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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago
Autoren: Gisbert Haefs
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Balken überdacht war. Der erste Raum dahinter war dunkel. Ein Schimmer, der aus einem anderen Raum in den Gang fiel, erleichterte das Gehen. Der Mann, der ihn führte, klopfte zweimal kurz und zweimal lang, dann öffnete er die Tür.
    Boshmun, Herr der Rennpferde und Rennkamele, saß auf einem Tisch und blickte ihnen entgegen. Unter seinen baumelnden Beinen lag Daniel, gefesselt und geknebelt. In den Ecken lehnten zwei Bewaffnete, ohne Schleier. Ein großes Öllicht neben Boshmun flackerte im Luftzug von der offenen Tür und ließ wüste Schatten tanzen.
    »Nicht sehr überraschend«, sagte Bomilkar. Er trat ins Zimmer; der Mann, der ihn hergebracht hatte, schloß die Tür hinter sich. Von außen.
    »Ehe wir weitermachen, eine Frage.« Bomilkar verschränkte die Arme. »Hast du Kaninchen?«
    Boshmun grinste kurz. »Ich züchte sie; ich will Kaninchenrennen veranstalten. Alles, worauf man wetten kann. Einige fehlen – wie du weißt.« Er wurde ernst. »Ein albernes Spiel ohne Bedeutung, zur Ablenkung. Laß uns über dich und den Juden hier reden.«
    »Da gibt es nicht viel zu reden. Mach ihn los und laß uns gehen.«
    »Nicht so schnell.« Boshmun schüttelte den Kopf; seine Miene drückte Trauer angesichts überwältigender Begriffsstutzigkeit aus. »Es gibt einiges zu klären.«
    Bomilkar schwieg. Er blickte Boshmun an, dann schaute er hinab zu Daniel, der die Augenbrauen hob und senkte, hob und senkte. Vermutlich wollte er etwas damit sagen, aber Bomilkar war außerstande, es zu erraten.
    »Ich könnte eure Leichen hier liegenlassen und verschwinden. « Boshmuns Stimme war kühl und unaufgeregt ; er hätte auch über das Wetter sprechen können.

    »Könntest du. Um einen gewissen Preis, der dir zu hoch sein dürfte.«
    Boshmun nickte. »Ich weiß. Deine Leute werden nicht lange brauchen, um zu wissen, daß ich damit zu tun habe. Dann werden sie ein Gesetz suchen und finden, um mich zu pieksen.«
    »Sie werden kein Gesetz suchen und nicht pieksen«, sagte Bomilkar ohne besonderen Nachdruck. »Sie werden einen Krieg ohne Gesetze führen, bis keiner deiner Männer mehr lebt und Boshmuns Name verflogen ist, wie ein schlechter Geruch verfliegt. Fünf Leute hast du heute schon verloren.«
    Einer der Bewaffneten verzog das Gesicht und blickte auf den Rücken seines Herrn. Boshmun hob die Schultern.
    »So etwas kommt vor – bedauerlicherweise. Ich …«
    Er unterbrach sich; der Verschleierte trat ein, ging zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr. Boshmun nickte und wies auf die Tür. Als der Mann sie wieder hinter sich geschlossen hatte, blickte der Herr der Pferde Bomilkar an, mit einem schiefen Grinsen.
    »Deine Männer kommen über die Dächer näher. Was ich erwartet hatte. Es wird ihnen nicht helfen; dir auch nicht. Das Haus ist oben zugemauert, vorn auch. Es gibt nur zwei Ausgänge – nach hinten, wo du hereingekommen bist, und nach unten. Beide sind gut bewacht. Also reden wir von dir und Daniel.«
    »Was willst du?«
    Boshmun deutete mit der Fußspitze auf den Gefesselten. »Er hatte sich zwischen Tigalits gewaltigen Schenkeln verkrochen. Als sie heute abend zu Mago ging, haben meine Leute zugeschlagen. Damit wir etwas in der Hand haben. Was ich gegen Zusagen einhandeln möchte.«
    »Was willst du? Zum zweiten Mal.«
    »Ungestörte Geschäfte. Sicheres Leben – soweit es dich betrifft.«
    Bomilkar erlaubte sich ein halbes Lächeln. »So, wie du lebst, kann ich deine Sicherheit nicht versprechen.«

    Boshmun winkte ab. »Ich rede nicht von meiner Lebensführung, sondern von deiner Amtsführung. Ich will das Geld haben, das … also, meinen Teil an dem Geld, das Hiyarbal verliert. Ich will deine Zusage, daß mein Teil an dem beendeten Spiel nicht weiter untersucht wird. Kurz: Rückkehr zum ruhigen Zustand der Dinge.«
    »Und dafür läßt du Daniel frei?«
    »Daniel. Und dich.«
    »Wer sagt dir, daß ich mich an Absprachen halte?«
    »Du bist verletzlich. Wie jeder Mann, der eine schöne Freundin hat. Ihre Werkstatt könnte geplündert werden. Ihr Gesicht läßt sich durch Schnitte verändern. Ihr Leben ist nicht dauerhafter als das jedes anderen, an dessen Kehle eine Klinge liegt. Es gibt Giftschlangen, die deine Wachstube besuchen könnten. Denk dir etwas aus.«
    »Mein Tod würde die Dinge für dich vereinfachen.«
    »Das haben wir versucht. Wir können es jeden Tag neu versuchen, aber ich zöge es vor, friedlich …«
    Irgendwo im Haus ertönte ein Schrei, ein Krachen, noch ein Schrei, das Klirren von Waffen.
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