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Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne
Autoren: Wilson Tucker
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in einem entsetzlichen Bürgerkrieg.«
    »Gegen die Jets«, stellte Chaney fest.
    »Dieser Name ist irgendwo aufgetaucht und an ihnen hängengeblieben«, erklärte Katrina ihm. »Sie waren ursprünglich schwarze Bürgerrechtskämpfer, die ihr Manifest öffentlich verkündet hatten: Revolution und Moral. Ihr Spitzname erhielt bald die gleiche Bedeutung wie der häßliche Name, den die Weißen ihnen früher gegeben hatten. Die Erbitterung war damals sehr groß, und du hättest darunter gelitten, wenn du in der Station geblieben wärst.
    Brian, überall verhungerten Menschen, starben an Krankheiten und kamen in Schmutz und Elend um – aber diese Leute besaßen eine fähige Führerschicht, die uns jetzt fehlte. Nur die Jets wurden wirkungsvoll geführt. Ihre Führer setzten sie gegen uns ein, und nun waren wir die Leidenden. Die Revolution begann, aber von Moral war nichts oder wenig zu spüren, so daß wir alle zu leiden hatten. Unser Land wurde das Opfer dieses sinnlosen Wütens, in dem alle Moralbegriffe untergingen.«
    »Und in diese Zeit ist Moresby hineingeraten?«
    Katrina nickte müde.
    Major Moresby hatte den Ausbruch des Bürgerkriegs miterlebt, als er sein Ziel erreichte. Die Rebellen hatten beschlossen, am vierten Juli, am Unabhängigkeitstag, loszuschlagen, um sich ihre Unabhängigkeit von dem weißen Amerika zu erkämpfen, und die Zerstörung Chicagos hätte das Signal zum Aufstand sein müssen. Die Verbindungsmänner der Jets in Peking hatten alles arrangiert: Chicago – nicht Atlanta oder Memphis oder Birmingham – war seit dem Mauerbau die Stadt, die sie am meisten haßten. Aber ihr Plan war fehlgeschlagen.
    Die Rebellion brach durch einen Zufall fast eine Woche früher aus: nach Unruhen in der kleinen Stadt Cairo, Illinois. Dieser Funke entzündete das Pulverfaß und warf alle Pläne über den Haufen; die Revolution geriet rasch außer Kontrolle. Nationalgarde und Polizei waren hilflos – ihre Sollstärken waren immer weiter verringert worden, um Männer für den Kampf in Asien freizubekommen. In den Vereinigten Staaten gab es kein reguläres stehendes Heer mehr, wenn man von den Wachmannschaften militärischer Einrichtungen absah. Selbst die Ehrenwachen an den Nationaldenkmälern waren abgezogen und in den Fernen Osten geschickt worden. Mit den in Amerika stationierten schwachen Kräften war die Revolution nicht aufzuhalten. Als Major Moresby aus dem Fahrzeug stieg, tobte draußen bereits ein erbitterter Kampf.
    Die Agonie dauerte fast siebzehn Monate lang.
    Der Präsident wurde ermordet, die Abgeordneten und Senatoren flohen – oder kamen auf der Flucht um –, Washington wurde in Brand gesteckt. Die Aufständischen brannten viele Städte nieder, in denen sie zahlenmäßig überlegen waren. In ihrer Leidenschaft verbrannten sie ihre eigenen Häuser und zerstörten die übrigen Grundlagen ihrer Existenz.
    Die wenigen Transportmittel, die bis dahin noch verkehrt hatten, fielen jetzt aus. Lastwagen wurden angehalten, ausgeplündert und angezündet; ihre Fahrer wurden erschossen. Busse wurden durch Straßensperren zum Halten gebracht; ihre weißen Fahrgäste wurden erschossen. Züge blieben auf freier Strecke stehen, weil die Gleise vor ihnen zerstört worden waren; das Zugpersonal wurde ermordet, wenn es nicht rechtzeitig fliehen konnte. Eine Hungersnot war die logische Folge der Zerstörung aller Transportmittel.
    »Alle rechneten damit, daß die Chinesen intervenieren würden«, berichtete Katrina. »Wir waren auf eine Invasion gefaßt und wußten, daß wir dagegen wehrlos waren. Brian, Amerika hatte in Asien zwanzig Millionen Mann als Gefallene oder Gefangene verloren; wir waren jedem Angreifer hilflos ausgeliefert. Aber die Chinesen kamen nicht. Ich danke Gott dafür, daß sie nicht gekommen sind. Sie wurden daran gehindert, weil die Sowjetunion die Gelegenheit für günstig hielt, um einen entscheidenden Schlag gegen die feindlichen Brüder im Osten zu führen. Der schon seit langem schwelende Grenzstreit wurde zum offenen Krieg, und die Russen stießen nach Lop Nor vor.« Katrina zuckte mit den Schultern. »Wir haben nie erfahren, was dann passiert ist; wir haben nicht einmal gehört, was in Europa geschehen ist. Vielleicht wird dort noch immer gekämpft – wenn es Überlebende gibt, die weiterkämpfen können. Unsere Verbindung mit Europa ist abgerissen und meines Wissens nie mehr wiederhergestellt worden. Wir selbst haben die Verbindung zu der Gruppe in Virginia verloren, als hier der Strom
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