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Das Hagebutten-Mädchen

Das Hagebutten-Mädchen

Titel: Das Hagebutten-Mädchen
Autoren: Sandra Lüpkes
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große, wichtige Mann hatte sich leider trotzdem nicht blicken lassen. Aber vielleicht wäre das auch zu viel Glück auf einmal gewesen. Die Sache mit dem toten Unschuldigen und dann noch ein Vertragsabschluss? Man sollte dem wetterwendigen Schicksal nicht zu viel Sonne abverlangen, dachte Bonnhofen.
    Und nun ging das Handy, Bonnhofen nahm das Gespräch an, zwang sich zu einem Lächeln, welches man durchs Telefon noch hören sollte, damit der Mann an der anderen Seite der Leitung gleich dachte, alles sei in Ordnung und Bonnhofen in Bestform.
    »Herr Dr. Johannsen, wie schön, dass Sie anrufen!« Johannsen antwortete etwas, doch Bonnhofen konnte sich nicht so recht konzentrieren, da es an seiner Zimmertür klopfte, und zwar heftig. War vielleicht schon die Kutsche zum Flugplatz da und die Vermieterin wollte Bescheid geben? Beiläufig und ohne richtig hinzuschauen öffnete er die Tür. Sie sollte sehen, dass sie gerade störte:
    »Herr Dr. Johannsen, wie ist das Wetter in München?
    Hier auf Juist strahlt seit vier Tagen die Sonne, fast wie im Sommer, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie traumhaft idyllisch unser kleines Inselhuus im Frühling aussieht!«
    Und dann drehte er sich doch um, wollte ihr mit einem hektischen Zwinkern zu verstehen geben, dass er gleich so weit wäre, doch da stand nicht die Vermieterin mit einem Fuß im Zimmer, sondern die Kommissarin. Und zwar mit beiden Beinen. Und er wusste sofort, dass es aus und vorbei war. Er fluchte »Scheiße« in den Hörer und legte auf.

Montag, 22. März, 9.01 Uhr
    S o ein Gesicht. Selten hatte Wencke so ein erschrockenes Gesicht gesehen. Wie er da stand, dieser Tjark Bonnhofen, eben hatte er noch so überkandidelt mit einem Dr. Johannsen aus München telefoniert. Wencke kannte da einen Dr. Johannsen aus München. Er war Parteivorsitzender der »Deutsch-Traditionellen Brüderschaft«, einer politischen Vereinigung mit eindeutig nationalsozialistischer Prägung, die vor kurzem erst angekündigt hat, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl antreten wolle, und zwar als Parteienbund mit all den anderen rechten Vereinigungen. Und mit dem hatte Tjark Bonnhofen bis eben telefoniert. Das passte ja.
    Und nun stand er da und ließ die Schultern herabhängen, wie seine Mundwinkel auch.
    »Herr Tjark Bonnhofen, wir verhaften Sie wegen des dringenden Tatverdachts, dass Sie am Freitag, den 19. März 2004, gegen 22.15 Uhr die Schaufensterrückwand im Trödelladen in der Wilhelmstraße geschlossen haben, was für Kai Minnert tödliche Folgen hatte, da er aufgrund von Sauerstoffmangel am frühen Morgen des 20. März erstickt ist.«
    »Ich verstehe«, entgegnete Bonnhofen nur matt.
    »Ihre Rechte?«
    »Meine Rechte kenne ich.«
    »Wollen Sie einen Anwalt dazunehmen, bevor wir ein Gespräch zu diesem Tatverdacht führen?«
    Bonnhofen winkte ab. Entweder hatte er resigniert oder war sich seiner Sache noch zu sicher.
    »Wir haben eine Augenzeugin, die Sie dabei aus nächster Nähe beobachtet hat!«
    »Das kann nicht sein!«, gab Bonnhofen zurück. In diesem Moment erschien Astrid Kreuzfeldt in der Tür, begleitet von Sanders, der bis zu diesem Zeitpunkt laut Absprache im Pensionsflur warten sollte.
    »Ich habe diese Frau aber noch nie gesehen!«, murrte Bonnhofen.
    »Das kann schon sein, Bonnhofen, sie hatte sich auch zu diesem Zeitpunkt im Laden versteckt gehalten.«
    »Versteckt? Wo sollte man sich in diesem Kleinkram- Chaos verstecken? Es ist doch lächerlich, wenn Sie mich auf diese Weise überführen möchten. Mit billigen Tricks!« Bonnhofen schnaubte wie ein Pferd.
    »Tja, nun haben Sie sich aber genau bei diesem billigen Trick der Falschaussage überführt. Woher wissen Sie denn, wie es im Innern des Ladens ausgesehen hat? Laut Aussage haben Sie sich nie dort aufgehalten.« Wencke lächelte ihn an. Sie wusste, dass ihr Grinsen etwas zu breit und etwas zu gehässig für eine Kriminalkommissarin war. »Allerdings haben uns Ihre Fingerabdrücke bereits dasselbe verraten. Also ärgern Sie sich nicht über sich selbst!« Natürlich tat er es doch. Man konnte deutlich sehen, dass er versuchte, selbstbewusst zu wirken, während sich am Unterkiefer rote Flecken in Briefmarkengröße bildeten, schön verteilt den Hals hinab. Der Mann kochte vor Wut. Nun wandte Wencke sich an Astrid Kreuzfeldt. »Ist das der Mann, den Sie, während sie hinter der Tuba kauerten, beobachtet haben?«
    »Kein Zweifel!«, antwortete Astrid Kreuzfeldt. Sie war noch immer so blass, dass Wencke Sorge
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