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Das große Buch vom Räuber Grapsch

Das große Buch vom Räuber Grapsch

Titel: Das große Buch vom Räuber Grapsch
Autoren: Gudrun Pausewang
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ihren roten Locken in sein Nasenloch. Er musste niesen. Dieser Donner weckte Olli aus ihrer Ohnmacht. Vor Schreck stieß sie einen Schrei aus. „Gott sei Dank", sagte er und grinste übers ganze Gesicht. Vorsichtig trug er sie in die Höhle und setzte sie auf einen Stuhl. „Am besten, ich fass dich gar nicht mehr an", stammelte er. „Unsinn", ächzte sie. „Wir werden uns schon aneinander gewöhnen. Wir werden es schon irgendwie hinkriegen, dass wir zusammenpassen. Ach du liebes Riesenkerlchen, ich hab schon gedacht, ich kriege keinen Mann, weil ich so klein bin. Und jetzt hab ich so einen Brocken gefunden, der mich mag! Wir werden eine Familie gründen und so lange Kinder kriegen, bis alle zwölf Stühle voll sind!"
    Der Räuber machte runde Augen, dann begann er wieder zu grinsen.
    „Oh ja", nickte er, „lauter Räuberkinder. Alle Stühle voll. Fangen wir am besten gleich an."
    „Nein", rief sie energisch, „es muss alles seine Ordnung haben. Erst einmal muss dich meine Tante kennen lernen. Sonst würde sie mir ewig böse sein. Ich geh jetzt heim und sage ihr, dass ich dich heiraten will und dass du morgen um halb vier zum Kaffee kommst. Du darfst nur nicht sagen, dass du der Räuber Grapsch bist."
    „Was nutzt das?", fragte er trübe. „Sie wird mich sofort erkennen. Mein Steckbrief hängt ja überall."
    „Ach was", sagte sie. „Ich hab dich auch nicht erkannt. Außerdem ist meine Tante kurzsichtig."
    „Aber wenn mich ein Polizist zu sehen kriegt", schnaufte er, „gibt's eine Hätz."
    „Dann komm über die Felder", sagte sie. „Wir wohnen am Rand von Juckendorf. Wenn du dich gebückt anschleichst, sieht dich niemand. Das Korn steht schon hoch."
    „Und welches Haus ist es?"
    „Das, wo du gestern früh die drei Kaninchen gestohlen hast." Grapsch sah sie entgeistert an.
    „Ja", sagte sie lachend, „als ich gestern heimkam, jammerte mir meine Tante schon entgegen:,Stell dir vor, Olli, die Kaninchen sind uns geraubt worden!'"
    „Du hättest sie gebraten bekommen, wenn ich nicht wegen dir den Sack hätte loslassen müssen", sagte Grapsch und kratzte sich verlegen am Bauch.
    „Die bleibst du mir schuldig!", rief Olli, zog sich an seinem Bart empor und gab ihm einen dicken Kuss.
    „Also vor morgen graut mir", seufzte er. „Was soll ich sagen, wenn ich vor deiner Tante stehe? Und wie soll ich mich nennen?"
    „Denk dir einen hübschen Namen aus. Den wird die Tante sowieso wieder vergessen. Im Übrigen lass mich nur machen. Es wird schon alles klappen: Erst trinken wir gemütlich zusammen Kaffee. Dann sagst du der Tante, dass du mich heiraten willst. Dann heiraten wir und ziehen in den Wald. Und dann brauche ich keine Schweinerüssel mehr zu bemalen -"
    „- und die nächsten Hasen, die ich klaue, brauche ich nicht mehr allein zu essen -"
    „- und es wird ein herrliches Leben hier draußen sein!" Sie hüpfte aus seinem Bart und lief winkend davon. „Vorsicht - der Sumpf!", brüllte er. Im letzten Augenblick sprang sie zurück.

    „Bei der großen Eiche links abbiegen", rief er ihr nach. „Oder soll ich dich begleiten? Der Sumpf ist gefährlich. Du kennst den Geheimpfad noch nicht."
    „Bleib du nur hier", rief sie. „Ich bin ja so klein, dass ich nicht so schnell einsinke. Ich will den Weg allein gehen lernen. Tschüss, mein Schnuckenbetzerle!"
    Als sie zwischen den Stämmen verschwunden war, ließ er sich auf die Luftmatratze fallen, die davon mit einem lauten Knall platzte. Er blieb liegen und dachte an Olli. Von all dem, was er an diesem Tag erlebt hatte, war ihm ganz schwindlig geworden. Als es dann dämmrig wurde, kamen all die Fledermäuse, die Olli am Vormittag hinausgescheucht hatte, in die Höhle zurückgesegelt. Er sah ihnen zu.
    „Bleibt nur", sagte er. „Olli wohnt ja noch nicht hier. Ihr müsst sie verstehen: Sie ist eben für Sauberkeit. Später wird sich schon alles finden. Sie hat mich ,Schnuclcenbetzerle' genannt!"

Ein Räuber in der guten Stube

    Am nächsten Nachmittag schlich sich Grapsch an Tante Hedwigs Haus heran. Er fluchte, denn ihm taten von der Nacht auf der platten Luftmatratze noch alle Glieder weh. Außerdem war das Korn nicht so hoch, dass es sein rotes Hemd verdeckt hätte. Deshalb musste er auf allen vieren kriechen. Seiner Hose machte das nichts aus, aber seine Hände wurden schmutzig. Er ärgerte sich über sich selber, als er vor einem flüchtenden Reh erschrak: Seit seiner Kinderzeit hatte ihn nichts mehr erschreckt! Mitten im Feld stöberte ihn ein Hund
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