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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters
Autoren: Paul Harding
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seine
Forderung.« 
    »Wie ist er
reingekommen?« wollte Cranston
wissen.       
    »Hammo, der
Koch, hat ihm den Schlüssel gegeben.«
    Sir John schürzte
die Lippen. »Boggett zahlt fünf Pence Buße
für unerlaubtes Eindringen, und der Koch zwei Pence wegen
Beihilfe.« Er funkelte den Ratsherrn an. »Habt Ihr den
Schlüssel dabei?«
    Venables nickte.
Cranston schnippte mit den Fingern, und der Ratsherr gab ihm den
Schlüssel. Der Coroner richtete sich zu voller
Größe auf.
    »Als Coroner
dieser Stadt«, verkündete er großartig, »und
angesichts der geheimnisvollen Ereignisse, von denen mir berichtet
wurde, ermächtige ich uns nunmehr, dieses Haus zu betreten, um
die Wahrheit festzustellen. Ratsherr, Ihr werdet mich
begleiten.«
    Als Venables sich von
einem seiner Begleiter ein Stück Zunder geben ließ,
entstand neue Verwirrung. Sir John schloß die Tür auf
und betrat die kalte, dunkle Taverne. Es roch schmutzig und muffig.
Sie stießen gegen Fässer, Schemel und Tische, bis
Venables seinen Zunder entfacht und zwei Pechfackeln damit
angezündet hatte. Eine davon reichte er Cranston. Sie gingen
von Zimmer zu Zimmer und dann in den ersten Stock. Die beiden
Kammern dort waren verwüstet, Kisten und Truhen aufgebrochen,
die Deckel beiseite geworfen. Aber keine Spur von einer
Leiche.
    »Ihr wißt,
wonach wir suchen?« fragte Cranston leise.
    Venables nickte.
»Aber bis jetzt - nichts, Sir John.«
    »Gibt’s
einen Keller?«
    Der Ratsherr
führte Cranston die Treppe hinunter. Sie suchten den dunklen
Schankraum ab, bis sie eine Falltür fanden. Venables klappte
sie auf. Vorsichtig stiegen die beiden Männer eine Holzleiter
hinunter. Der Keller war ein langgestrecktes Loch. Am hinteren Ende
befand sich noch eine Falltür, damit die Karren von der
Straße ihre Fässer herunterrollen lassen konnten.
Cranston befahl Venables stehenzubleiben und ging durch den Keller;
im trüben Schein der Fackeln sah sein mächtiger Wanst
grotesk aus. Am Ende blieb er stehen, senkte die Fackel und
spähte hinter drei große Weinfässer. Im Lichtschein
schimmerten die Spinnweben an den Fässern wie goldene
Schleier. Cranston beugte sich vor und betastete die klebrige
Masse, die er entdeckt hatte. Dann hob er die Hand in den
Lichtschein und betrachtete das Blut, das an seinen Fingern klebte.
Er zwängte den Arm wieder hinter die Fässer und tastete
umher.
    »Sir
John?« rief der Ratsherr. »Ist alles in
Ordnung?«
    »Soweit wie
möglich, Master Venables. Ich habe den Wirt gefunden - oder
wenigstens einen Teil von ihm.« Cranston hob den rumpflosen
Kopf hinter den Fässern auf und hielt ihn in die Höhe wie
der städtische Henker. Der Ratsherr warf einen Blick auf das
blauweiße Gesicht, die halbgeschlossenen Augen, den schlaffen
blutigen Mund und den ausgefransten Stumpf, der früher einmal
ein Hals war. Dann ließ er sich auf einen Stein sinken und
würgte heftig. Cranston legte den Kopf wieder hin und kam
zurück; unterwegs wischte er die Finger an der modrigen Wand
ab. Im Vorbeigehen klopfte er Venables sanft auf die
Schulter.
    »Nehmt einen
Schluck Rotwein, mein Bester. Der beruhigt den Magen und
stärkt das Herz. Und dann schreibt Ihr einen Haftbefehl
für Roger Droxford. Laßt nach ihm fahnden, und
setzt…«
    Cranston verdrehte die
Augen. »Ja, setzt zehn Pfund Belohnung auf seinen Kopf aus -
tot oder lebendig. Das Haus laßt versiegeln; sollte kein
Testament und kein selbsternannter Erbe auftauchen, wird der Rat
der Stadt vielleicht ein wenig reicher.«
    Er kletterte die
Leiter zum Schankraum hinauf und trat hinaus auf die bitterkalte
Straße.
    »Wir haben den
Wirt gefunden«, gab er bekannt. »Ermordet. Ich glaube,
der gute Ratsherr braucht eure Hilfe, um die Leiche
zusammenzusetzen.«
    Die Hand auf dem
langen walisischen Dolch, stapfte Sir John dann durch vereiste
Gassen und Straßen zurück. Er bog in die Mercery ein und
schnappte nach Luft. Der eisige Wind verschlug ihm den Atem.
»Ach, wäre doch Sommer!« dachte er wehmütig.
»Mit grünen Pflanzen und schönem, fettem
Gras!« Er schlitterte über das vereiste
Kopfsteinpflaster und lehnte sich grinsend an das Holz eines
Hauses.
    »Athelstan
müßte hier sein und helfen«, dachte er.
»Wenn schon nicht bei enthaupteten Leichen, dann sollte er
wenigstens mich auf dem Glatteis stützen.«
    Er wanderte die
Cheapside hinauf. Eine dunkle Gestalt löste sich aus dem
Schatten und kam auf ihn zu. Cranston zog den Dolch halb aus der
Scheide.
    »Sir John, um
der Liebe Christi
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