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Das italienische Maedchen

Das italienische Maedchen

Titel: Das italienische Maedchen
Autoren: Lucinda Riley
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Gesichter Luca und Rosanna aus Zeitungen und Illustrierten kannten.
    Luigi Vincenzi setzte sich auf den Klavierhocker. »Warum hat Roberto Rossini dich zu mir geschickt, Rosanna Menici?«
    »Weil …«
    »Weil er der Meinung ist, dass meine Schwester Gesangsstunden bei Ihnen nehmen sollte«, antwortete Luca für sie.
    »Welche Stücke kennst du sonst noch, Rosanna Menici?«, fragte Luigi sie.
    »Nicht … viele. Hauptsächlich Kirchenlieder«, stotterte Rosanna.
    »Dann lass doch noch einmal das ›Ave Maria‹ hören, ja? Das scheint dir sehr vertraut zu sein. Komm näher heran, Kind. Ich beiße nicht.«
    Als Rosanna an seine Seite trat, sah sie, dass er trotz des Schnurrbarts, der grauen Locken und der dichten Brauen, die ihn streng wirken ließen, freundliche Augen hatte.
    »Also sing.« Luigi begann zu spielen. Der Klang dieses Flügels unterschied sich so sehr von dem anderer Klaviere, die sie gehört hatte, dass Rosanna zu spät einsetzte.
    »Hast du ein Problem, Rosanna Menici?«
    »Nein, Signore, ich habe nur dem wunderschönen Klang dieses Instruments gelauscht.«
    »Aha. Bitte diesmal ein wenig mehr Konzentration.«
    Und Rosanna sang wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Luca zersprang vor Stolz fast das Herz. Nun wusste er, dass es richtig gewesen war, Rosanna zu Luigi Vincenzi zu bringen.
    »Gut, sehr gut, Rosanna Menici. Jetzt versuchen wir es mit Tonleitern. Folge mir einfach.«
    Luigi leitete Rosanna in die Höhe und in die Tiefe, um ihren Stimmumfang festzustellen. Obwohl er normalerweise nicht zu Enthusiasmus neigte, musste er zugeben, dass ihm in seiner langjährigen Unterrichtstätigkeit noch keine solche Begabung untergekommen war.
    »Gut! Ich habe genug gehört.«
    »Werden Sie sie unterrichten, Signor Vincenzi?«, fragte Luca. »Ich kann Sie bezahlen.«
    »Ja, ich werde sie unterrichten. Rosanna Menici …« Luigi wandte sich Rosanna zu. »Du wirst jeden zweiten Dienstag um vier Uhr hierherkommen. Eine Stunde kostet viertausend Lire.« Er verlangte nur die Hälfte seines üblichen Preises, weil er den Eindruck hatte, dass der Bruder stolz, aber mittellos war.
    Rosanna strahlte. »Danke, Signor Vincenzi, danke.«
    »Und an den Tagen, an denen du nicht bei mir bist, übst du mindestens zwei Stunden. Du wirst fleißig arbeiten und niemals eine Stunde versäumen, es sei denn, in der Familie ereignet sich ein Todesfall. Verstanden?«
    »Ja, Signor Vincenzi.«
    »Gut. Dann sehen wir uns also am Dienstag. Geht bitte vorne raus.« Luigi führte Rosanna und Luca durchs Haus zur Tür. » Ciao , Rosanna Menici.«
    Die beiden verabschiedeten sich und folgten der Auffahrt. Vor dem Tor hob Luca Rosanna hoch und wirbelte sie jubelnd herum.
    »Ich hab’s gewusst! Er musste nur deine Stimme hören. Ich bin so stolz auf dich, piccolina . Aber du weißt, dass das unter uns bleiben muss, ja? Mamma und Papà hätten vielleicht etwas dagegen. Du darfst es nicht einmal Carlotta erzählen.«
    »Das tu ich nicht, versprochen. Luca, kannst du dir das leisten?«
    »Ja.« Luca dachte an das Geld, das er zwei Jahre für einen Motorroller gespart hatte, den ersten Schritt in die lang ersehnte Freiheit. »Natürlich.«
    Als der Bus sich näherte, fiel Rosanna ihrem Bruder um den Hals. »Danke, Luca. Ich verspreche dir, dass ich fleißig sein und mich eines Tages revanchieren werde.«
    »Das ist mir klar, piccolina .«

3
    »Pass auf dich auf, Rosanna. Der Busfahrer weiß, wo er dich rauslassen muss.«
    Rosanna lächelte ihren Bruder von den Stufen zum Bus aus an. »Luca, das hast du mir alles schon hundertmal gesagt. Ich bin kein kleines Kind mehr. Und es ist ja auch nicht weit.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Luca küsste seine Schwester auf beide Wangen. »Hast du das Geld eingesteckt?«
    »Ja, Luca! Ich komme zurecht. Bitte mach dir keine Sorgen.«
    Rosanna setzte sich auf einen der vorderen Plätze im Bus und winkte Luca durch das schmutzige Fenster zu. Der Bus brachte sie aus der Hektik der Stadt hinaus in die frische Luft der Hügel. Rosannas Herz schlug ein wenig schneller, als sie ausstieg und zur Villa hinaufging. Sie klingelte zaghaft, weil sie sich an den kühlen Empfang vom letzten Mal erinnerte, doch als die Tür sich diesmal öffnete, wurde sie von dem Dienstmädchen mit einem freundlichen Lächeln begrüßt.
    »Komm herein, Rosanna Menici. Ich bin Signora Rinaldi, die Haushälterin von Signor Vincenzi. Er erwartet dich im Musikzimmer.« Die Frau führte Rosanna in den hinteren Teil der Villa und klopfte dort an eine
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