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Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne
Autoren: Wilson Tucker
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Verbindung zwischen ihnen nicht abgerissen. Aber er fürchtete sich, sie danach zu fragen. Pindars Ratschlag ließ ihn schweigen.
    Chaney stand plötzlich auf. »Katrina, kommst du mit mir nach unten?«
    Sie warf ihm einen seltsamen Blick zu, aus dem irgendeine Angst zu sprechen schien, aber sie antwortete: »Ja, Brian.«
    Katrina verließ ihren Platz und kam um den Tisch auf ihn zu. Sie hatte den schleppenden Gang einer alten Frau, und Chaney tat es weh, sie so gehen zu sehen. Er nahm eine Laterne vom Tisch und bot Katrina seinen freien Arm an.
    Sie stiegen wortlos die Treppe hinab. Chaney ging bewußt langsam, um Katrina zu schonen. Sie brauchten lange, bis sie eine Stufe nach der anderen überwunden hatten und den Korridor erreichten.
    Dann standen sie an der offenen Tür des Kellerraums mit dem ZVF. Chaney hielt seine Laterne hoch, um das Fahrzeug besser sehen zu können. Die Luke stand offen, der Rumpf war mit einer dicken Staubschicht bedeckt, der Betonsockel altersgrau und schmutzig.
    »Wieviel habe ich berichtet, Katrina?« fragte er plötzlich.
    »Habe ich von dir erzählt? Von deiner Familie? Habe ich berichtet, daß ich außerhalb des Zauns Menschen gesehen habe? Was habe ich gesagt?«
    »Nichts.« Sie senkte den Kopf.
    »Was?«
    »Du hast nichts berichtet.« Ihre Stimme klang gepreßt.
    »Ich muß doch irgend etwas gesagt haben!« protestierte Chaney. »Gilbert Seabrooke will schließlich etwas hören!«
    »Brian …« Katrina machte eine Pause, schluckte und nahm einen neuen Anlauf. »Du hast nichts berichtet, Brian. Du bist von deiner Reise nicht zurückgekehrt. Wir wußten, daß du für uns verloren warst, als das Fahrzeug nach einundsechzig Sekunden nicht zurückgekehrt war. Wir hatten keine Möglichkeit, dich wiederzufinden.«
    Chaney stellte vorsichtig die Laterne ab, drehte sich nach Katrina um und hob ihren Kopf hoch. Er wollte ihr Gesicht sehen, wollte sehen, warum sie log. In ihren Augen standen Tränen, aber er sah keine Lüge.
    »Warum nicht, Katrina?« fragte er leise.
    »Wir haben keinen Strom, Brian. Das Fahrzeug ist bewegungslos.«
    Chaney wandte den Kopf zur Seite, um das ZVF anzustarren, und drehte sich dann wieder nach Katrina um. Er merkte nicht, daß er ihren Arm schmerzhaft umklammert hielt.
    »Die Ingenieure können mich zurückholen!«
    »Nein. Sie können dir nicht helfen; sie haben dich verloren, als das Gyroscop und der Computer ausgefallen sind, als unsere Energieversorgung zusammengebrochen ist und du dieses Datum überschritten hast. Sie haben dich und das Fahrzeug verloren.« Sie machte sich frei und sah zu Boden. »Du bist nicht ins Laboratorium zurückgekommen, Brian. Seit dem Start hat dich niemand mehr gesehen, bis du heute hier erschienen bist.«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Es tut mir … alles tut mir schrecklich leid. Für uns warst du wie Major Moresby verschollen. Wir dachten, du …«
    Chaney kehrte ihr den Rücken zu und durchquerte langsam den Raum. Er stieg auf den Rand des Polywasser-Tanks und kletterte in die offene Luke des Fahrzeugs, ohne sich erst auszuziehen oder auch nur die schweren Stiefel abzustreifen. Er streckte sich auf dem Gurtzeug aus, knallte die Luke zu, verriegelte sie und wartete auf das grüne Blinklicht. Es leuchtete nicht auf. Chaney streckte die Beine ganz aus und trat gegen die Querstange. Auch das rote Licht flammte nicht auf.
    Chaney spürte panische Angst in sich aufsteigen. Seine Magennerven verkrampften sich. Eine eisige Hand griff nach seinem Herzen.
    Er kämpfte gegen diese Panik an und wartete darauf, daß seine Nerven sich wieder beruhigen würden. Er erinnerte sich an den ersten Test: Damals hatte er das Gefühl gehabt, das Fahrzeug sei ein enger Sarg. Das dachte er auch jetzt. Er hatte zum erstenmal auf dem Gurtzeug gelegen, auf irgendein besonderes Ereignis gewartet und dann die Beine ausgestreckt, weil sie in verkrampfter Haltung zu schmerzen begonnen hatten. Seine Füße hatten die Querstange berührt, und er war in die Gegenwart zurückkatapultiert worden, bevor die Ingenieure es wollten; sie waren deshalb wütend auf ihn gewesen. Und eine Stunde später hatten sie im Besprechungsraum die Konsequenzen seiner Tat gehört: das ZVF kam zurück, als er die Beine ausstreckte, und das unverkennbare Geräusch war wieder zu hören. Die Ingenieure hatten sich angestarrt und waren hinausgelaufen, um nachzusehen, was im Labor passiert war. Gilbert Seabrooke hatte vorgeschlagen, die Indiana Corporation mit der Untersuchung der
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