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Das Herz der Wueste

Das Herz der Wueste

Titel: Das Herz der Wueste
Autoren: Meredith Webber
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geworden, und Kamids Verdacht, dass vieles im Land im Argen lag, verstärkte sich. Leider hatten Arun und er bisher nichts dagegen unternehmen können.
    Jetzt, wo sein Vater tot war, hatte sich die Situation geändert. Dennoch wollten die beiden Brüder zunächst einmal herausfinden, wo ihre Hilfe am nötigsten gebraucht wurde, und deshalb hatte Kamid beschlossen, erst die entlegenen Winkel des Landes aufzusuchen. Sobald sie sich ein klares Bild verschafft hatten, konnten sie für die Zukunft planen. Nicht nur die Städter sollten vom Fortschritt profitieren, sondern das gesamte Volk.
    Der Gedanke an Arun erinnerte ihn an ein weiteres Problem. Bald würde Kamid sich mit seinem Bruder darüber unterhalten müssen, wer von ihnen das Erbe des Vaters antreten sollte. Im Grunde seines Herzens ahnte er, dass er selbst die Verantwortung würde übernehmen müssen. Nicht nur, weil er der Ältere war, sondern weil Arun sicher nie wieder heiraten würde. Kinder waren jedoch unverzichtbar, um die Nachfolge und damit den Frieden des Volkes zu sichern.
    Absolut unverzichtbar!
    Aruns erste Frau, die liebreizende, berückend schöne Hussa, war an den Folgen einer Blinddarmentzündung gestorben. Arun hatte sich in der Stadt aufgehalten, und seine junge Braut war zu schüchtern gewesen, um in ihrem neuen Zuhause, dem Palast der Familie auf dem Land, jemanden um Hilfe zu bitten. Tapfer hatte sie die Schmerzen ertragen, als der Blinddarm durchbrach, und dann war es zu spät gewesen, sie zu retten.
    Sein Zwillingsbruder war am Boden zerstört und nach der Trauerzeit wie verwandelt gewesen. Er verbrachte seine freie Zeit damit, das Leben in vollen Zügen zu genießen, erwarb sich bald den Ruf eines Playboys, der sich mit schönen Frauen jeder Nationalität umgab, jedoch fest entschlossen war, nie wieder zu heiraten.
    Das erinnerte Kamid daran, dass es neben der Herrscherfrage noch eine andere Sache zu regeln galt – er musste sich eine Ehefrau suchen. Als Scheich von Zaheer war er dazu verpflichtet. Früher hatte er geglaubt, er würde eines Tages aus Liebe heiraten, aber die große Liebe war ihm nicht begegnet, weshalb seine Mutter es nun in die Hand genommen hatte, die Passende für ihn zu finden …
    Nein, er beschäftigte sich lieber mit der Geschichte seines Landes und seiner Arbeit als Arzt als mit Ehefrauen und Hochzeiten!
    Erst jetzt fiel ihm auf, dass Jenny ihn verwirrt anblickte. Stimmt, sie hatte etwas gesagt, ohne dass er darauf eingegangen war.
    Was war das noch mal gewesen?
    Kriege …
    Kamele …
    Richtig! „Und ob es ernst war. Kamele machten den Reichtum eines Stammes aus, aber als die Clans ihr Nomadenleben nach und nach aufgaben, um sich an einem Ort niederzulassen, führte das zu neuen Schwierigkeiten. Früher waren sie bei ihren Wanderungen einem bestimmten Muster gefolgt, hatten die Sommermonate hier, die Wintermonate dort verbracht, zogen von Gebiet zu Gebiet, immer dorthin, wo sie gute Weidegründe für ihre Kamele fanden.“
    „Und für ihre Schafe und Ziegen?“
    „Schafe und Ziegen? Ein echter Beduine kennt nur Kamele und Pferde. Er mag gelegentlich in einem der Dörfer eine Ziege kaufen, um sie für ein Festmahl zu schlachten. Um die Geburt eines Sohnes zu feiern, zum Beispiel. Doch die Kamele waren ihr Kapital, ihre Lebensgrundlage. Sie versorgten sie mit Milch und Fleisch und mit Wolle und Fellen für Kleidung und ihre Zelte. Haben Sie den Frauen schon einmal beim Spinnen von Kamelhaar zugesehen?“
    Sie schüttelte den Kopf, und ihr blassgoldener Zopf schimmerte im Mondlicht. Unwillkürlich fragte Kamid sich, wie ihr Haar wohl aussehen würde, wenn sie es offen trug …
    Warum ließ er sich bloß so ablenken? Weil er eigentlich neben seiner Mutter sitzen und mit ihr die Liste der möglichen Kandidatinnen durchgehen müsste?
    „Wo war ich stehen geblieben?“, fragte er.
    „Die Nomaden sind sesshaft geworden.“
    Ihr Gesicht verriet deutlich, dass sie es kaum erwarten konnte, mehr zu hören. Ein ausdrucksvolles, intelligentes Gesicht … nein, er würde sich nicht wieder ablenken lassen!
    „Genau“, fuhr er fort. „Jenseits der Grenze beanspruchen zwei Familien, sogenannte Clans, dasselbe Land. Es ist unmöglich, dem einen oder dem anderen Rechte zuzugestehen, da Landbesitz in der Geschichte der Beduinen einfach nicht vorkommt. Die Menschen in diesem Lager hier leben seit Jahrhunderten dort, und viele sind inzwischen sesshaft geworden und züchten Ziegen und Schafe.“
    „Gibt es denn keine
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