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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon
Autoren: Daniel G Keohane
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hoch, um die Augen vor der Hitze und dem Rauch zu bewahren.
    Schon bevor der Bischof um die Ecke in die nächste Kammer bog, spürte er ihre Macht. Ganz gleich wie oft und regelmäßig es ihn in jenen geheimen Raum zog, die kaum gedämpfte Macht Gottes – gleichermaßen herrlich und tödlich – erfüllte ihn jedes Mal mit Ehrfurcht. Doch er verlangsamte die Schritte nicht, das durfte er nicht. Seine nackten Füße klatschten über die Steinplatten, die er regelmäßig mit eigenen Händen säuberte und wusch.
    Die Reliquie vor ihm schien das Licht der Fackelflamme aufzusaugen, sich damit zu füllen und es hundertfach zurückzuwerfen. Georgios war überzeugt davon, dass dieser Effekt nicht nur durch den Widerschein der Goldverzierung hervorgerufen wurde. Er hatte viele Theorien darüber, weshalb diese Reliquie, so heilig und historisch bedeutsam sie offenkundig war, von sowohl Gott als auch Satan dermaßen begehrt wurde; warum er und tausende vor ihm ihr Leben der Geheimhaltung und dem Schutz dieses Gegenstands gewidmet hatten. Eines Tages musste er seine Theorien aufschreiben. Georgios verfluchte seine Nachlässigkeit. Vielleicht würde er den Tag nicht überleben und könnte nie wieder Einträge in sein Tagebuch schreiben.
    Nachdem der große Mann die Fackel in die nächstbeste Halterung gesteckt hatte, kletterte er auf die Plattform. Mittlerweile hörte er Stimmen hinter sich. Wie hatten die verfluchten Ritter die Kammer der Apostel so schnell gefunden? Die Geräusche brechenden Steins drangen zu ihm. Georgios stolperte, schloss die Augen und hätte beim Gedanken daran, was hinter der versiegelten Tür vor sich gehen mochte, am liebsten geweint.
    Der Lärm der Plünderung und Zerstörung verblasste unvermittelt unter einem geheimnisvollen Summen. Musik umgab ihn. Ein Sprechgesang. Nein, kein Sprechgesang, eine Hymne , ein Chor von Millionen Stimmen, die zu einer einzigen verschmolzen und anschließend wieder in Millionen zerfielen. Er sank auf ein Knie und wusste tief im Herzen, dass es Engelslaute waren, die von jenseits der Schwelle zum Himmelreich zu ihm hallten.
    Doch derlei Grübeleien mussten warten.
    Er schaute auf. Das Behältnis war für einen einzigen Mann zu groß, um es zu befördern, erst recht für ihn. Nachdem der Botenjunge ihn verlassen hatte, war Georgios klar geworden, dass er unvorbereitet überrascht worden war. Er betete, Gott möge jemanden senden, der ihm beim Tragen helfen würde, doch niemand könnte noch rechtzeitig eintreffen. Ihm blieb nur eine Möglichkeit, die er alleine bewältigen musste.
    Am Ende des Ganges krachte etwas gegen Stein. Er hörte Stimmen, mittlerweile lauter, und das Knirschen der verborgenen Steintür. Mit einem Knall schloss sie sich. Selbst diesen geheimsten aller Orte hatten sie mühelos gefunden. Sie würden nicht lange brauchen, um herauszufinden, wie man die Tür bediente, dann würden sie hereinstürmen.
    Georgios öffnete den Deckel des Behältnisses, schob ihn ein Stück beiseite und fasste mit steten Händen hinab. Er schloss die Finger um die heiligsten Gegenstände, die es gab. Der Bischof hob das Bündel heraus, drückte es an die Brust und spürte, wie dessen Macht ihn durchströmte. Dies war der Schlüssel. Ohne ihn würde die Himmelspforte dieser gewalttätigen, jämmerlichen Welt verschlossen bleiben.
    Vielleicht für immer.

Kapitel Eins
    Der Himmel über der Wüste schimmerte dunkelrot, fast bräunlich. Zum Horizont hin, wo der Sand in das Firmament überging, wurde er gelblich heller. Nathan wusste nicht, um welche Richtung es sich handelte, ob er Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang sah. Er betete, dass er gen Osten blickte, denn dadurch würden die schillernden Farben das Aufgehen der Sonne und damit den Trost eines neuen Tages verheißen.
    Rings um ihn erstreckte sich Wüste, so weit das Auge reichte, doch es war nicht heiß. Über dem Boden war kein Hitzeflimmern zu erkennen. Der Sand unter seinen Sportschuhen fühlte sich echt an, als er darin scharrte. Als er wieder aufschaute, verknotete sich sein Magen – eine dünne, saure Angst breitete sich in seinem Körper aus, ließ seine Arme und Beine sich bleischwer anfühlen.
    Wo sich zuvor endlos Sand vor ihm erstreckt hatte, erhob sich nun ein Gebäude. Selbst aus der Entfernung konnte er erkennen, dass es hoch aufragte, zwanzig, vielleicht dreißig Stockwerke. Wenngleich keine Merkmale von Geschossen oder Stockwerken gegeben waren. Es mochte eine Pyramide sein, die sich von einem breiten
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