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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor
Autoren: dtv
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Nishikawas Autounfall war kein Mord gewesen.
    Nishikawa selbst hatte den Wagen mit seinem Forschungsteam in die Schlucht gelenkt. Er war bereit gewesen, sich selbst und
     seine Kollegen zu opfern, um seine Entdeckung geheim zu halten.
    Timo musste innehalten vor dieser Tat und nachdenken. Nach allem, was er über Nishikawa gelesen hatte, war sie nur logisch.
     Dennoch erschütterten ihn die Sätze des Briefes bis ins Mark.
    Der zweite Brief war auf Japanisch geschrieben. Offenbar hatte ihn Isama hinterlassen, denn am Anfang stand in lateinischen
     Buchstaben der Name »Sally«.
    »Hast du davon gewusst?«, fragte Timo und nahm erneut Yoshima Nishikawas letzte Nachricht zur Hand.
    |421| Im Licht der schräg von unten heraufscheinenden Lampe sah Heli ihm tief in die Augen, tiefer als je zuvor. »Ich wusste nicht,
     dass Nishikawa den Unfall selbst verursacht hat. Ich wusste, dass er etwas Revolutionäres entdeckt hatte, aber nicht, was
     es war. Toshiko Ito hat Lucas davon erzählt, bevor er mit Nishikawa und den anderen losfuhr. Am selben Abend traf sich Lucas
     mit Stepan. Danach haben die Russen alles getan, um an das hier heranzukommen   ...«
    Sie fing an, in den Papieren zu blättern.
    »Worum geht es?«, fragte Timo.
    Sie überflog die Seiten immer schneller und aufgeregter. »Sie haben eine Methode entdeckt, Antiteilchen zu speichern   ... Ein sehr niedrigenergetisches Antiwasserstoffatom war in feste Materie geraten   ... und nachdem es bei der Annihilation sein Positron verloren hatte, nahm es den Platz des vernichteten Elektrons ein   ... und blieb dauerhaft an einem bestimmten Punkt der Kristallstruktur, ohne mit dem Proton in Berührung gekommen zu sein.«
    Heli richtete den Blick auf Timo.
    »Was bedeutet das?«, fragte er.
    »Das habe ich doch bereits gesagt. Es bedeutet die Möglichkeit, Antimaterie zu speichern. Sie als Energiequelle zu nutzen   ... und als Waffe.«
    Timos Funkgerät erwachte zum Leben. Er nahm es rasch in die Hand.
    Kariluoto teilte mit: »
Da kommt jemand
...«
    Sein Satz wurde von einem Schuss unterbrochen.
    Timo sprang auf und löschte die Lampe.
    »Bleib hier«, sagte Mattila und war mit einem Satz bei der Fensteröffnung.
    Über das Wasserrauschen hinweg hörte man eine Serie von Schüssen. Dann sagte eine metallische Megafonstimme in amerikanischem
     Englisch:
»Kommt raus, dann lassen wir euch am Leben!«
    Timo überlegte eine Sekunde, ging ans Fenster und rief so |422| laut er konnte: »Wenn einem von uns etwas zustößt, verbrennen wir Nishikawas Material!«
    Die Antwort kam unmittelbar: »Wir haben Soile Nortamo. Gebt uns Nishikawas Material, dann lassen wir sie frei.«
    Timo spürte das Blut in seinen Adern gefrieren.
    Es knackte im Megafon, dann hörte er Soiles gepresste Stimme: »Timo, ich bin hier.«

|423| 55
    Novak stand im Schutz der Bäume und blickte auf die Ruine im Mondschein. In der einen Hand hielt er ein elektronisches Megafon,
     in der anderen eine Waffe. Soile Nortamo stand in Handschellen neben ihm.
    »Wir warten zehn Sekunden«, sagte Novak ins Megafon.
    Perry stand zwanzig Meter hinter ihm, Todd sicherte die Lage von der Seite.
     
    Der Mann und die Frau waren auf dem Display des Infrarotzielgeräts vor Jørgensens Augen gut zu erkennen. Er lag außer Atem
     hinter einer eingestürzten Mauer und versuchte, den Amerikaner mit dem Megafon in die Mitte des Fadenkreuzes zu bekommen.
    Fieberhaft überdachte er die Konstellation. Je weiter die Situation fortschritt, umso größer würde die Gefahr von Überraschungen.
     Jetzt war die Lage stabil: Carla hatte mitgeteilt, sie habe den zweiten Amerikaner im Visier, Heinz den dritten. Den vierten
     würde der erledigen, der als Erster dazu kam.
    Jørgensen traf seine Entscheidung und drückte ab.
     
    Der Schuss ließ Soile zusammenfahren. Sie warf sich fast im selben Augenblick auf die Erde, als der Amerikaner neben ihr niedersank.
     Sie schrie und rollte sich von dem Körper des Mannes weg.
    »Timo«, schrie sie und rappelte sich auf. Die gefesselten Handgelenke beeinträchtigten ihr Gleichgewicht, sie fiel hin und
     schlug sich das Knie an einem spitzen Stein auf. Dann zwang sie |424| sich, wieder aufzustehen, obwohl die Angst und der Schmerz im Knie ihr fast die Sinne raubten.
    Humpelnd rannte sie weiter, jeden Moment mit einer Kugel rechnend.
     
    Timo schob sich durch die Fensteröffnung nach draußen. Es wurde nicht mehr geschossen. Im Mondschein sah er Soiles Gestalt
     näher kommen.
    »Geh nicht!«,
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