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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Gablé
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ankommt.«
    »Ich weiß, wie gefährlich eure Wälder sind. Aber dein Urteil ist gerecht.«
    »Gerecht wär das Schwert«, brummte Dervan vor sich hin, so leise, dass Tugomir ihn kaum zurechtweisen konnte, aber doch laut genug, dass der Fürst ihn hörte.
    »Dann lass Gott denjenigen sein, der es führt«, antwortete Widukind dem jungen Daleminzer. »Denn er sagt: Mein ist die Rache.« Er nickte Tugomir anerkennend zu. »Ich bin stolz auf dich.«
    »Wirklich?« spöttelte der Fürst und stand auf. »Ich hoffe, du bist nicht enttäuscht, wenn ich dir sage, dass die Verbannung bei uns eine alte Tradition ist? Dass wir Slawen auch ohne den wahren Glauben von allein auf den Gedanken gekommen sind, einen Übeltäter im Zweifelsfall dem Urteil der Götter zu überlassen?«
    »Es würde mir nie in den Sinn kommen, die Weisheit slawischer Gesetze in Frage zu stellen, Schwager«, beteuerte der Bischof. »Aber ich hoffe, du vergibst mir, wenn ich in deiner Entscheidung trotzdem das Wirken unseres allmächtigen Gottes zu erkennen glaube?«
    Der Fürst nickte und wandte sich ab. »Hier darf jeder glauben, was er will, Widukind.«
    Ohne Eile umrundete er die Halle. Es war ein lauer, sonniger Frühlingsnachmittag, doch im Osten zogen Wolken auf, die für den Abend Regen versprachen. Eine Duftmischung aus jungem Grün und trägem Fluss lag in der schwachen Brise.
    Tugomir ließ die Kirche linker Hand liegen und erklomm die Treppe zum Wehrgang, wo seine Frau auf ihn wartete.
    Alveradis hatte die Unterarme auf die Palisade gestützt und sah wie so oft auf das Havelland hinaus, doch als sie seine Schritte hörte, wandte sie sich um. Ihr Gesicht blieb ernst, aber ein warmer Glanz trat in ihre Augen. Tugomirs Herz stolperte kurz, wie es manchmal geschah, wenn er sie so sah wie jetzt, in einem weit fallenden Kleid nach slawischer Sitte, dem weißen Tuch auf dem Kopf, dem Stirnband mit den Schläfenringen, unter welchem die harzfarbene Lockenpracht, die sich nie ganz bändigen ließ, hervorzusprudeln schien.
    »Sind sie tot?«, fragte sie, und er hörte die Anspannung in ihrer Stimme.
    »Slawomir.« Er legte beide Arme um sie. »Niemand sonst.« Er berichtete ihr von Asiks Urteil.
    »Das ist gerecht«, befand auch Alveradis, aber sie sagte es ein wenig zu eilig, so als fürchte sie, er könnte argwöhnen, sie hätte für ihren Vetter Partei ergriffen.
    Sie schwiegen eine Weile, und schließlich drehte Alveradis sich in seinen Armen um und blickte wieder über den Burgwall, dieses Mal nach Westen, wo der Harlungerberg lag.
    Tugomir zog sie näher, bis ihr Rücken sich an seine Brust schmiegte.
    »Du hast alle Triglav-Priester geschont?«, fragte sie.
    »Zwei sind Tuglo in den Freitod gefolgt; sie waren seine treuen Bluthunde. Die übrigen haben bei den drei Gesichtern ihres Gottes geschworen, dass sie nichts von dem Plan ahnten und der Göttertrank sie so berauscht hat, dass sie nicht wussten, was sie taten. Möglicherweise sagen sie die Wahrheit. Sie hinzurichten hätte mehr Schaden als Nutzen gebracht. Sie sind harmlos.« Er strich mit den Lippen über ihren Hals. »Es wird nicht wieder passieren, ich schwöre es dir.«
    »Ich fürchte mich nicht davor, dass es wieder passieren könnte«, stellte sie klar. »Ich fürchte mich überhaupt nicht, um genau zu sein. Wohl zum ersten Mal in meinem Leben. Du hast meinen Vater gebändigt …«
    »Fürs Erste«, schränkte er ein, denn er wollte das Schicksal nicht mit zu großer Zuversicht herausfordern. Nichts hatte sich geändert zwischen Gero und ihm. Aber was immer Otto in ihrem langen Gespräch unter vier Augen aus Gero herausgeholt hatte, welche Variation der Wahrheit es auch gewesen sein mochte, es hatte damit geendet, dass der mächtige Markgraf vor dem Bischof von Halberstadt die Beichte abgelegt und – so wurde gemunkelt – als Buße eine Pilgerfahrt nach Rom und die Gründung eines Klosters auferlegt bekommen hatte.
    »Du hast es fertiggebracht, dass der König für dich und gegen ihn Partei ergriffen hat«, beharrte Alveradis. »Und du hast Frieden mit den Obodriten geschlossen und die Heveller hinter dir vereint. Keine geringe Leistung in nicht einmal zwei Jahren.«
    »Würdest du das noch mal wiederholen?«, bat Tugomir. »Damit ich es mir einprägen und aufzählen kann, wenn die Priester mir das nächste Mal meine ungezählten Versäumnisse vorwerfen?«
    Alveradis lachte, bohrte ihm aber gleichzeitig einen Ellbogen in die Seite. »Mach dich nicht über mich lustig. Ich weiß
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