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Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Titel: Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
Autoren: Claus Hipp
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Menschen verankert. Schauen wir nur auf den Beginn der Menschheit, als die Urvölker anfingen, die ersten Gefäße aus Ton zur Aufbewahrung von Dingen herzustellen. Einige sind schnell zerbrochen, andere haben sich auch bei größeren Belastungen gut gehalten. Die Formen, die stabil blieben, haben die Menschen damals auch als schön empfunden, sie erschienen ihnen als brauchbar und gut, die anderen waren nichts wert. Die schönen Formen wurden verziert und noch schöner gemacht. Bei der Erfüllung des Zwecks allein sind die Menschen also nicht stehen geblieben, davon zeugen frühe Vasen und Gefäße, die im täglichen Einsatz waren, aber auch über ihre Bestimmung hinaus mit Musternund Ornamenten geschmückt waren. Und im Blick auf feste Gestaltungskonzepte, die die Wissenschaftler ausgemacht haben, können wir auch die Brücke zur Gegenwart schlagen. Wiedererkennbarkeit ist auch heute noch ein wichtiges Kriterium bei der Produktgestaltung und beim Marketing. Und ich möchte fast sagen: Das war damals gewissermaßen die Geburtsstunde der ersten Markenartikel.
    Es gibt Gerätschaften des täglichen Lebens, die uns gut in der Hand liegen, die wir gerne haben und deren Aussehen uns beim Gebrauch erfreut. Das kann ein Taschenmesser sein oder ein Schreibgerät, bei dem der Nutzen und das äußere Erscheinungsbild zusammen den Wert ausmachen, den der Gegenstand für uns hat. Und für mich als Maler haben natürlich Pinsel und sonstige Gestaltungswerkzeuge eine besondere Bedeutung. Um es ganz schlicht zu sagen: Es macht einfach mehr Freude, mit einem schönen Gegenstand umzugehen als mit einem Gegenstand, der uns optisch weniger anspricht. Wir essen ja auch lieber von einem schönen Geschirr oder trinken aus einem schönen Gefäß als aus einem praktischen, aber hässlichen. Meine Erfahrung ist, dass dieses Prinzip auch auf Ideen und Pläne zu übertragen ist. Es geht um ihre Akzeptanz beim Menschen. Das Schöne wird eher angenommen als das Hässliche. Vieles, was wir als schön empfinden, beurteilen wir aus der Erfahrung heraus so: Dinge, die funktionieren, die gut sind, die wir als angenehm kennengelernt haben, sind für uns einfach schön. Sicher, das Hässliche vermag mitunter eine größere Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn wir etwas Hässliches sehen, schauen wir oft zweimal hin, denn auch davon geht ein eigentümlicher Reiz aus.
    Neben der Erfahrung spielt beim ästhetischen Urteil auch die Erziehung eine Rolle. Deren Maximen verändern sich im Lauf der Jahre und Jahrhunderte immer wieder. So entsprachen beispielsweise dem Schönheitsideal in Bayern auf dem Land im 19. Jahrhundert Frauen mit strammen Waden: Diese Frauen erweckten den Eindruck, dass sie belastbar waren und gut arbeiten konnten. Weniger dem Schönheitsideal entsprachen dagegendie Dürren und Mageren, weil sie nichts auszuhalten schienen oder am Ende gar irgendwie krank waren. Die Kunst ist dabei immer ein Gradmesser für das ästhetische Empfinden und Ideal einer Epoche: Ich denke da zum Beispiel an den Barock, etwa Bilder von Rubens, wo füllige Frauen als schön galten und die Kunstwerke bevölkerten. Schönheitsideale haben immer auch etwas mit Reichtum und dem vorherrschenden Wertesystem zu tun. Das war im Barock nicht anders als heute. Frauendarstellungen aus der Frühgeschichte zeigen uns, dass es damals die wichtigste Eigenschaft des weiblichen Geschlechts war, vielen Kindern das Leben zu schenken und sie gut ernähren zu können. Zu späteren Zeiten wandelte sich dieses Schönheitsideal. Heute werden in der Regel die Frauen für attraktiv gehalten, deren Körper selbst nach einer Geburt am besten straff und schlank ist und der ewige Jugend und Sportlichkeit ausdrückt.
    Schönes macht Freude. Schönes ist begehrenswert. Dass eine neue Idee bei anderen gut ankommt und gut verkauft werden kann, ist sehr viel leichter zu erreichen, wenn diese schön ist. Ein Objekt, das ich gerne in die Hand nehme, wird größeren Erfolg haben als eines, das ich nicht gerne in die Hand nehme, selbst wenn es dieselbe Funktion hat. Und wenn wir ehrlich sind: Ein ganzer Wirtschaftszweig lebt von dieser Neigung zum Sinnlichen – angefangen bei Grafikern, Textern bis hin zu Designern und Marketingmenschen.
    Die Menschen dekorieren sich gerne mit Schönem. Sie haben Gebrauchsgegenstände um sich, die schön sind, weil die Schönheit dieser Gegenstände ihren Besitzern zugeordnet wird. Und selbst diejenigen, die bewusst das Auffällige, Hässliche suchen, wollen sich
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