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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab
Autoren: Will Adams
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Kopf weit in den Nacken legen, um nach Luft zu ringen. Knox tauchte unter, um ihre Fesseln zu lösen, doch der Knoten hatte sich durch die Feuchtigkeit festgezogen. Permanent stieg der Wasserpegel, bis nur noch ihre Nasenlöcher hervorschauten. Verzweifelt mühte sich Knox mit dem Seil ab, ehe er es endlich so weit gelockert hatte, dass er eine Fingerspitze hindurchschieben konnte, dann den ganzen Finger, und plötzlich war der Knoten auf. Gailles Hand war frei. Sie drehten beide um und schwammen zur Öffnung des Containers, tauchten gemeinsam auf, schnappten gierig nach Luft und schauten zu, wie aus dem Container die letzten Luftblasen stiegen und er dann im Kanal versank.
    Eine Reihe von Männern mit erhobenen Gewehren säumte die Hafenmauer. Davor stand Nessim und zeigte auf eine Treppe, die aus dem Kanal führte. Die Kraft, die Knox die ganze Zeit angetrieben hatte, verließ ihn jetzt. Er wusste genau, dass es für ihn vorbei war. Er konnte nur noch hoffen, dass Gaille davonkam. Erschöpft schwamm er zu den Stufen und half ihr aus dem Wasser. Sie nahm seine Hand. Er wollte sie ihr entziehen, um sie aus der Sache herauszuhalten, aber sie merkte, was er vorhatte, und ließ ihn nicht los. Schweigend stiegen sie zusammen die Stufen hinauf, einander an den Händen haltend, um sich gegenseitig Mut zu machen.
    «Kommt mit», befahl Nessim.
    Knox’ Bein hatte wieder zu bluten begonnen. Es schmerzte so sehr, dass er humpeln musste. Hassans Männer zogen Leichen aus den Geländewagen. Als eine Tür aufsprang und Vasileios’ Kopf herausfiel, krachte seine Kalaschnikow auf den Boden. Die Nerven lagen so blank, dass die Ägypter sofort ihre Waffen zückten und entsicherten. Dann erkannten sie, dass keine Gefahr bestand, jemand riss einen Witz, und alle lachten erleichtert. In seinen tropfnassen Sachen begann Knox zu frieren. Er legte einen Arm um Gailles Schultern, drückte sie an sich und küsste sie auf die Schläfe. Tapfer lächelte sie ihn an. Durch das Brackwasser des Kanals quollen Tränen aus seinen Augen und liefen die Wangen hinab. Er wischte sie weg. Die ganze Zeit musste er an den Moment denken, als Nicolas erst gezuckt hatte und dann gestorben war, an die Pforte zwischen Leben und Tod, vor der sie nun selbst standen. Trotz seiner Angst verspürte er nicht das Bedürfnis davonzulaufen. Sein Schicksal lag nun nicht mehr in seiner Hand. Nessim führte sie in ein tristes Büro mit einem riesigen, ausgestopften Fisch in einem Glaskasten und alten Schaubildern von Süß- und Salzwasserfischen an den Wänden. Er verschwand einen Augenblick und kehrte mit zwei schmutzigen Handtüchern zurück, die er ihnen hinwarf. Sie trockneten ihre Gesichter und Arme ab. Knox setzte sich hin und band das Handtuch um sein Bein. «Und jetzt?», fragte er.
    «Wir warten», sagte Nessim.
    «Worauf?»
    «Herr Al Assyuti war in Scharm, als du angerufen hast. Er wird jeden Moment hier sein.»
    «Die Frau hat nichts damit zu tun», sagte Knox. «Lass sie gehen.»
    «Wir warten auf Herrn Al Assyuti», sagte Nessim.
    «Bitte», sagte Knox. «In Tanta habe ich dich und deine Männer gehen lassen. Du schuldest mir etwas. Lass sie gehen.»
    Aber Nessim schüttelte nur den Kopf. Knox schloss die Augen. Er war müde und hatte Angst. Außerdem machte es ihn rasend, dass gerade Al Assyuti einen Nutzen aus dieser Sache ziehen würde. Es dürfte ihm keine Probleme bereiten, den Sarkophag aus dem verdreckten Kanal zu bergen, und sobald das geschehen war, würde er bestimmt die Edelsteine abbrechen und das Gold einschmelzen und damit einen der größten Funde der modernen Archäologie für immer zerstören. Wer wusste schon, ob er sich nicht auch den restlichen Schatz von Siwa unter den Nagel reißen würde. Er oder Yusuf Abbas oder beide zusammen. Bei dem Gedanken, wie diese korrupten Männer einen so kostbaren Fund unter sich aufteilten, wurde ihm schlecht. Sein ganzes Leben hatte Knox nach solchen Artefakten gesucht, und zwar nicht aufgrund ihres materiellen Wertes, sondern wegen der Erkenntnisse, die man aus ihnen gewann. Doch indem er erst den Gordischen Knoten durchtrennt und dann den Sattelschlepper im Kanal versenkt hatte, hatte er eine aktive Rolle bei der Plünderung gespielt, und das nur, um sich und Gaille aus einer Situation zu retten, in der es eigentlich keine Rettung mehr gab. Und es hatte nicht einmal funktioniert. Doch als er sie neben sich sitzen sah, spürte er einen gewissen Frieden. Im Grunde war ihm völlig klar, dass er nicht
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