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Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne
Autoren: Wilson Tucker
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an. Anscheinend war es jetzt Frühsommer.
    Chaney fotografierte die Fundamente und kehrte auf die Straße zurück, die nur noch aus einzelnen Asphaltflecken im hohen Gras bestand. Er marschierte nach Norden weiter.
    Die E Street war leicht zu erkennen. Chaney brauchte nicht erst auf das verrostete Schild zu sehen, das an der Straßenecke an einem windschiefen Pfosten hing. Er blieb wachsam, bewegte sich vorsichtig und horchte auf jedes verdächtige Geräusch. Aber die Station lag ruhig im Sonnenschein.
    Das Erholungsgelände am Swimming-pool war kaum wiederzuerkennen.
    Chaney betrat das Gelände durch den ehemaligen Haupteingang, durchquerte es und erreichte den Swimming-pool. Er sah in das Becken hinab. Schmutziges Regenwasser stand etwa zwanzig Zentimeter hoch auf dem Boden und überspülte mehrere Skelette, rostige Waffen und Abfälle, die der Wind vor sich hergetrieben hatte. In einer Ecke schwamm eine ertrunkene Maus. Sonst war hier nichts zu sehen. Chaney verdrängte die Erinnerung an den Swimming-pool, wie er ihn gekannt hatte, und trat vom Beckenrand zurück. Das Gelände war jetzt ungepflegt und häßlich.
    Er marschierte in Richtung Nordwesten weiter. Wenn er den Plan der Forschungsstation richtig im Kopf hatte, betrug die Entfernung zur Nordwestecke etwa zwei Kilometer. Für diese Strecke durfte er nicht länger als fünfundzwanzig Minuten brauchen.
    Chaney stieß auf den großen Abstellplatz, bevor er zehn Minuten unterwegs gewesen war. Auf der noch erkennbaren Asphaltfläche standen jetzt weniger als zwanzig Fahrzeuge, von denen keines betriebsklar war: Die Wagen waren ausgeschlachtet oder in Brand gesteckt worden. Chaney untersuchte die Wracks, weil er neugierig war und weil Arthur Saltus ihm von den kleinen Elektroautos erzählt hatte. Er wünschte sich ein geländegängiges Fahrzeug, um die Station schneller absuchen zu können. Merkwürdig war nur, daß weder hier noch sonstwo auf den Straßen Lastwagen standen, obwohl Chaney sich daran erinnerte, in seiner Ausbildungszeit mindestens zwanzig gesehen zu haben. Er nahm an, daß sie nach Chicago geschickt und dort bei Aufräumungsarbeiten eingesetzt worden waren. Oder die Jets hatten sie gestohlen, als sie die Forschungsstation eroberten.
    Chaney verließ den Abstellplatz, betrat die Straße und blieb ruckartig stehen. Vielleicht spielten ihm seine Nerven einen Streich – aber er bildete sich ein, im hohen Gras auf der anderen Straßenseite eine Bewegung gesehen zu haben. Er trat mit entsichertem Gewehr bis an den Randstein. Aber im Gras war nichts zu erkennen.
     
    *
     
    Der Zaun an der Nordwestecke hatte keine Löcher.
    Das ausgebrannte und verrostete Wrack eines Lastwagens füllte eine Bresche aus und war jetzt zu einem Teil des Zauns geworden. Stacheldraht war kreuz und quer über die Öffnung gespannt und sogar durch das Fahrzeug geflochten worden, so daß es eine Einheit mit dem Zaun bildete. Nicht einmal ein Kind hätte an dieser Stelle hindurchkriechen können. Chaney ging den Zaun entlang, um das zweite Loch zu untersuchen. Es war so gründlich wie das erste repariert worden. Die Barrikade war intakt, unüberwindbar.
    Chaney war keineswegs überrascht, hier die gleiche abschreckende Warnung wie am Haupttor vorzufinden; er hatte sogar damit gerechnet. Die Skelette, zu denen die Totenschädel gehörten, waren nirgends zu sehen, aber Chaney hatte auch am Tor keine entdeckt – jemand mußte sie begraben haben. Die drei Totenschädel hingen hoch am Zaun und grinsten den Abhang hinab, an dessen Fuß die frühere Eisenbahnstrecke vorbeiführte.
    Chaney wandte sich ab, streifte durch das hohe Gras und suchte etwas, ohne recht zu wissen, wonach er Ausschau hielt. Arthur Saltus hatte keine Spur von Moresby gefunden, aber Chaney suchte trotzdem nach irgendeiner Kleinigkeit, die beweisen würde, daß der Major hier gewesen war. Es war unmöglich, Moresby einfach aufzugeben, ohne wenigstens den Versuch zu machen, sein Schicksal zu bestimmen.
    Irgendwo in der Ferne ertönte lautes Kinderlachen.
    Chaney fuhr überrascht zusammen, trat auf ein Metallstück im Gras und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Er drehte sich rasch um und starrte das eingezäunte Gelände an, das er für menschenleer gehalten hatte. Dann suchte er den Weg ab, den er vom Abstellplatz aus zurückgelegt hatte. Das Kind lachte noch mal – und eine Frauenstimme rief nach ihm. Hinter Chaney. Unten am Fuß des Abhangs. Chaney lief aufgeregt zum Zaun.
    Er entdeckte sie sofort:
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