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Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande
Autoren: Mary Scott
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würde, die genau wie er der Zivilisation abhold waren.
    Und da war auch schon die Abzweigung, und auf einem Schild stand »Sackstraße«. Die Straße schien im Gebüsch zu verschwinden, aber nach einer Biegung führte ein schmaler Lehmstreifen am Rand einer steilen Böschung entlang, in beängstigenden Haarnadelkurven. Der Schatten mächtiger Bäume nahm sie auf, und sie hörten hoch oben im dichten Laub einen Vogel singen, den sie jedoch nicht sehen konnten.
    »Himmlisch!« rief Adrian. »O Gott, wie einsam!« sagte Christine im gleichen Augenblick.
    Jo lachte. »Das ist wirklich das Ende der Welt.«
    »Gutes Land«, meinte Robert, »nach dem Zustand der Bäume zu schließen. Aber ziemlich unzugänglich.«
    »Unzugänglich?« wiederholte Adrian leicht irritiert. »Aber die Straße ist doch sehr gut. Natürlich, bei diesen scharfen Kurven muß man vorsichtig fahren.«
    »Und man braucht massive Ketten, wenn sich dieser Staub in Schlamm verwandelt hat.«
    »Ich gratuliere dir, Adrian«, sagte Jo. »Ich glaube, du hast die einzige Farm von Neuseeland gefunden, zu der man auf einer Lehmstraße fahren muß.«
    »Unsinn, mein Liebes! Es gibt viele Lehmstraßen, und kein Mensch regt sich darüber auf. Und diese Straße ist ja nur für ein paar Monate im Jahr schlammig.«
    »Und wenn ich nun gerade in einem dieser Monate dringend in der Stadt zu tun habe?« fragte seine Tochter unbarmherzig.
    »Aber die Straße ist hübsch, und wir brauchen keine Angst zu haben, daß wir hier jemandem begegnen werden.«
    Adrian strahlte. »Genau das wollten wir doch, nicht wahr?« fragte er seine Familie, die nichts dergleichen wollte.
    »Vorausgesetzt, daß sich was aus der Farm machen läßt«, entgegnete sein Sohn, und Adrian seufzte. Daß Robert so materialistisch sein mußte...
    Plötzlich tauchte hinter einer Haarnadelkurve die Farm auf. Die Straße verlor sich im Nichts, und sie sahen eine Anhöhe, ein Haus, das in den Überresten eines Gartens zu stehen schien, von Unkraut überwachsene Felder.
    »In einem Punkt war der Makler wenigstens ehrlich«, meinte Christine. »Er hat gesagt, daß das Haus ziemlich groß ist. Es hat auch verglaste Fenster, nicht nur mit Leinwand vernagelte Maueröffnungen.«
    Adrian warf ihr einen nervösen Blick zu. »Das Haus scheint in gutem Zustand zu sein, und aus dem Garten läßt sich sicher einiges machen.« Und das sagte ein Mann, der kaum jemals einen Spaten in die Hand nahm und Unkraut nicht von Blumen unterscheiden konnte!
    Robert parkte den Wagen schweigend im Hof, schweigend stiegen sie aus und gingen über einen holprigen Weg auf das Haus zu.
    »Der Makler hat mir den Namen des Farmers genannt, der diesen Besitz gepachtet hatte«, sagte Adrian mit erzwungener Fröhlichkeit. »Wir gehen zu ihm, wenn wir die Farm begutachtet haben. Von hier aus kann man ja wirklich nicht viel sehen.«
    Robert hatte sich mit Kennermiene nicht das Haus angesehen, sondern die Pferdekoppel. Gar nicht so schlecht — zumindest lag sie in der Sonne, und früher war gutes Gras hier gewachsen. Man mußte nur das Unkraut entfernen, den Zaun erneuern... Ja, man konnte was aus der Farm machen, und der Preis war niedrig genug. Nur diese Preisklasse lag im Bereich seiner finanziellen Möglichkeiten, auch mit Adrians Hilfe. »Ihr könnt ja das Haus inspizieren«, sagte er, »ich sehe mir inzwischen die sogenannte Farm an.«
    Aber Christine war an der Grenze ihrer Nervenkraft angelangt. »Erst sehen wir uns alle das Haus an. Wenn es in einem so unmöglichen Zustand ist, daß man nicht einmal ein Jahr lang darin wohnen kann, brauchst du dir das Land gar nicht erst anzuschauen.« Und sie nahm energisch den Schlüssel aus Adrians widerstrebenden Fingern.
    Man konnte nicht feststellen, ob das Haus unmöglich war. Es war wetterfest und in gutem Zustand, auch wenn überall Spinnweben hingen und dicke Staubschichten die Böden bedeckten. Es hatte drei Schlafzimmer, ein großes Wohnzimmer, eine Küche, ein Bad, die Anordnung der Räume war zwar ziemlich phantasielos, aber sie waren wenigstens bewohnbar. »Es ist ja nur für ein Jahr«, sagte Christine seufzend zu Jo. »Es macht mir nichts aus, wenn er hier glücklich ist und dann bereitwillig mit mir in ein normales Leben zurückkehrt. Seltsam, daß man hier für das eine Haus elektrische Leitungen gelegt hat...«
    »Die Küche ist noch am schönsten«, meinte Jo. »Wenn wir wirklich hierherziehen, werden wir in der Küche essen. Wenn wir das Essen erst durch diesen zugigen Korridor
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