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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor
Autoren: dtv
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während einer Geschäftsreise in Norditalien das Opfer eines mysteriösen Schusswechsels geworden   ...
     
    |434| Timo betrachtete das Foto, auf dem ein Japaner mit orangefarbener Rettungsweste und gelbem Helm in einem Kanu saß und in die
     Kamera lächelte.
    »Isama traute sich nicht, mir etwas zu erzählen«, sagte Sally Nishikawa leise. Sie hielt den Brief in der Hand, den Timo aus
     Volterra mitgebracht hatte. Er hatte ihn ihr persönlich überreichen wollen. Sally zufolge war es ein Liebesbrief, den Isama
     ihr geschrieben hatte, da er ahnte, was sein Schicksal sein würde.
    »Ich wusste, dass das Interesse der Amerikaner mit einer wissenschaftlichen Entdeckung von Yoshima zu tun hatte, aber ich
     wusste nicht, was es war. Ich wusste nichts über die Dinge, nach denen die Amerikaner mich ausfragten.«
    Sie saßen in ihrer Wohnung in Barcelona, im Stadtteil Sant Gervas. Sally war dorthin zurückgekehrt, nachdem die Amerikaner
     überstürzt nach Italien aufgebrochen waren. Wolkengraues Licht fiel durch die Fenster. Sally hatte ein Treffen zunächst abgelehnt,
     dann aber doch zugestimmt, als sie hörte, wo Timo gewesen und was geschehen war. Timo erzählte ihr ausführlich von den Ereignissen
     in Volterra, auch vom Schicksal Heli Larvas.
    Er reichte Sally die herausgerissene Seite aus dem Gedichtband, auf der jetzt ein Blutfleck prangte. »Isama hatte das dem
     Brief seines Vaters beigefügt   ...«
    Sally nahm das Gedicht und las es konzentriert.
    »Es war eines von zig Gedichten in dem Buch«, sagte Timo. »Als Zeromski Yoshima das Buch überreichte, hat er nicht ahnen können,
     wie sehr eines der Gedichte Yoshima und Isama ansprechen würde   ... und sicherlich auch Heli Larva in den letzten Augenblicken ihres Lebens.« An dieser Stelle brach Timos Stimme.
    Mit einem aufmerksamen, warmen Blick gab Sally ihm das Blatt zurück. »Behalten Sie es.«
    Timo nickte zum Dank und steckte die ordentlich gefaltete Seite ein.
    »Isama verehrte seinen Vater über alles«, sagte Sally. »Sowohl als Wissenschaftler als auch als Menschen. Dennoch war er unsicher,
     ob es richtig war, Yoshimas Entdeckung zu verstecken. |435| Isama wollte wenigstens einen Hinweis auf das Versteck hinterlassen. Er hat mir nicht erzählt, wo er hingefahren war, aber
     ich merkte, dass der Hinweis mit dem DN S-Code des Latimeria zu tun hatte. Am nächsten Tag kamen die Russen, um ihn nach Yoshima zu befragen. Das machte ihn schrecklich
     nervös und niedergeschlagen   ... Ich war entsetzt, als er mir genaue Anweisungen für den Fall seines Todes gab. Er hatte sich eine Urne und eine Gedenktafel
     besorgt, auf der nur noch der Todestag fehlte   ...«
    Sallys Stimme war nur noch ein Flüstern. Sie spielte mit dem kleinen Alabasteranhänger an ihrem Hals. »Der hier kam zwei Wochen
     nach Isamas Tod mit der Post aus Italien. Das habe ich den Amerikanern gesagt. Sie wussten bereits über Volterra Bescheid.«
    Timo nickte. »Ich habe das fehlende Stück in der Urne gesehen. Isama hat die Urne in Volterra gekauft und das Bild des Quastenflossers
     in das Alabasterstück eingravieren lassen.«
    Sie sprachen über eine Stunde lang über Isama, dessen Vater und die Tragödie der Familie in Hiroshima. Bevor er ging, stellte
     Timo noch eine Frage.
    »Das hat nichts mit der ganzen Sache zu tun«, fing er unsicher an. »Aber aus beruflichen Gründen sind Sie ja viel getaucht.
     Haben Sie jemals auf dem Grund der Ufergewässer etwas gesehen, das von Menschenhand stammte?«
    »Natürlich. Vor allem im östlichen Mittelmeer. Ein paar Mal habe ich das auch Meeresarchäologen mitgeteilt. Warum fragen Sie?«
    »Ich habe mich immer für Geschichte interessiert. Jetzt möchte ich mich ein bisschen intensiver mit Meeresarchäologie beschäftigen.«
    Von Sally Nishikawa aus fuhr Timo mit der U-Bahn in das alte Fischerviertel Barcelonata und ging zu Fuß zum Strand Platja de Sant Sebastia. Der Himmel war von einem grauen
     Wolkenvorhang bedeckt, und vom Meer blies ein milder, feuchter Wind. Links erhoben sich in der Ferne die Olympic Towers.
    Der Anblick des Meeres brachte Timo die begeisterte Stimme |436| Zeromskis wieder in den Sinn. Er war erleichtert und glücklich gewesen, als er erfahren hatte, dass Zeromski wieder genesen
     würde.
    Der Marburger Kongress, der das Verbindungsglied zwischen Zeromski und Vaucher-Langston dargestellt hatte, war nur für Fragen
     rund um die Seine-Diskette relevant gewesen, aber die Fragen und Theorien der
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