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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago
Autoren: Gisbert Haefs
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begonnen hatte, beschrieb Bomilkar den anderen den Weg zum Grundstück des toten Schreibers.
    »Ich komme gleich nach. Nein, nicht warten, keine Rücksicht; es könnte eilig sein.«
    Laetilius hatte die Zügel seines Pferds Duush übergeben, der es neben sich führen und später mit den anderen zur Festung bringen sollte. Er deutete auf den dickbauchigen Frachtsegler, der offenbar zum Auslaufen bereit war und nur noch auf ihn wartete. Jedenfalls waren dort keine sichtbaren Vorbereitungen mehr im Gange. Ein glatzköpfiger Riese, der auf dem erhöhten Achterdeck stand, hatte den Römer erblickt und winkte.
    »Keine Fragen«, sagte Bomilkar. »Außer einer.«

    Laetilius nickte. »Ich weiß. Du hast gesehen, in Magos Schänke, daß man einen Mann sehr wohl mit einem kurzen Schwert enthaupten kann, nicht wahr? Ich habe Qadhir nicht getötet.«
    Bomilkar wartete.
    Der Römer sah ihm in die Augen. »Du kannst mir ja schreiben, wie alles am Ende aussieht«, sagte er spöttisch. »Ah, und entbiete dem großen Hanno meine Grüße, wenn du zu ihm gehst.«
    Bomilkar schwieg noch immer.
    »Was ich getan habe«, sagte Laetilius, plötzlich ernst, »diente vier Zielen. Den Mord zu klären; Karthago zu schaden; die beiden Frauen zu schützen; und dein Leben zu erhalten. Das ist die Wahrheit.« Er ergriff Bomilkars Oberarme; fast bittend sagte er: »Kein Wort, alter Feind?«
    Bomilkar seufzte leise. »Was soll ich sagen? Ich versuche, dir zu glauben. Leb wohl… Titus.«
     
    Sie kamen zu spät. Im kleinen Holzhaus des Schreibers, das durchwühlt und halb zertrümmert war, fanden sie ein Loch unter der Kochstelle, wo jemand die Asche beiseite gekehrt und gegraben hatte. Das Loch war groß genug, um einen Topf aufzunehmen. Einen Topf, der Papyros vor der Feuchtigkeit des Bodens schützen und vielleicht Münzen oder andere Gegenstände hatte aufnehmen können.
    Schweigend, niedergeschlagen gingen sie zu den Pferden. Bomilkar wandte sich noch einmal um, zu einem letzten Blick über den verwilderten Garten des Schreibers. Jenseits des Zauns, hinter dem der weitläufige, ordentliche Garten – fast ein Feld – des Nachbarn lag, eines alten Mark-tgärtners, sah er eine Bewegung.
    »Wartet noch ein wenig«, sagte er; die anderen sahen ihn verwundert an. »Ich bin gleich wieder da.«
    Er ging über den Karrenweg zum Gittertor des Nachbarn, öffnete es, trat ein und näherte sich dem Zaun. Der alte Mann rutschte dort auf Knien zwischen den Pflanzen
herum und zog Unkraut aus dem Boden. Er sah auf, als Bomilkar näherkam.
    »Nicht auf dem Markt?«
    Der Alte grinste und entblößte ein paar vereinzelte, verfärbte Zähne. »Ah, das machen die Kinder. Ich bin zu alt zum Feilschen. Er erhob sich mühevoll. »Du bist Bomilkar der Wächter. Ich habe dich vor langer Zeit bei Hamilkar gesehen, nebenan.«
    »Hamilkar ist tot«, sagte Bomilkar.
    »Ah. Ein Jammer, oder auch nicht. Was geschieht mit dem Grundstück? Ich will es ihm schon lange abkaufen.«
    »Ich weiß es nicht. Ich will mich umhören. Hörst du dich auch gelegentlich um? Du lebst doch hier, oder?«
    Der Alte wies auf das hellgestrichene Holzhaus unter Bäumen, zwei Dutzend Schritte entfernt. »Da lebe und schlafe ich. Meinst du den Lärm letzte Nacht?«
    »Wann genau?«
    Der Gärtner zog den Inhalt seiner Nase hoch und spuckte aus. »Nach Mitternacht, irgendwann. Lärm und Gewühl, als ob jemand die Bruchbude auseinandernimmt. Kein Schaden, nebenbei.«
    »Und du bist nicht hingegangen?«
    »Soll ich mich einmischen, wenn es so klingt, als ob da mehrere kräftige Männer zugange wären? Ha.«
    »Und du hast nichts gehört oder gesehen?«
    »Zum Sehen war es zu dunkel; kommt nachts vor. Gehört?« Er überlegte. »Doch, ja. Als sie fertig waren. Die hatten Pferde, übrigens. Als sie fertig waren und zu den Pferden gegangen sind, hat einer gesagt: ›Hanno wird zufrieden sein.‹«

14. KAPITEL
    Q arthalo legte die Leitung der Fünf-Herren für Ordnung nieder, übergab sie einem Parteifreund, der noch vom Rat bestätigt werden mußte. Als Gründe nannte man Überarbeitung und Schlafstörungen. Bomilkar erfuhr dies, als er zwei Tage geruht hatte und wieder zu den Wachstuben kam, immer noch leicht hinkend, aber insgesamt beinahe erholt.
    Autolykos hatte die dringenderen Dinge getan; da nichts zu entscheiden oder zu veranlassen war, nahm Bomilkar den immer noch unangetasteten Beutel mit den sechshundert shiqlu und begab sich zu Magos Schänke.
    Aber Mago war nicht da – »auf dem Markt,
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