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Das Herz aus Eis

Das Herz aus Eis

Titel: Das Herz aus Eis
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinaus. »Wir können, mein Bester. Und Ihren Anwalt rufen Sie von unserer Dienststelle aus an.«
    Damit war Patrik McJohn abgeführt.
    Der riesige Polizeiapparat New Yorks begann sich mit ausgeklügeltster Präzision abzuspulen.
    Zunächst geschah etwas, das die Betroffenen fast zum Platzen brachte: Jegliche Berichterstattung in den Massenmedien über diesen Mord war verboten! Die große Sensation mußte geheimgehalten werden! Die Reporter, die schon Wind von der Sache bekommen hatten, tobten. Aber die Begründung dieses Verbotes war klar und eindeutig: Der Mord war so undurchsichtig, daß eine Bekanntgabe der polizeilichen Vermutungen den Mörder warnen könnte. Darüber hinaus – und das war die eigentliche Sensation – stritten sich die Mediziner nach der Obduktion der Leiche darum, ob es tatsächlich Mord oder ein natürlicher Tod war!
    Die mit dem Fall Beauftragten standen vor einem schier unlösbaren Problem. Inspektor Jacklow gab am nächsten Tag eine vorläufige Bestandsaufnahme vor seinem Vorgesetzten, dem Captain, ab.
    »Am 17. Mai, um halb fünf Uhr nachmittags, erhielten wir den Anruf von der Hauswirtin Valeria Thurners, daß sie soeben Mrs. Thurner sterbend in ihrem Badezimmer entdeckt habe. Jede Hilfe kam zu spät.« Er blätterte in dem neu angelegten und jetzt schon umfangreichen Aktenstück. »Ich leitete sofort die Ermittlungen ein und war um zwanzig vor fünf Uhr nachmittags am Tatort. Mrs. Thurner lag leblos und nackt auf den Fliesen ihres Badezimmers vor der gefüllten Wanne. Das Fenster des Badezimmers stand offen. Es führt auf einen kleinen Hof mit kleinen Fenstern, die zu den Toiletten der Nachbarhäuser gehören. Nach Aussagen der Hauswirtin war die Wohnungstür von Mrs. Thurner nicht abgeschlossen. Auf der Suche nach Mrs. Thurner öffnete sie auch die Badezimmertür. Dort lag der Körper von Mrs. Thurner. Er war trocken und das Wasser erkaltet. Wir folgern daraus, daß Mrs. Thurner stundenlang unter qualvollen Schmerzen auf dem Boden lag und sich nicht bemerkbar machen konnte. Die Hauswirtin entdeckte sie zufällig, weil sie sich für einen Besuch Mrs. Thurners kleinen Teesamowar leihen wollte.
    Laut ärztlicher Untersuchung und nach Obduktion der Toten wurde festgestellt, daß sich in der linken Brustseite über dem Herzen ein Einschuß von zwei Millimetern Durchmesser befindet, der jedoch – das erste Rätsel – keinerlei Blutspuren aufweist. Der Tod trat durch innere Verblutung ein, da das Geschoß die Herzkammer aufriß und so einen langsamen Tod herbeiführte. Das Geschoß aber – und das ist das zweite unerklärliche Rätsel – fehlt! Ein Ausschuß ist nicht vorhanden! Das Geschoß hätte also im Körper sein müssen, falls es ein Mord durch Erschießen war. Aber die Ärzte haben kein Projektil gefunden, obwohl die Todesursache einwandfrei gewaltsam war!
    Die medizinische Wissenschaft ebenso wie wir Kriminalisten stehen hier vor einem unlösbaren Rätsel. Der Schuß – wenn es einer gewesen ist – muß nach ärztlichem Gutachten gegen halb zehn Uhr vormittags abgegeben worden sein und eine nach kurzer Zeit eintretende Ohnmacht zur Folge gehabt haben. Immerhin reichte die Zeit vom Schuß bis zum Zusammenbruch aus, daß Mrs. Thurner aus der Wanne steigen konnte. Kleine, noch nicht abgetrocknete Bodenpfützen beweisen das. Daraus folgern wir logischerweise, daß die Tote bereits in der Badewanne saß, als der Schuß fiel, oder daß sie gerade aus der Wanne steigen wollte. In der Zeit von halb zehn vormittags bis halb fünf nachmittags ist der Körper natürlich durch die Luft getrocknet worden.
    Nach Aussagen der Hauswirtin und des Hausmeisters war Mr. Patrik McJohn zuletzt gegen halb zehn Uhr in der Wohnung Mrs. Thurners. Er verließ sie kurz vor halb zehn und fuhr nach Hause. Ab zehn Uhr hat er durch sein Hauspersonal und seinen Club ein lückenloses Alibi. Mr. McJohn ist Patentanwalt und der Freund der Toten. Ein Tötungsmotiv aus Eifersucht liegt nahe. Ich habe ihn deshalb gestern abend noch verhaftet, um einer Flucht vorzubeugen. Mr. McJohn leugnet, die Tat begangen zu haben. Der Hausmeister bestätigt, daß er bei McJohns Fortgang noch das Lachen von Valeria Thurner aus der Wohnung gehört habe.
    Soweit unsere Ermittlungen der letzten Stunden. Wir stehen hier vor einem der rätselhaftesten Mordfälle der Kriminalgeschichte: eine Tote mit Schußverletzung, innerer Verblutung, keinem Ausschuß und keinem Geschoß im Körper. Ohne Motiv, ohne handgreiflichen Verdacht, ohne
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