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Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Titel: Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
Autoren: Claus Hipp
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Münchener Schlachthofviertel und verfügte über eine ganz eigene Sprache, mit ganz besonders originellen Kraftausdrücken. Uns Kindern hat es damals großen Spaß gemacht, ihm zuzuhören, wie er die anderen Verkehrsteilnehmer anschrie und ausschimpfte und welche herrlichen Wörter er dabei gebrauchte. Nur manchmal wurde das Schlachthof-Gepolter meinem Vater zu viel, dann schritt er offiziell ein, obwohl auch er sich amüsiert hat. Heute wäre es generell unmöglich, im Straßenverkehr einfach das Fenster runterzukurbeln und dem Gegenüber solche Schimpfkanonaden an den Kopf zu werfen. Damals aber war das der übliche Umgangston in München, und es war im Übrigen auch gar nicht so böse gemeint. Es war eben so Sitte und das Zeichen, das einer dazugehört.
    Auch die Kleiderordnungen ändern sich enorm im Laufe der Zeit. Dennoch ist es immer noch ein Akt der Höflichkeit, sich mit seiner Kleidung der jeweiligen Umgebung einigermaßen anzupassen und in Maßen konform zu verhalten. Niemand sollte sich zum Beispiel so auffällig dekorieren, dass er damit zwangsweise im Mittelpunkt steht und die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht. Bei meinen eigenen Kindern habe ich in SachenDresscode glücklicherweise nie ein Problem gehabt. Meine Söhne sind im Geschäftsleben von klein auf schon immer korrekt angezogen gewesen, sie haben sich stattdessen im Privatleben ausgetobt. Ich muss gestehen, ich selbst war da etwas „wilder“ und habe mich als junger Mensch gegen diese Art der Anpassung an die Konventionen des Geschäftslebens vehement gewehrt. Wenn mein Vater mir eindringlich empfahl, in Anzug und Krawatte zu erscheinen, habe ich mich stets gesträubt. Mir ging es damals um meine Individualität, die ich mit meiner Kleidung ausdrücken wollte. So habe ich ewig mit meinem Vater diskutiert, warum er denn etwas dagegen hätte, wenn ich mich ein bisschen bunter anziehen würde. Solange nichts Schmutziges dabei wäre, müsse das doch in Ordnung sein. Er entgegnete stets und unnachgiebig, dass auf einer Industriemesse ein grauer Anzug das richtigere Kleidungsstück sei, weil wir dort einen guten Firmennamen vertreten und entsprechend geachtet werden möchten. Ich aber behielt meinen Dickkopf und bestand darauf, anders sein zu wollen.
    Heute sehe ich, dass das für meinen Vater damals eine schwere Belastung war, die ich ihm hätte ersparen können. Es war eine Wichtigtuerei meinerseits anderen gegenüber, die absolut nicht notwendig war. Heute habe ich auf mein damaliges Verhalten einen anderen Blick. Vielleicht bin ich auch einfach gelassener geworden. Wenn ich in einer Gruppe bin und es in dieser gewisse gesellschaftliche Verhaltensnormen gibt, ist es für mich heute nicht der Rede wert, mich diesen anzupassen. Es ist vielmehr eine selbstverständliche Reverenz an die Gemeinsamkeit. Ganz bestimmt braucht es in der Entwicklung eines jeden Menschen die Erfahrung der Abgrenzung, um eine eigenständige Persönlichkeit zu werden. Aber die muss nicht unbedingt im Verletzen von Kleiderordnungen bestehen. Mich beeindruckt viel mehr eine individuelle Leistung oder das Vorbringen einer individuellen Meinung, als ein ausgefallenes und nur oberflächlich provozierendes Kleidungsstück.

Vom Sinn der Form
    Erst die Schönheit macht eine Idee begehrenswert
    Die ästhetische Dimension gehört zu allen unseren Ideen und Vorhaben dazu. Die Menschen sind nun mal sinnliche Geschöpfe – sowohl im Blick auf die Sinnesorgane, als auch im Blick auf das Sinnliche als solches. Das Schöne macht eine Sache begehrenswert. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der äußeren und der inneren Schönheit von etwas. Das äußerlich Schöne ist einfach nur hübsch – und sehr oft auch nur vorübergehend schön, wie die Mode. Die wirkliche Schönheit kommt von innen, aus dem Wesen heraus. Das ist nicht bloß eine landläufige Plattitüde, sondern schon seit Menschengedenken ästhetisches Wissen. Im Griechischen gibt es für die Worte „schön“ und „gut“ dieselbe Vokabel: καλλός και αγαθός . Der schöne Mensch war für die Griechen auch ein guter Mensch. Umgekehrt konnte ein hässlicher Mensch ihrem Verständnis nach nicht gut sein. Das können wir heute so natürlich nicht mehr akzeptieren. Für uns gibt es durchaus Menschen, die wir äußerlich als nicht schön empfinden, denen wir aber dennoch gutes Handeln attestieren, wie wir uns umgekehrt schöne Menschen vorstellen können, die Schlechtes tun.
    Das Streben nach Schönheit ist tief im
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