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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
Autoren: S. Fischer-Fabian
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etwas weiß eine Frau, und
außerdem...«— sie zögerte— »außerdem war Friedrich Werner zu einem gewissen
Zeitpunkt in Bad Kissingen. Wegen seiner Blase.«
    Philipp wandte sich ab. Er
öffnete das Fenster und schaute auf den Fluß. Ein Dampfer glitt vorbei. Die
Klänge der Bordkapelle wehten herüber. Plötzlich schüttelte es ihn. Er biß sich
auf die Lippen. Aber es half nichts. Er prustete los. Er lachte, stöhnte vor
Lachen.
    Elisabeth Engel war
aufgesprungen und hatte das Licht angeknipst. »Was hast du, Phipps?«
    »Entschuldige, Mutter, aber es
kommt nicht so häufig vor, daß man einen neuen Vater kriegt.« Er zündete sich
eine Zigarette an. »So, und jetzt möchte ich noch einmal fragen: wer war er?«
    »Er war zehn Jahre älter als
ich. Er hat hier studiert. Kunstgeschichte, Medizin, Jura. Von jedem etwas. Es
war wohl mehr eine Art Zeitvertreib für ihn. Er war sehr reich.« Sie ging an
den riesigen Schreibtisch. Ihre Hand fuhr unter die Tischplatte. Eine winzige
Schublade sprang heraus. Das gute alte Geheimfach funktionierte noch. »Hier ist
ein Foto. Es ist nicht sehr gut. Er ist der dritte von links.«
    Philipp nahm ihr die Fotografie
aus der Hand. Sie zeigte eine Tischrunde im Studentenlokal »Roter Ochse«. Sein
Vater hielt ein Methorn in der Hand und starrte mit weit aufgerissenen Augen in
das Blitzlicht des Fotografen. Er wirkte nicht gerade überwältigend, aber die
Ähnlichkeit war trotzdem erkennbar. Er drehte das Foto herum und las: Vergiß
mich nicht! Dein Marcel. Er fragte seine Mutter: »Hat er dich vergessen?
Ich meine, war er noch hier, als ich... als sein Sohn kam?« Er stotterte
beinah.
    »Er war in Paris. Er schrieb
mir, daß ihn meine Nachricht zum glücklichsten Menschen der Welt mache und daß
er für alles aufkommen werde. Ich habe aber nichts gewollt. Es wäre auch zu
gefährlich gewesen, wegen Vater.«
    »Wegen Vater Numero eins,
meinst du. Vater Numero zwei war deine Bescheidenheit bestimmt sehr angenehm.«
    »Du wirst gleich anders von ihm
denken, Philipp.« Sie schenkte ihm ein Zwetschgenwasser ein. »Ein Jahr später
bekam ich ein versiegeltes Päckchen. Wir schrieben uns postlagernd. Das
Päckchen enthielt einen kleinen Schlüssel. Marcel teilte mir mit, daß er durch
den Tod eines Onkels zu einem riesigen Vermögen gekommen sei. Die Hälfte davon
habe er für dich im Safe einer Schweizer Bank deponiert.«
    »Das klingt sehr nach
Münchhausen«, sagte Philipp skeptisch.
    »Außer dem Schlüssel«, fuhr
seine Mutter unbeirrt und mit erhobener Stimme fort, »lag die Kopie des
Tresormietvertrages dabei und eine Vollmacht. Die Vollmacht besagte, daß du mit
Vollendung des 21. Lebensjahres Zutritt zum Tresor hast.«
    Philipp war jetzt hellwach.
»Kann ich die Vollmacht mal sehen, Mutter?«
    Sie erhob sich aus ihrem Sessel
und setzte sich neben ihn. »Philipp, vor dieser Frage habe ich mich
gefürchtet«, sagte sie leise. »Ich habe das Falsche getan, weil ich das
Richtige tun wollte. Ich habe die Schlüssel, die Vollmacht und Marcels Briefe
in einen Koffer getan und nach Pommern geschickt. Zu Tante Janni. Das war
1940.« Sie sah ihn schuldbewußt an.
    »Und wenn sie nicht gestorben
sind, dann liegen sie da heute noch«, sagte Philipp. Er stieß nachdenklich den
Rauch seiner Zigarette aus. »Ein neuer Vater und die Hälfte eines
Riesenvermögens. Allerhand für den ersten Abend. Und warum hast du mir das die
ganze Zeit vorenthalten, Mutter?«
    »Solange Vater, das heißt
Friedrich Werner, lebte, wollte ich nicht...«
    »Verstehe«, sagte er. Und dann
sagte er eine ganze Weile gar nichts. Er dachte nach. Das Vermögen befand sich
auf einer Schweizer Bank und war deshalb nicht abgewertet worden. Bei einem
»Riesenvermögen« könnte man mit mindestens zwei Millionen Fränkli rechnen.
Demnach wäre er, Philipp P. Engel, Millionär. Gar kein übler Gedanke. Wenn...
ja, wenn es gelänge, Vater aufzuspüren. Mutter hatte von ihm nichts mehr gehört.
Seine beiden Briefe hatten den Absender eines Pariser Hotels getragen. Aber es
gab ja Adreßbücher. Und so etwas wie einen französischen Gotha. Es dürfte also
gar nicht so schwierig sein...
    Sie schien seine Gedanken
wieder erraten zu haben. »Wir wollen es vergessen, Phipps. Es sollte eben so
sein, mit dem Koffer. Glaub mir, so etwas bringt doch keinen Segen.«
    Er schaute sie an: »Wolltest du
nicht die Pension ausbauen? In jedem Zimmer ein Bad einrichten und das
Frühstückszimmer verglasen?«
    »Ach, das ist mir
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