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Das Haus der Bronskis

Das Haus der Bronskis

Titel: Das Haus der Bronskis
Autoren: Philip Marsden
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Braganza gekommen und hatte sie auf den Müllhaufen geworfen; nach dem Aufwachen hatte sie noch eine Weile dagelegen, überzeugt, wieder in Mantuski zu sein, nahe dem Njemen   – bis sie die See sich unten an den Felsen hatte brechen hören.
    Der Sommer war wie sonst   – Braganza voller Familie und zahlender Gäste und Hunde, und jeder staunte, wie gut sie sich erholt hatte. Doch als ich sie im September wiedersah,gab es Augenblicke, wenn wir unter uns waren und ihre Maske abfiel und sie auf einmal weit weg schien. Und sonderbarerweise verspürte ich damals überhaupt nicht jenen wahnsinnigen Druck, den ich erwartet hatte, die Empfindung, daß unsere Zeit ablief. Es war, als wüßten wir beide, daß wir nichts weiter miteinander erleben könnten als die langen Winter in Cornwall, die Reisen nach Weißrußland, die Kapelle, dieses Buch. Und wenn ich zurückdenke an das letzte Mal, als ich sie sah, als sie in ihrem hohen Lehnsessel saß, im Hintergrund die sonnenbeschienene See, erinnere ich mich nicht mehr an das, was gesagt wurde, sondern an die Zeit, nachdem wir miteinander geredet hatten und still dasaßen und nicht das Bedürfnis hatten, noch etwas zu sagen.
    Ende Oktober, an einem grauen Nachmittag, war die Saison vorbei. Zofia winkte ihrem letzten Gast nach, schloß die Tür von Braganza und ging zu Bett. Vier Tage später war sie tot.

Glossar
    bryczka:
ungefederter leichter Kutsch-, Reisewagen (auch offen)
    chata:
Bauernhaus, Bauernhütte
    ciocia:
Tante
    dobrze:
gut
    dwornik
(russ.): Hausknecht
    dwór:
Gutshaus, Herrenhaus; Gut, Landgut
    dwórek:
kleineres Gutshaus etc.
    dzień dobry:
guten Tag
    Hrabia: Graf
    Hrabina: Gräfin
    kasza:
Buchweizengrütze
    kiel ⁄ basa:
Wurst
    Kresy: das   – damalige   – ostpolnische Grenzland
    kochana:
Liebes, Liebste (Anrede)
    kwas:
gegorenes Getränk aus gesäuertem Schwarzbrotteig oder aus Schwarzbrot mit Malz
    Pan: Herr
    Pani: Frau (Anrede)
    Panna: Fräulein (Anrede)
    Panoczek: Verkleinerungs-, Koseform von Pan (Anrede)
    parobcy:
Gutsarbeiter
    proszę:
bitte
    ptaszyku:
Vögelchen (Vokativ)
    puszcza:
großes unberührtes Waldgebiet
    spirytus:
Spiritus, Äthylalkohol, Rohstoff zur Wodkaherstellung
    szlachta:
polnischer Landadel, niederer Adel
    taczanka:
ungefedertes leichtes zweirädriges Fuhrwerk
    tatuś:
Vater (liebevolle Anrede)
    wójt:
gewählter Dorfvorsteher (vgl. deutsch: Vogt)
    żubrówka:
mit Büffelgras aromatisierter Wodka
     
    Hinweise zur polnischen Aussprache:
     
    Z wird gesprochen wie das stimmhafte
s
in Rose, c wie
z
, sz wie
sch
, cz wie
tsch
, rz und ż wie
j
in Journalist, ó wie
u,
ł etwa wie deutsches
u
in au oder englisches
w
in well; ą und ę werden nasal gesprochen.
    Betont wird in der Regel die vorletzte Silbe, wobei -ia als eine Silbe gilt. Die Aussprache von Zofia ist also
Sófja
.
     
    Anmerkung der Übersetzerin
     
    Wir haben uns im vorliegenden Buch für die Schreibweise
Njemen
entschieden, weil es die für deutschsprachige Leser plausibelste ist. Die polnische Schreibweise ist Niemen, die russische   – transkribiert   – Njeman; die Aussprache ist allemal »Njemen«. Der deutsche Name Memel kam nicht in Frage, weil er völlig falsche geographische wie historische Assoziationen ausgelöst hätte.

Landkarte

Informationen zum Buch
    Helen und ihre Tochter Zofia stammen aus einem entlegenen Winkel Osteuropas, ein Landstrich, der von den Mächten des letzten Jahrhunderts verschachert und verschoben wurde, mal gehörte ihr Dorf zu Russland, dann wieder zu Polen und schließlich zu Weißrussland. Mutter und Tochter erlebten die letzten Tage des Zarenreichs mit, sie überlebten den Ersten Weltkrieg und schlugen sich während des Zweiten, zwischen die Fronten geratend, auf einer abenteuerlichen Flucht durch Europa bis nach England durch. Als Zofia, eine enge Freundin des Autors Philip Marsden in seiner Begleitung nach mehr als fünfzig Jahren in ihr altes Heimatdorf reist, sind vom elterlichen Gutshof nicht mehr geblieben als ein paar Grundmauern, das geplünderte Grab des Vaters, eine verfallene Kapelle und eine Lärche. Doch es gibt noch ein paar wenige Menschen, die in Zofia das kleine Mädchen von einst wiedererkennen.
    Eine bewegende Familienchronik, die von einer untergegangenen Welt erzählt und von zwei ungewöhnlichen und mutigen Frauen, die dem Schicksal die Stirn bieten.

Informationen zum Autor
    Philip Marsden
wurde 1961 in Somerset/England geboren. Er studierte Anthropologie in Oxford und ist Fellow of the Royal Society
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