lesen wollen. „Hübscher
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