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Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest

Titel: Das Känguru-Manifest
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Auszeichnung sei ein großartiges Zeichen für den Frieden, da auch Batman irgendwie für Gewaltfreiheit stehe.«
    »Tss«, sage ich kopfschüttelnd und schalte das Radio aus.
    »Hattest du dir große Hoffnungen gemacht?«, fragt das Känguru.
    »Nicht wirklich«, sage ich. »Aber im Moment der Entscheidung ist man natürlich trotzdem enttäuscht.«
    Das Känguru zieht die Post aus seinem Beutel und wirft sie auf den Tisch.
    Es schnuppert an der Kanne.
    »Gibt’s heute keinen Kaffee?«
    »Nee, nee«, sage ich. »Meine ständigen Kopfschmerzen. Ich glaube, es liegt am Koffein.«
    Das Känguru seufzt.
    Ich öffne einen an mich adressierten Brief und lese ihn.
    »Bei der Hausverwaltung ist eine Beschwerde eines anonymen Nachbarn eingegangen«, sage ich.
    »Oh! Dieser Pinguin!«, flucht das Känguru. »Worüber beschwert er sich denn? Lärmbelästigung?«
    »Nein«, sage ich. »Hier im Schrieb ist die Rede von einem nicht genehmigten Haustier.«
    »Boah!«, ruft das Känguru. »Welch Unverfrorenheit!«
    »Der unverfrorene Pinguin«, sage ich belustigt, »der als Vertreter für Tiefkühlkost arbeitet …«
    »Weißt du, was ich glaube?«, sagt das Känguru. »Der Pinguin arbeitet gar nicht als Vertreter für Tiefkühlkost. Ich glaube, er ist ein Agent des Ministeriums für Produktivität. Die Vertretermasche ist seine clevere Methode, in fremde Wohnungen einzudringen. So kann er unauffällig überprüfen, ob alle auf Arbeit oder sonst wie produktiv sind. Und dann geht er zurück ins Ministerium, nach ganz oben in den Turm, und meldet die Leute, die nur rumlungern oder gar Spaß haben!«
    Kurz muss ich lachen. Dann mustere ich das Känguru.
    »Das glaubst du wirklich«, sage ich. »Nicht wahr?«
    »In der Tat«, sagt das Känguru. »Das glaube ich. Habe ich nicht hinreichend bewiesen, dass der Pinguin mein Antagonist ist?«
    »Nicht das schon wieder.«
    »Da ich im Asozialen Netzwerk bin, muss er für das Ministerium für Produktivität arbeiten. Das ist quasi zwangsläufig. Ich bin mir meiner Sache so sicher, dass ich mit dem Gedanken spiele, dem Asozialen Netzwerk die Bitte zu unterbreiten, den Pinguin zu überwachen«, sagt das Känguru.
    »Wir könnten ja einfach mal rübergehen, ’ne schöne Teewurst im Gepäck, und mit dem Pinguin reden«, schlage ich vor.
    »Wir könnten auch einfach rübergehen und den Pinguin verkloppen«, sagt das Känguru.
    Es klingelt an unserer Tür. Ich gehe in den Flur. Gerade als ich öffnen will, wird ein Prospekt für Tiefkühlkost unter unserem Türschlitz durchgeschoben. Das Känguru steht hinter mir. Vergeblich versuche ich, es zurückzuhalten. Es reißt die Tür auf. Draußen steht der Pinguin. Die beiden funkeln sich böse an.
    »Hier wird es enden!«, ruft das Känguru. »Die epische Schlacht zwischen Gut und Böse wird auf ein Neues ausgefochten! Generationen werden sich an diesen Kampf erinnern. In Liedern wird man davon singen. Jetzt regeln wir das! Nur du und ich! Keiner weiter!«
    Der Pinguin gibt dem vor seiner Türe stehenden Sicherheitsmann ein Zeichen, und dieser geht auf das Känguru los. Ein Fehler. Das Känguru steckt seine Pfoten in seinen Beutel und zieht sie blitzschnell wieder hervor. In roten Boxhandschuhen. Der Mann schlägt zu. Das Känguru duckt sich. Das Känguru schlägt zu. Der Mann geht zu Boden und steht nicht mehr auf. Ich ziehe ihn aus dem Weg und bringe ihn in die stabile Seitenlage. Das Känguru wendet sich dem Pinguin zu. Es schlägt einen rechten Haken. Der Pinguin weicht nach links aus. Das Känguru schlägt einen Haken von unten. Der Pinguin beugt sich wie ein Limbotänzer nach hinten und dreht seinen Schnabel zur Decke. Der Schlag geht um Millimeter an ihm vorbei.
    »Das würde ich gerne noch mal in Zeitlupe sehen«, sage ich.
    Das Känguru führt eine Rechts-links-rechts-Kombination. Der Pinguin weicht aus: links-rechts-links. Das Känguru erhöht die Schlagfrequenz. Es trifft nicht. Der Pinguin scheint die Schläge vorauszuahnen und biegt sich immer aus der Gefahrenzone. Dabei bewegen sich seine Füße keinen Deut von der Stelle. Das Känguru hingegen hüpft aufgeregt hin und her. Es atmet heftig. Führt eine weitere Kombination aus. Und noch eine. Vergebens. Alle Schläge zischen vorbei.
    »So was sieht man nicht alle Tage«, sage ich ungläubig.
    Endlich scheint es die Schwachstelle des Pinguins erkannt zu haben und schlägt mit seinem Schwanz nach dessen Füßen. Der Pinguin hüpft gerade rechtzeitig in die Luft, kann aber dem gleichzeitig
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