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Das Gold des Gladiators

Das Gold des Gladiators

Titel: Das Gold des Gladiators
Autoren: Andrea Schacht
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in die kühle Nachtluft hinaus. Sie hatten eine Handlaterne dabei, um ihren Weg nach Hause zu finden.
    »Globulus wird wissen, was er von der Sache zu halten hat.«
    »Mhm!« Ingwar war noch immer unzufrieden. »Vater, darf ich morgen zu den Spielen gehen? Wir haben nur vormittags Unterricht, und in der Therme wird wegen der Kämpfe nicht viel los sein.«
    »Nein, filius.«
    Berengar war zwar ein sanfter Mann, der Streit und Auseinandersetzungen nicht litt, aber von seinem Sohn verlangte er strikten Gehorsam. Und so musste er doch tatsächlich die Stirn runzeln, als Ingwar hartnäckig nachfragte: »Warum nicht, Vater? Noch nie durfte ich in das Theater. Ich bin doch kein kleines Kind mehr. Octavius und Sextus waren schon zwei Mal dort.«
    Berengars Stimme klang noch immer nachsichtig. »Ist das ein Grund, warum du es auch tun muss?«
    »Alle gehen hin!«
    Dieses schlagende Argument verfehlte bedauerlicherweise seine Wirkung. Es führte sogar dazu, dass Berengar seinen Sohn nun recht unwillig anschaute. Dann aber nickte er und ließ sich zu einer Erklärung herab. »Ich halte sehr viel von der Art, wie im römischen Staat für Recht und Ordnung gesorgt wird, und sicher verdienen Verbrecher ihre gerechte Strafe. Dennoch lehne ich es ab, zuzuschauen, wie sich Menschen gezwungenermaßen gegenseitig abschlachten müssen oder wehrlos den wilden Tieren ausgeliefert werden. Auch wenn ›alle‹ sich das ansehen.«
    »Aber Globulus ist ein berühmter Fechter. Er ist kein Verbrecher, der hingerichtet wird.«
    »Bevor die ausgebildeten Gladiatoren kämpfen, Ingwar, gibt es unzählige Hinrichtungen. Du bleibst ihnen fern!«
    Ingwar knirschte mit den Zähnen. Die freundliche Erklärung konnte er nicht gelten lassen, und in seinem Zorn ließ er sich zu einer außerordentlichen Unbotmäßigkeit hinreißen. Er fuhr seinen Vater an: »Das ist deine Meinung. Aber ich bin nicht so verweichlicht wie du!«
    Berengar blieb stehen und schaute seinen Sohn schweigend an.
    »Ist doch wahr!«, murmelte Ingwar, kleinlauter geworden.
    Berengar hielt seinen Blick weiterhin schweigend auf ihn gerichtet, drehte sich dann abrupt um und eilte mit schnellen Schritten der Therme entgehen, wo sie ihre Wohnung hatten. Auf seinen Sohn achtete er nicht weiter.
    Ingwar schwankte zwischen Wut und Beschämung. Sein Vater hatte ihn selten körperlich gestraft, aber seine Missbilligung konnte er höchst wirkungsvoll zum Ausdruck bringen. Sonderwünsche würde er in der nächsten Zeit nicht erfüllt bekommen, und Vergünstigungen irgendeiner Art waren wohl nicht zu erwarten.
    Er beschloss, das mit Verachtung durchzustehen.

3. Todesnachricht
    Für den Unterricht der Kinder hatte der pater familias Iustus einen großen, hellen Raum im zweiten Stock des Wohntraktes der Therme bestimmt, und hier saßen am nächsten Vormittag die fünf beisammen und brüteten über einer Übersetzung aus dem Griechischen. Der grammaticus Sophus, ein grauhaariger, überaus distinguierter Mann in einer makellosen Toga, korrigierte fehlerhafte Deutungen bekannter Vokabeln, erklärte neue Begriffe und ließ seine Schüler deklinieren und konjugieren. Er war ein strenger Lehrer, der keine Nachlässigkeiten durchgehen ließ, aber er hatte auch Verständnis dafür, dass die Aufmerksamkeit nach einer Weile harter Arbeit nachließ.
    »Khep, hör auf zu zappeln, Didia, deine Kritzeleien löschst du jetzt von dem Wachstäfelchen, auch wenn das Bild des missgelaunten Ingwar recht treffend geworden ist. Titus, nimm die Nase aus der Pergamentrolle, und Caecilia, ich weiß ganz genau, dass du süße Datteln naschst. Wir machen jetzt eine Pause, und danach widmen wir uns der Geografia.«
    »Woher weißt du eigentlich immer, was wir gerade machen, Sophus?«, fragte Didia mit einem Grinsen. »Du hast doch gar nicht auf meine Wachstafel geschaut.«
    »Weil du dein Zeichentalent nicht unterdrücken kannst, und Ingwar immer eine Herausforderung für dich darstellt.«
    Der Genannte schnappte sich das beanstandete Täfelchen und sah sich selbst mit übertrieben grimmer Miene dargestellt. Mit der dafür vorgesehenen Breitseite seines Griffels löschte er das Bild leise knurrend aus.
    »Was hast du denn heute Morgen, dass du grollst wie ein aufziehendes Gewitter?«, wollte nun auch Khep wissen.
    »Ach nichts!«
    »Wahrscheinlich hat er gestern bei Globulus zu wenig Fleischbällchen bekommen«, nahm Caecilia an.
    »Und dann sind ihm die Verse des Vergil auf den leeren Magen geschlagen!«, erklärte Titus.
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