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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Einzelheiten bestätigt. Immer wieder hatten sie ihn während
der Fahrt in die Zange genommen.
    Er überlegte, was sie mit ihm
machen würden. Er hatte in den vergangenen zwölf Jahren zu viel erlebt, um sich
sonderlich darüber aufzuregen. Der Gedanke an seine Mutter regte ihn mehr auf.
Er versuchte, sich ihr Gesicht vorzustellen, wenn sie heute früh in sein Zimmer
trat. Das leere, unbenutzte Bett, der unausgepackte Koffer. Rossana würde
sagen, daß der Signore das Haus verlassen habe. Mit einem Mädchen. Mitten in
der Nacht. Es war klar, was Mutter denken würde. Er hat sich nicht geändert,
würde sie denken. Wieder eine Weibergeschichte. Er wälzte sich unruhig von
einer Seite auf die andere. Wenn er wenigstens eine Zigarette gehabt hätte.
Schließlich glitt er in einen schweren, dumpfen Schlaf.
    Er erwachte durch das Knarren
der Tür. Eine Taschenlampe blendete ihm ins Gesicht. Der Heisere stand vor ihm.
»Ausgeschlafen?« röchelte er. Er nahm eine Glühbirne aus der Tasche und
schraubte sie in die leere Fassung an der Decke. Als das Licht aufflammte,
betrat der zweite Mann den Raum. Er trug einen hellen Trenchcoat. Sein Gesicht
war hager und hatte die Farbe von kaltem Hammeltalg. Er lehnte sich mit dem
Rücken an die Wand und rauchte schweigend.
    Der ist nun völlig humorlos,
dachte Philipp, sieht aus wie ein Profi, könnte von drüben sein. Er war
plötzlich hellwach und nicht mehr so gleichgültig wie vorher. Es hing alles
davon ab, sich nicht einschüchtern zu lassen. »Für Kerle, die mit Blüten
handeln«, sagte er, »ist diese Bude verdammt trostlos.«
    »Es gibt trostlosere Orte«,
sagte der Heisere sanft, »viel trostlosere, stimmt’s, Petar?« Er war ein
einziges Muskelpaket. Unter den Ärmeln seines Jacketts zeichneten sich große
Schweißränder ab. Seine kleinen Schweinsaugen blickten fast zärtlich auf
Philipp.
    Petar antwortete nicht. Er ging
auf das Fenster zu und nahm etwas vom Fensterbrett. Es war der Tintenstift, den
Philipp vorhin dort liegen gelassen hatte. Erbetrachtete ihn interessiert. Er
wandte sich an den Heiseren und sagte: »Filz ihn.« Der Heisere leerte
fachmännisch Philipps Taschen und baute den Inhalt auf dem wurmstichigen Tisch
auf. Petar suchte sich den Notizkalender heraus und blätterte Seite für Seite
durch. »Drei Dutzend Adressen von Weibern«, sagte er, »großen Respekt!«
    »Ich hatte in den Staaten einen
Callring«, meinte Philipp leichthin. »Vierzig Ponys liefen für mich.«
    »Fünf Uhr vierundzwanzig Güterzug«,
las Petar holprig, »drei Uhr zwanzig eine Lok, ein Uhr dreißig vermutlich
D-Zug.« Auf seinem Pokergesicht zeigte sich unverhohlene Hochachtung, als er
sagte: »Bist särr klug, Kamerad.«
    »Was ist?« fragte der Heisere,
der eine längere Leitung hatte.
    Petar warf Philipp sein
Zigarettenetui zu und gab ihm Feuer. Er hätte sich ohrfeigen können wegen des
Tintenstifts, und er bewunderte gleichzeitig den Scharfsinn des Mannes im
Trenchcoat.
    Petar lehnte sich wieder mit
dem Rücken an die Wand und sagte mit monotoner Stimme: »Wir haben
herumgehorcht. Du bist von drüben gekommen, hast bestimmt Krummes gemacht. Du
hast zwei Möglichkeiten. Entweder du machst bei uns mit oder...«
    Der Heisere nahm die
Fünfundvierziger aus dem Schulterhalfter. Er hauchte auf den bläulich
schimmernden Lauf und polierte ihn liebevoll mit dem Handrücken. Das ist das
»Oder«, dachte Philipp und starrte auf die Kanone. Er stieß dem Heiseren den
Rauch seiner Zigarette ins Gesicht und sagte: »Es gibt noch eine dritte
Möglichkeit: ihr laßt mich laufen— und ich habe euch zwei Minuten später
vergessen. Für immer!«
    Der Heisere fächelte sich den
Rauch vom Gesicht und lachte herzlich, als habe er noch nie einen so guten Witz
gehört. Er ließ spielerisch das Magazin aus der 45er schnellen. Er sagte: »Zwei
Tage später werden wir dir wieder einfallen.« Er gab Phil den Notizkalender
zurück. »Schließlich bist zu särr klugg, zu klugg.« Er grinste Philipp von der
Seite an und sagte: »Im Keller dieser Bude ist ein Gully und eine Eismaschine.
Der Gully führt direkt in den Rhein. Die Eisblöcke, die die Maschine
produziert, wiegen genau vierzig Pfund. Man kettet zwei Blöcke an einen
Menschen und wirft ihn in den Abfluß. Die Blöcke schmelzen, die Ketten sinken
auf den Grund, und der Mensch taucht auf. Er ist beim Baden ertrunken.«
    »Rhein ist särr gefährlich«,
sagte Petar traurig.
    Philipp spürte, wie ihm der
Schweiß den Rücken hinunterrann. Der Mann
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