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Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest

Titel: Das Känguru-Manifest
Autoren: Marc-Uwe Kling
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seiner Faust. »Das ist alles genau so passiert.«
    »Voll die Geschichte …«, sage ich.
    »Ja.«
    »Weißt du, was ich daran interessant finde?«, frage ich.
    »Nee?«
    »Früher hat man Sachen mit der OHL verschickt, heute mit DHL … aua.«

    37 Man kennt diesen Witz aus: Kling, Marc-Uwe: Die Känguru-Chroniken . Berlin: Ullstein Buchverlage, 2008. S. 158 ff.

»Macht kaputt, was euch kaputtmacht.« Axel Springer
    Das Känguru starrt konzentriert auf das vor uns liegende Schachbrett mit den handgeschnitzten Figuren zum Thema »Deutscher Herbst«. Die roten Figuren sind allesamt Terroristen. Die grünen repräsentieren Staat & Herrschaft. Das Känguru spielt immer mit den roten Figuren.
    »Der Geheimagent hat das Asoziale Netzwerk darüber informiert, dass das Ministerium für Produktivität, im Folgenden ›Miniprod‹ 38 genannt, seine Arbeiten am großen Produktivitätsregister, im Folgenden ›Prodreg‹ genannt, fast abgeschlossen hat«, sagt das Känguru und rückt seine Dame, Gudrun Ensslin, auf C5. »Höchste Zeit, etwas zu unternehmen.«
    »Was denkst du?«, frage ich und bringe meinen Axel Springer in Sicherheit.
    »Ich denke, dass ich dich in fünf Zügen matt setze«, sagt das Känguru und schlägt mit seiner Dame einen meiner Schupos.
    »Wegen dem Register«, sage ich und stelle meinen BKA-Präsidenten schützend vor meinen Bundeskanzler.
    »Ach so«, sagt das Känguru »Nun ja. Das Register ist wie gesagt fast fertig.« Es bewegt einen Bauer aus der zweiten Generation von B2 auf B3. Ein sehr rätselhafter Zug.
    »Folglich musst du in das Miniprod einbrechen und das Prodreg mit all seinen Daten zerstören«, fährt es fort.
    »Ich?«, frage ich und schnappe mir mit meinem BND-Läufer den jetzt ungeschützten Bauern des Kängurus. »Wo kommt denn urplötzlich dieses ›folglich‹ her? Ich finde nicht, dass du schlüssig dargelegt hast, dass ausgerechnet ich dort einbrechen muss. Wieso machst du das nicht selbst?«
    Das Känguru schlägt mit einem unerwarteten Zug meinen BKA-Präsidenten und bringt gleichzeitig meinen Bundeskanzler in eine ausweglose Situation.
    »Schach und matt!«, ruft es triumphierend und reicht mir zum Gratulieren seine Pfote übers Brett.
    »Du kannst mit dem Turm nicht schräg übers Feld ziehen«, sage ich.
    »Hast du doch gesehen, dass ich das kann«, sagt das Känguru.
    »Das ist gegen die Regeln.«
    »Mein Turm ist Terrorist!«, ruft das Känguru. »Der kümmert sich nicht um Regeln.«
    Ich wische mit einer lässigen Handbewegung alle Spielfiguren des Kängurus vom Brett.
    »Was soll das denn jetzt?«, fragt das Känguru.
    »Mein König ist Helmut Schmidt, und der verhandelt nicht mit Terroristen«, sage ich.
    Einen Moment herrscht gespannte Stille.
    »Macht kaputt, was euch kaputtmacht!«, ruft das Känguru und wirft das komplette Brett vom Tisch.
    Schweigend blicken wir uns an.
    »Weißt du«, sagt es nach einer Weile. »Eines habe ich an Leuten wie der RAF oder Carlos nie verstanden. Wenn sie bereit sind, Leute zu entführen, sie ihrer Freiheit zu berauben oder gar zu erschießen, dann hätten sie doch gleich zur Polizei oder zum Militär gehen können.«
    »Ich würde gerne noch mal über diese Aktion reden«, sage ich.
    »Papperlapapp«, sagt das Känguru. »Es ist nicht weiter kompliziert. Du kletterst mit so Saugnäpfen außen am Gebäude hoch, windest dich auf dem Dach durch die Laserschranken, die die Selbstfeuer-Maschinengewehre auslösen, hackst dich dabei über dein Bluetooth-Headset ins Sicherheitssystem ein, sprengst den Deckel vom Lüftungsschacht, lässt dich zehn Stockwerke fallen und …«
    »Das ist nicht dein Ernst«, sage ich.
    »Nein«, sagt das Känguru. »Ist es nicht. Ein Sicherheitsmann im Miniprod ist Mitglied des Netzwerkes. Er macht uns die Tür auf.«
    »Aber was ist, wenn die später den Tatort auf DNA-Spuren untersuchen?«, frage ich. »So was machen die.«
    »Kein Problem!«, sagt das Känguru. »Einen Moment …«
    Es kramt in seinem Beutel.
    »Tada«, sagt es und stellt ein Ding auf den Tisch.
    »Was ist das?«, frage ich.
    »Das macht uns unsichtbar«, sagt das Känguru. »Jeder, der schon mal CSI Castrop-Rauxel gekuckt hat, weiß, dass es heutzutage unmöglich ist, an einem Tatort keine Spuren zu hinterlassen.«
    Es macht eine kurze Pause.
    »Da es also unmöglich ist, keine Spuren zu hinterlassen«, fährt es fort, »ist die einzige Möglichkeit, unsichtbar zu werden, unglaublich viele Spuren zu hinterlassen. Kannst du noch
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