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Das große Zeitabenteuer

Das große Zeitabenteuer

Titel: Das große Zeitabenteuer
Autoren: Keith Laumer
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mußte daran liegen, daß eben nicht jeder Traum perfekt war.
    »Bring den Wein«, befahl O'Leary ihm.
    Der Mann machte den Mund wieder zu, bückte sich und nahm eine staubige Flasche von einem Stapel am Boden, der aus festgestampftem Lehm zu bestehen schien. Eigentlich recht praktisch, überlegte Lafayette, verschütteter Schnaps konnte gleich darin versickern.
    Im Hintergrund wurde eine Stimme laut. Ein kräftig gebauter Mann erhob sich langsam, trat in den Gang hinaus, bewegte mächtige Schultern und schwankte weiter. Er hatte eine wilde rote Mähne, eine plattgedrückte Nase, ein entstelltes Ohr und riesige behaarte Fäuste, deren Daumen hinter den Strick gehakt waren, der ihm als Gürtel diente. O'Leary fielen gestreifte Strümpfe, geflickte Kniehosen, plumpe Sdiuhe und ein ehemals weißes Hemd mit offenem Kragen und weiten Ärmeln auf. Der Kerl trug ein dreißig Zentimeter langes Messer am Gürtel. Er blieb vor Lafayettes Tisch stehen, pflanzte sich breitbeinig auf und starrte auf ihn hinab.
    »Sieht nicht sehr stark aus«, verkündete er mit einem dumpfen Grollen.
    Lafayette betrachtete sein Gesicht, studierte die rotgeränderten Augen, die weiße Narbe auf der Backe, den massiven Unterkiefer, die aufgesprungenen Lippen und die Bartstoppeln. Er lächelte.
    »Ausgezeichnet«, sagte er und sah zu dem Barkeeper hinüber. »Bißchen dalli mit dem Wein!« rief er ihm zu. »Und bring mir ein Sandwich mit Huhn. Ich habe zum Abendessen nur ein paar Ölsardinen gehabt und bin hungrig.« Er lächelte seinen Tischgenossen aufmunternd zu, die daraufhin erschrocken zurückwichen. Der Rotschopf stand noch immer drohend vor ihm.
    »Nimm Platz«, forderte Lafayette ihn auf. »Wie steht's mit einem Sandwich?«
    Der andere kniff die Augen zusammen. »Mir kommt der Kerl irgendwie komisch vor«, stellte er fest.
    Lafayette grinste. »Los, setz dich endlich!« befahl er. »Ich möchte wissen, was du unter ›komisch‹ verstehst.«
    »Selber plemplem«, knurrte der Schwergewichtler und sah sich beifallheischend um.
    »Tz, tz, tz.« Lafayette schüttelte den Kopf. »Tu lieber, was ich sage, sonst verwandle ich dich in eine dicke Frau.«
    »Ha?« Der Rothaarige runzelte die Augenbrauen und öffnete den Mund, so daß gelbe Zähne sichtbar wurden.
    Der Wirt drängte sich nervös an ihm vorbei, stellte eine staubige Flasche auf den Tisch und legte ein Huhn ohne Teller daneben.
    »Macht eineinhalb Grüne«, murmelte er. Lafayette nahm sein Portemonnaie aus der Tasche und erinnerte sich daran, daß es nur einen Dollar enthielt. Hmm. Aber warum nicht statt dessen fünfzig Dollar? Er stellte sich einen knisternden neuen Geldschein vor. Und warum nicht gleich zehn oder fünfzehn mit etlichen Hundertern gemischt? Wenn er schon träumte, konnte er wenigstens großzügig träumen. Er runzelte die Stirn und konzentrierte sich…
    Ein leises plopl schreckte ihn wieder auf. Lafayette gewöhnte sich allmählich daran, denn es schien zu seiner Halluzination zu gehören. Er klappte das Portemonnaie auf, hörte die neuen Scheine knistern und zog einen mit großartiger Handbewegung heraus – wie bestellt ein Fünfziger.
    Aber die Aufschrift blieb ihm unverständlich, obwohl er die Wörter deutlich lesen konnte: »Königliches Schatzamt von Artesia«. Darunter war wie gewohnt Grant abgebildet – oder war das nicht Grant? Lafayette stellte verblüfft fest, daß er eine winzige Perücke und ein Spitzenjabot trug. Also doch nur Spielgeld. Aber welche Rolle spielte das schon? Er konnte es schließlich nicht mitnehmen, wenn er aufwachte.
    Der Barkeeper kratzte sich verlegen am Kopf, als O'Leary ihm den Schein gab. »Tut mir leid, aber ich kann keine fünfzig wechseln, Euer Lordschaft«, murmelte er heiser.
    »Du kannst es behalten«, antwortete Lafayette und drückte ihm das Geld in die Hand. »Sorg nur dafür, daß der Wein weiterhin fließt – und vielleicht bringst du ein paar Gläser.«
    Der Mann verschwand. Der Rothaarige stand noch immer an der gleichen Stelle.
    »Nimm Platz«, forderte Lafayette ihn auf. »Du versperrst mir die Sicht.«
    Der Riese sah sich um und drückte die Brust hinaus. »Der Rote Stier trinkt mit keinem Lackaffen«, verkündete er.
    »Oberleg es dir rechtzeitig«, warnte Lafayette und blies den Staub von einer grünen Flasche, die der Wirt eben auf den Tisch gestellt hatte, »sonst muß ich dich soweit verkleinern, daß ich über dich hinwegsehen kann.«
    Der Rothaarige kniff unsicher die Augen zusammen und senkte den Kopf.
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