Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Tag durchzustehen. Sie spannten eine Plane vom Verschlag bis zum Motorkasten, hockten sich darunter und spielten mit Karten, Dominosteinen oder dösten einfach vor sich hin. Die Frauen wuschen im Meer die Wäsche und hängten sie an Leinen auf. Wie bunte Wimpel flatterte die Wäsche fröhlich im Wind.
    Gegen Mittag schrie Cuong plötzlich auf, sprang auf den Motorkasten und fuchtelte mit beiden Armen durch die Luft. »Ein Schiff!« brüllte er. »Da ist ein Schiff! Ein großes Schiff. Es kommt auf uns zu! Seht doch, seht doch … ein richtiges Schiff!«
    Ein wildes Gedränge entstand. Alles stürzte zur Backbordseite, das Boot begann, gefährlich zu schaukeln und sich auf die Seite zu legen. Xuong schrie: »Zurück! Zurück! Wir kippen doch um! Seid ihr verrückt geworden?! Jeder auf seinen Platz! Verteilt euch!« Aber es dauerte eine Weile, bis sie die Gefahr begriffen. Erst als ein paar Wellen ins Boot schlugen, wurden sie vernünftig und kehrten auf ihre Plätze zurück. Nach einem wilden Schaukeln lag das Boot wieder flach auf dem Wasser.
    Cuong starrte noch immer auf das Schiff. Für ihn war es, als schwimme das Paradies auf ihn zu. Sie waren gerettet, es gab keine Nachtfahrt mehr, keine Ungewißheit, keine Angst vor den Piraten … das Leben kam ihnen entgegen.
    »Es ist ein Containerschiff«, sagte Xuong zufrieden.
    Es kam schnell näher, man konnte schon deutlich die Aufbauten sehen, den langen Rumpf mit den gestapelten Containern, den weiß lackierten Block mit den Kabinen, die Brücke, die großen Kräne und das Radar. Aus dem Schornstein quoll der Rauch der Dieselmaschinen.
    »Macht die Raketen fertig!« rief Xuong und löste die wasserdichte Plane von dem Raketenwerfer neben dem Motorkasten. Er hatte viel Geld gekostet, genau 300 Dong. Aber Xuong hatte gesagt, daß eine einfache Pistolenrakete nicht weit zu sehen sei. Doch so eine dicke Rakete, sogar mit einem Fallschirm, konnte nicht übersehen werden. Eine rote, strahlende Leuchtkugel, die am Himmel hing und langsam herabsank. Die 300 Dong waren gut angelegt!
    Die Kiste mit den Raketen wanderte von Hand zu Hand vom Verschlag bis zu Xuong. Er öffnete den Kippverschluß, steckte eine der Raketen ins Rohr und drückte auf den Auslöser.
    Es geschah nichts. Kein Knall, kein Emporzischen, kein rotes Licht, kein sich entfaltender Fallschirm … die dicke Hülse blieb im Abschußrohr sitzen. Xuong griff hinein, holte die Rakete heraus und sah, daß sie naß war. Mit zitternden Händen hob er eine Rakete nach der anderen aus der Kiste, warf sie mit Flüchen auf den Boden und fand endlich eine Hülse, die aussah, als könne sie gezündet werden.
    Das Schiff war jetzt lang vor ihnen, ein Riesenschiff. »Das sind 20.000 Tonnen und mehr!« schrie Cuong und begann mit beiden Armen zu winken. »Sie müssen uns schon sehen. Winken! Alle winken! Die Wäsche von den Leinen und winken! Xuong, was ist mit deinen verdammten Raketen?«
    »Jemand hat Wasser über die Kiste geschüttet!« schrie Xuong zurück. »Aber jetzt habe ich eine, die zünden wird.« Es gab einen dumpfen Knall. Die Rakete fuhr aus dem Abschußrohr und stieg zischend in den Himmel. Dann platzte sie, eine weithin leuchtende rote Kugel wurde frei und schwebte an einem Fallschirm träge zum Meer zurück.
    »Das sehen sie!« brüllte Cuong und schlug sich mit beiden Fäusten vor Freude an die Brust. »Das sehen sie! Wir sind gerettet! Wir sind gerettet!«
    Alle auf dem Boot begannen zu schreien, zu winken, schwenkten Tücher und Wäschestücke, einige Frauen weinten vor Freude, hielten ihre kleinen Kinder hoch und zeigten ihnen das große, herrliche Schiff.
    Xuong lehnte am Motorkasten und wartete auf ein Zeichen. Nach einem roten Notsignal muß eine Antwort kommen. Entweder eine weiße Rakete oder das Heulen der Schiffssirene. Gleichzeitig würden die Maschinen gestoppt werden, und wenn solch ein Riesenschiff mit seinen Tausenden Tonnen Gewicht auch zunächst weiterglitt, ehe es anhielt – man würde sehen, daß dort alles für die Rettungsaktion vorbereitet wurde.
    »Den Anker einholen!« schrie Cuong und warf die Maschine an. »In einer halben Stunde sind wir dort drüben an Bord! Wir haben es geschafft!« Kaum war der Treibanker eingeholt, ließ er den Motor aufheulen und fuhr auf den Containerfrachter zu.
    Das Schiff aber stoppte nicht. Mit unverminderter Geschwindigkeit durchpflügte es das Meer, ja, es änderte sogar den Kurs und fuhr in einem Bogen von dem kleinen Boot davon.
    Xuong stand neben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher