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Das italienische Maedchen

Das italienische Maedchen

Titel: Das italienische Maedchen
Autoren: Lucinda Riley
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schlafen gehst«, beharrte Rosanna.
    »Willst du endlich still sein?«, zischte Carlotta verärgert, jedoch auch ein wenig nervös, warf ihr Kleid auf einen Stuhl und zog ihr Nachthemd an. »Wenn du Mamma und Papà erzählst, dass ich so spät heimgekommen bin, rede ich nie wieder ein Wort mit dir. Versprich mir, dass du nichts sagst.«
    »Nur, wenn du mir verrätst, wo du dich rumgetrieben hast.«
    »Na schön.« Carlotta setzte sich zu Rosanna aufs Bett.
    »Ich war mit Roberto zusammen.«
    »Ach. Und was habt ihr gemacht?«
    »Wir … sind spazieren gegangen.«
    »Mitten in der Nacht?«
    »Das wirst du verstehen, wenn du älter bist, Rosanna«, antwortete Carlotta, erhob sich abrupt, ging zu ihrem eigenen Bett und schlüpfte unter die Decke. »Und jetzt halt den Mund und schlaf weiter.«
    Im Haushalt der Menicis schliefen an jenem Morgen alle lang. Als Rosanna zum Frühstück nach unten kam, saß Luca mit einem schrecklichen Kater am Küchentisch, und Antonia bemühte sich, das Chaos im Café zu beseitigen.
    »Hilf mir, Rosanna, sonst können wir heute nicht aufmachen«, forderte Antonia ihre Tochter auf.
    »Kann ich zuerst frühstücken?«
    »Erst wenn das Café aufgeräumt ist. Bring den Müll raus.«
    »Ja, Mamma.« Rosanna nahm die Schachtel, die ihre Mutter ihr gab, und trug sie durch die Küche, wo ihr Vater mit fahlem Gesicht den Pizzateig ausrollte.
    »Papà, hat Roberto mit dir über meine Gesangsstunden geredet?«, fragte sie ihn. »Er hat es mir versprochen.«
    »Ja.« Marco nickte müde. »Rosanna, er wollte nur höflich sein. Wenn er meint, wir hätten das Geld, dich zu einem Gesangslehrer am anderen Ende von Neapel zu schicken, täuscht er sich.«
    »Papà … Er sagt, meine Stimme ist eine Gabe Gottes.«
    »Rosanna, noch bist du ein kleines Mädchen, aber eines Tages wirst du erwachsen und einem Mann eine gute Ehefrau sein. Du musst Kochen und Haushaltsführung lernen und solltest deine Zeit nicht mit Hirngespinsten vergeuden.«
    »Aber …« Rosannas Unterlippe bebte. »Ich möchte singen wie Roberto.«
    »Roberto ist ein Mann, Rosanna. Er muss arbeiten. Du wirst irgendwann einmal mit deiner schönen Stimme deine Kinder in den Schlaf singen. Das soll dir genügen. Bring jetzt den Müll raus und hilf dann Luca beim Abspülen.«
    Als Rosanna den Abfall zu den Mülltonnen im Hinterhof hinaustrug, kullerte eine Träne über ihre Wange. Nichts hatte sich verändert, alles war wie immer, so, als hätte der gestrige Tag – der beste Tag ihres Lebens, an dem sie etwas ganz Besonderes gewesen war – überhaupt nicht stattgefunden.
    »Rosanna!«, erscholl Marcos Stimme aus der Küche. »Beeil dich!«
    Sie wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab und ging wieder hinein. Ihre Träume blieben im Hof beim Müll zurück.
    Als Rosanna später erschöpft von einem langen Tag, an dem sie Gäste bedient hatte, die Treppe hinaufstieg, spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
    »Warum so niedergeschlagen, piccolina ?«
    Rosanna wandte sich Luca zu. »Wahrscheinlich bin ich einfach nur müde«, antwortete sie achselzuckend.
    »Rosanna, du solltest glücklich sein. Nicht jedes Mädchen rührt einen ganzen Raum voller Menschen mit seinem Gesang zu Tränen.«
    »Luca …« Rosanna setzte sich auf die oberste Stufe der schmalen Treppe, und ihr Bruder nahm neben ihr Platz.
    »Sag mir, was los ist, Rosanna.«
    »Ich habe Papà heute Morgen nach den Gesangsstunden gefragt. Er meint, Roberto ist nur höflich gewesen; er glaubt nicht wirklich, dass ich Sängerin werden könnte.«
    Luca stieß einen leisen Fluch aus. »Das ist nicht wahr. Roberto hat allen vorgeschwärmt, was für eine wunderbare Stimme du hast. Du musst Gesangsunterricht bei seinem Lehrer nehmen.«
    »Das geht nicht. Papà sagt, er hat dafür kein Geld. Ich glaube, Gesangsstunden sind sehr teuer.«
    »Ach, piccolina .« Luca legte die Arme um seine Schwester. »Warum nur ist Papà bei dir so blind? Wenn es um Carlotta ginge …« Luca seufzte. »Gib die Hoffnung nicht auf. Schau«, er nahm einen Zettel aus seiner Hosentasche, »Roberto hat mir Namen und Adresse dieses Lehrers aufgeschrieben. Egal, was Papà sagt: Wir gehen zu ihm, ja?«
    »Aber wir haben kein Geld. Es ist zwecklos.«
    »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Überlass das deinem großen Bruder.« Luca drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Schlaf gut, Rosanna.«
    »Gute Nacht, Luca.«
    Beim Gedanken an eine weitere lange Nacht in der Küche seufzte Luca. Eigentlich, das wusste er, hätte
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