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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition)
Autoren: Susannah Kells
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einen Blick in den Binsenkorb, nahm eine der rosaroten Lichtnelken in die Hand und drehte die Blüte vor seinen Augen hin und her. «Ich nenne Euch Campion.»
    Der Name gefiel ihr sofort. Es schien, als habe sie ihr ganzes Leben darauf gewartet, dass ihr jemand sagte, wer sie war. Campion. Lichtnelke. Im Geiste sprach sie den Namen ein ums andere Mal aus – Campion Campion Campion. Sie ließ ihn sich auf der Zunge zergehen, schmeckte ihn und wusste zugleich, dass sie einen hoffnungslosen Traum träumte. «Mein Name ist Dorcas Slythe.»
    Er schüttelte den Kopf, mit Nachdruck. «Ihr seid Campion. Und dabei bleibt es.» Er betrachtete die Blüte aus nächster Nähe und führte sie an die Lippen. Dann hielt er ihr die Blume hin. «Wer seid Ihr?»
    Sie griff danach. Ihr Herz pochte so heftig wie zuvor, als sie die Kleider ablegt hatte, um ins Wasser zu steigen. Mit zitternden Fingern nahm sie die Blume entgegen. Die Blütenblätter vibrierten. «Campion», antwortete sie kaum hörbar.
    In diesem Moment war ihr, als existierten nur sie, Toby und die zarte, wunderschöne Blume.
    Er schaute sie an und flüsterte: «Morgen Nachmittag werde ich wieder hier sein.»
    Ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit löste den magischen Augenblick auf. «Ich nicht», entgegnete sie. «Ich kann nicht.» Die Binsen wurden nur einmal in der Woche geschnitten, und es gab keinen anderen Vorwand, zum Bach zu gehen. Der Gedanke erinnerte sie daran, dass es höchste Zeit war, nach Hause zurückzukehren.
    Toby ließ sie nicht aus den Augen. «Wann werdet Ihr wieder hier sein?»
    «Nächste Woche.»
    Toby seufzte. «Dann bin ich in London.»
    «In London?»
    Er nickte. «Mein Vater will es so. Ich soll mich mit dem Recht vertraut machen, zumindest so weit, dass ich auf Advokaten verzichten kann.» Er schaute zum Himmel empor, um einzuschätzen, wie spät es war. «Viel lieber würde ich kämpfen.» Er war vierundzwanzig Jahre alt, und es gab sehr viel jüngere Männer, die in den Kampf zogen.
    «Ist das Euer Ernst?»
    Er richtete sich auf. «Wenn die Puritaner an die Macht gelangen, werden wir nichts mehr zu lachen haben.»
    Sie nickte. Sie wusste Bescheid. Über ihr Leben bestimmten die Puritaner schon längst. Sie steckte sich die Haare hoch. «Ich werde am Sonntag in der Kirche sein.»
    Er sah sie an. «Ich gebe mich dann als Puritaner», sagte er und setzte eine finstere Miene auf. Sie lachte.
    Auch für ihn war es an der Zeit aufzubrechen. Er hatte im Nachbardorf ein Pferd gekauft, das noch beschlagen werden sollte, jetzt aber abgeholt werden konnte. Er sagte, er habe noch einen langen Rückweg nach Lazen Castle, werde aber wie im Flug reiten und dabei von dem Mädchen träumen, dem er am Bach begegnet sei.
    «Bis Sonntag, Campion.»
    Sie nickte. Schon mit ihm zu sprechen, war eine Sünde, jedenfalls in den Augen ihres Vaters. Doch sie wollte ihn unbedingt wiedersehen. Sie hatte sich in ihn verliebt, hoffnungslos, romantisch – und hilflos, denn diese Liebe hatte keine Aussicht auf Erfüllung. Sie war die Tochter ihres Vaters und unterstand seinem Befehl. Sie war Dorcas Slythe.
    Nun aber sehnte sie sich danach, Campion zu sein.
    Toby schnitt noch mit leichter Hand für sie die Binsen, er hatte sichtlich seinen Spaß daran. Dann nahm er Abschied. Sie schaute ihm nach, als er sich, dem Bachlauf folgend, in Richtung Norden entfernte. Sie wünschte sich, Werlatton den Rücken kehren und mit ihm gehen zu können.
    Sie versteckte die Lichtnelken in ihrer Schürze und trug die Binsen nach Hause.
    Ihr Bruder Ebenezer, der sie, hinter einer der großen Buchen versteckt, den ganzen Nachmittag über beobachtet hatte, hinkte auf der Straße nach Dorchester dem Vater entgegen.
    Sie war Dorcas und wünschte sich, Campion zu sein.

2
    Der Ledergurt klatschte auf ihren Rücken.
    Matthew Slythe warf einen monströsen Schatten auf die Schlafzimmerwand. Er hatte zwei Kerzen auf das Nachttischchen gestellt und seinen Gürtel abgeschnallt. Sein massiges Gesicht spiegelte den Zorn Gottes.
    «Dirne!» Wieder schnellte sein Arm herab, wieder traf sie das Leder. Goodwife Baggerlie hielt Campion, die auf dem Bett lag, bei den Haaren gepackt und lieferte sie den Peitschenhieben aus.
    «Hure!» Er war ein Hüne von Mann, größer als jeder einzelne seiner Knechte, und er raste vor Wut. Seine Tochter, unverhüllt in einem Bach! Nackt! Und das im Beisein eines jungen Mannes! «Wer war er?»
    «Ich weiß es nicht», schluchzte sie.
    «Wer war er?»
    «Ich weiß es
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