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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown
Autoren: Emilie Richards
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Dach-Lounge des Hotels zu kommen, falls die Nachbarin zum Babysitten bereit war. Er versprach ihr prasselndes Kaminfeuer und einen tollen Blick über die Stadt. Als er auflegte, dachte er schon darüber nach, was er sagen würde. Er hatte viel Zeit, das auszuarbeiten.
    Vier Stunden später saß er strategisch geschickt auf einem Sofa in der Nähe des riesigen Kamins und behielt die Tür im Auge. Jetzt kam sie herein. Sie war kleiner, als er erwartet hatte, aber doch größer als ihre Schwester. Ihr Haar war länger als auf dem Foto, eine dunkle, lockige Mähne, die fast ihre Schultern berührte. Sie hatte ein marineblaues Strickkleid an, das bis auf ihre dunklen Stiefel reichte, und trug einen einfachen Stoffmantel über dem Arm. Als er aufstand, kam sie auf ihn zu und reichte ihm die Hand.
    „Mr. Quinn?“
    „Pavel.“ Die Wärme ihrer Hand machte ihm Mut. Sie setzte sich neben ihn. „Diese Dach-Lounge ist angeblich das Wasserloch der wohlhabenden Schriftsteller unserer Stadt. Unnötig zu erwähnen, dass ich selten herkomme.“
    „Kinderbücher sind keine Goldmine?“
    „Nur wenn man einen Harry Potter erfindet.“ Sie schien sich in ihrer Haut absolut wohl zu fühlen und schaute ihn erwartungsvoll an.
    Seine ausgetüftelte Überleitung löste sich in Luft auf. „Karina, ich habe Ihnen am Telefon nicht ganz die Wahrheit gesagt.“
    Sie zog eine sorgfältig gezupfte Braue hoch. „Nicht? Haben Sie mir denn über Ihre Person die Wahrheit gesagt?“
    „Ich bin wirklich der Präsident von ,Scavenger‘, nicht irgendein verrückter Stalker. Aber mein Anliegen ist nicht geschäftlicher Natur, sondern privat.“
    Sie fixierte ihn kurz und wagte dann ein Lächeln. „Sind wir verwandt, Pavel?“
    Er konnte sich nicht entsinnen, wann er das letzte Mal geweint hatte. Vielleicht bei der Beerdigung seiner Mutter, vielleicht auch nicht. Aber jetzt füllten sich seine Augen mit Tränen. Im Moment konnte er nicht sprechen, also nickte er.
    Sie legte ihre Hand auf seine, die warme, weiche Hand einer Schwester. „Ich habe erwartet, dass einmal jemand kommt. Warum hat es so lange gedauert?“

36. KAPITEL
    Die Wiedervereinigung musste in der Prospect Street stattfinden. Lydia stellte sie sich als Kreis vor, der sich endlich zusammenfügte, als Kreis, der sie alle umschloss und umfasste. Faith gefiel das Bild.
    Es war zehn Tage nach Weihnachten, und Alex und Remy wühlten den ganzen Tag auf dem Dachboden herum, um Spielzeug für Jody und Jeremy zu finden, die ihre Mutter begleiten würden. Unter dem Baum, der immer noch das Wohnzimmer zierte, lagen Päckchen für Karina und die neuen Cousins, aber so unermüdlich Faith auch auf sie einredete, die Bronson-Kinder waren nicht davon zu überzeugen, dass ein Gameboy und ein Blockhütten-Bausatz die jüngere Verwandtschaft lange genug faszinieren würden.
    Um Lydia zu beschäftigen, hatte Faith sie ermuntert, den beiden bei ihrer Suchaktion zu helfen, aber Lydia blieb lieber unten auf dem Sofa, um sich nicht von den Gefühlen überwältigen zu lassen, die der Anblick des eingeritzten Namenszugs ihrer Mutter auslösen würde. Ihre Nerven lagen ohnehin schon blank.
    Lydia hatte zweimal mit Karina telefoniert: einmal an dem Tag, nachdem Pavel seiner Halbschwester die Geschichte ihrer Entführung erzählt hatte, und einmal zur Vorbereitung des heutigen Treffens. Bei beiden Telefonaten war sie so nervös gewesen, so überwältigt, dass Karinas Worte wild durch ihren Kopf tanzten. Sie konnte sich kaum erinnern, was sie besprochen hatten.
    Nicht genug. Bestimmt nicht genug.
    „Lydia, hier ist etwas für dich.“
    Lydia blickte auf, und eine Tasse Tee schwebte wie von Zauberhand vor ihrer Nase. Pavel hielt sie ihr hin. „Ich glaube, das kannst du gebrauchen.“
    „Das ist sehr freundlich.“ Sie nahm die Tasse und fühlte sich steif, dumm und alt dabei.
    Er ließ sich neben ihr fallen. „Du musst dir wirklich gar keine Sorgen machen. Karina wird spielend mit der ganzen Situation fertig, sogar damit, dass sie die Hope Huston ist. Sie ist froh, dass wir sie gefunden haben. Sie hat immer gehofft, dass jemand aus ihrer biologischen Familie auf ihrer Schwelle auftauchen würde. Ich glaube, sie hat mich erwartet.“
    „Sie hat es gut gehabt, oder?“ Diese Frage ließ Lydia einfach nicht los.
    Pavel hatte ihr das schon mehrfach versichert, aber er sagte es gerne noch einmal. „Das hat sie. Ihre Adoptiveltern haben sie vergöttert. Sie hat mir das Haus gezeigt, in dem sie aufgewachsen ist.
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