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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown
Autoren: Emilie Richards
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Kind mehr und noch keine richtige Erwachsene“, sagte Lydia. „Aber ein hübsches, nettes Mittelding – wenn du deine alte Oma fragst.“
    Remy lächelte sie dankbar an. „Ich ruf Megan an.“
    „Verrat ihr aber nichts über Karina“, ermahnte Faith sie.
    „Das ist so öde: Endlich passiert mir mal was Aufregendes, was nicht gleich zu Hausarrest führt, und dann darf ich mit niemandem darüber reden!“ Remy boxte ihre Mutter leicht in die Seite, bevorsie aufstand. Sie schaute kurz zu ihrer Großmutter hinüber, grinste dann und versetzte auch ihr einen Schlag.
    Faith war klar, dass dieser Hieb ein Gunstbeweis sein sollte. Und Lydias Miene verriet ihr, dass ihre Mutter ihn genauso aufgefasst hatte.
    Die letzte Etappe des Flugs verzögerte sich um eine Stunde. Schlechtes Wetter, der Ferienrückreiseverkehr und eine Zwischenlandung der Präsidentenmaschine in New York, die die Flugpläne auf dem ganzen Kontinent über den Haufen warf, waren dafür verantwortlich, aber Pavel nannte es einfach Pech. Er war noch immer am Flughafen und hatte Faith bei seinem letzten Anruf immerhin mitteilen können, dass Karina und die Kinder jetzt jeden Moment landen würden.
    Lydia wusste kaum, wie sie diese Verzögerung überleben sollte, obwohl Faith sie über jede Neuigkeit gleich informierte. Jetzt, fünfunddreißig Minuten nach Pavels letztem Anruf, nahm Faith wieder auf dem Sofa Platz, von dem sich Lydia seit seinem Aufbruch nicht weggerührt hatte.
    „Wirst du es schaffen?“ fragte Faith.
    Lydia versuchte, stark zu klingen. „Ich besitze Übung darin.
    Ich habe mir ein Wiedersehen mit Hope immer wieder vorgestellt, aber eigentlich habe ich nicht geglaubt, dass es wirklich dazu kommen würde.“
    „Immerhin konntest du dich darauf vorbereiten.“
    „Achtunddreißig Jahre lang.“
    Vor dem Haus schlug eine Autotür zu. Wenn jemand auf der Prospect Street eine Parklücke fand, grenzte das an ein Wunder. Lydia dachte, wenn dieser Jemand Pavel sei, wäre das Wunder komplett.
    Faith stand auf und ging zum Fenster, um hinauszuschauen. Als sie sich umdrehte, glänzten ihre Augen. „Himmel, sie sieht wie Pavel aus, Mutter. Sie ähnelt ihm stärker als auf den Fotos. Das hat er mir nicht gesagt.“
    Lydias Knochen schienen sich aufzulösen. Was einmal ihr Skelett gewesen war, fühlte sich jetzt nur noch wie Gummimasse an.
    „Vielleicht solltest du sitzen bleiben“, sagte Faith. Lydia versuchte aber schon, auf die Füße zu kommen. Ein hastiges Klopfen war ihre einzige Gnadenfrist. Noch bevor Faith die Tür erreicht hatte, kam Pavel herein. Dann trat er zur Seite.
    Karina marschierte herein, zwei Kinder mit weit aufgerissenen Augen im Schlepptau.
    Karinas Blick fiel sofort auf Lydia. Es entstand eine kleine Pause, aber für Lydia existierte ohnehin keine Zeit mehr. Dann lächelte Karina – das schiefe Lächeln ihres Vaters.
    „Hey, Mom“, sagte sie sanft. „Bin wieder da.“

EPILOG
    Das Haus in der Prospect Street hatte ein steinernes Fundament, das ein erfahrener Maurer vor über einhundert Jahren angelegt hatte. Das hatte Faith im Februar herausgefunden, als sie vor der Kellertür Schnee geschaufelt hatte. Bis dahin hatte sie dem Fundament kaum Beachtung geschenkt, aber jetzt sprang die Symbolik sie förmlich an. Als sie die Schneewehen beseitigt und dabei den Übergang zwischen dem Sandstein und den kirschroten Ziegelsteinen erstmals bewusst wahrgenommen hatte, war ihr eine Idee gekommen.
    Heute früh war Faith von einem atemberaubenden Sonnenaufgang geweckt worden, aber diesmal war sie nicht beunruhigt, da sie dieses Omen auf Anhieb hatte deuten können. Ja, etwas Großes würde sich ereignen, und sie konnte es kaum erwarten.
    Die Frühlingssonne schien auf den neu gestalteten Garten und wärmte sie und ihre Familie, die sich in ihm versammelt hatte, und Faith reichte ihrer Mutter einen schlanken Meißel und einen Holzhammer.
    „Wirklich, Faith, du meinst, das geht so?“ Lydia hatte ihren Vornamen bereits mit Kreide auf die Stelle geschrieben, die sie gemeinsam ausgesucht hatten: zwei Meter neben der Tür. Bald würden Kamelien die Stelle umrahmen; die neuen Pflanzen standen schon in ihren Bottichen zum Einpflanzen bereit.
    Faith hatte schon erläutert und demonstriert, was geschehen sollte. „Ich habe es ausprobiert: Der Stein ist weich genug. Versuch es. Es wird schon gehen. Du musst ja Michelangelo keine Konkurrenz machen.“
    Lydia, die noch immer das himbeerrote Kostüm trug, das sie heute früh für Davids
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