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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Gablé
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verloren hatte. Und so hatte er von dem Privileg Gebrauch gemacht, das jedem Priester oder Fürsten zustand, hatte nach seinem Dolch verlangt und sich von eigener Hand gerichtet.
    Slawomir hingegen hatte sich erwartungsgemäß gegen einen stillen und unrühmlichen Abgang entschieden.
    »Hast du der Welt noch irgendetwas Lohnendes zu sagen?«, fragte der Fürst seinen Onkel, der mit gebundenen Händen vor ihm im Gras vor der Halle kniete.
    Der Verurteilte war bleich, seine Kiefermuskeln angespannt, aber er zeigte keine Furcht. »Nicht der Welt. Aber dir vielleicht. Du bist im Begriff, das Blut deiner Sippe zu vergießen, Tugomir. Wieder einmal.«
    »Es wäre dir lieber, ich würde dich den Priestern meines Gottes übergeben, damit sie dich opfern, so wie du es mit mir machen wolltest, meinst du das? Bedauerlicherweise gibt es bei den Christen keine Menschenopfer.«
    »Ich warne dich vor dem Zorn der Götter.«
    »Den ich nicht zu fürchten brauche, denn du warst es, der mit seinen Taten alle Blutsbande zwischen uns durchschnitten hat.« Tugomir hob das Schwert mit beiden Händen. »War’s das?«
    Slawomir schloss die Augen und nickte.
    »Vielleicht kann Gott dir vergeben. Ich werde es nicht tun«, sagte der Fürst und schlug zu.
    Es war ein kraftvoll und präzise geführter Hieb, und Slawomirs Kopf verließ die Schultern, flog mit wehenden Haaren ein kleines Stück nach links und landete dann im Gras – Gesicht nach unten.
    Ein Aufseufzen ging durch die Reihen der Heveller, die sich in großer Zahl auf der Burg eingefunden hatten, gefolgt von einem kurzen Jubel, der eher grimmig als ausgelassen klang. Nur Dobra, Slawomirs Weib, stieß einen langen, schrillen Schrei aus, ließ sich in Gras sinken und verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Sei still, Mutter«, befahl Rogwolod angewidert. »Er kann froh sein, dass er nicht brennen musste. Und du kannst froh sein, dass du ihm nicht folgen musst. Glaub ja nicht, irgendwer hier hätte vergessen, dass du es warst, die dem Fürsten und den Daleminzern den vergifteten Met eingeschenkt hat!«
    Der Siebzehnjährige klang wütend, aber in seiner Miene las Tugomir die gleiche Art von Verstörtheit und Schmerz, wie er sie empfunden hatte, als er erfuhr, was seine Mutter getan hatte.
    Bischof Widukind trat zu dem jungen Mann und legte ihm die Hand auf den Arm. »Niemand ist am Schierling gestorben, Rogwolod«, erinnerte er ihn. »Darum ist es recht, dass deine Mutter ihr Leben behält.«
    »Vielleicht.« Rogwolod senkte den Kopf. »Aber ich weiß nicht … wie ich diese Schande aushalten soll.«
    Auch das konnte Tugomir nachempfinden. »Das wirst du«, sagte er seinem jungen Cousin. »Glaub mir. Denn es ist nicht deine Schande. Aber gewiss wäre es leichter für dich, wenn du von hier fortgehst. Irgendwohin, wo nicht jeder, der dich sieht, sofort an die Taten deiner Eltern denkt und dich möglicherweise dafür büßen lässt. Das kommt vor«, fügte er hinzu und tauschte einen Blick mit seiner Schwester.
    »Aber wo soll ich hin?«, fragte der junge Mann mutlos.
    »Nach Spandau«, antwortete der Fürst. »Dort ist niemand von unserer Familie mehr übrig, und die Heveller auf der Burg sind ohne Führung. Die wirst du übernehmen, in meinem Namen.«
    Rogwolod starrte ihn fassungslos an. »Du willst mir Spandau anvertrauen? Trotz allem, was mein Vater …«
    »Wie gesagt, es waren nicht deine Taten«, unterbrach Tugomir ihn. »Mach deine Sache gut, damit ich keinen Anlass habe, meine Entscheidung zu bereuen.«
    Rogwolod atmete tief durch, und auf einmal war wieder Leben in seinen Augen. »Das werde ich, Fürst. Ich schwöre, du kannst dich auf mich verlassen.«
    Ich weiß , dachte Tugomir.
    Zwei Jarovit-Priester packten Slawomirs Leichnam an den Armen und schleiften ihn ohne viel Feingefühl fort, ein Priesterschüler packte den Kopf bei den Haaren und folgte ihnen, das bartlose, picklige Gesicht angewidert abgewandt.
    Tugomir kehrte zu der kleinen Bank zurück, die man für ihn vor der Halle aufgestellt hatte, rammte das blutige Schwert vor sich ins Gras und verschränkte die Hände auf dem Knauf. »Jetzt bringt mir den Sachsen.«
    Wie abgesprochen, waren es Semela und Dervan, die gingen, um Asik aus dem Keller zu holen, denn jeder andere, ganz gewiss jeder der hevellischen Krieger, hätte die Gelegenheit genutzt, um ihm eine Klinge ins Herz zu stoßen.
    Ein gefährliches Gemurmel erhob sich, als die sächsische Geisel vor den Fürsten gebracht wurde.
    »Schlag ihm den verdammten
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