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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen
Autoren: Aimée Carter
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Einer nach dem anderen murmelten sie ihre Zustimmung. Zu meiner Überraschung nickte selbst Calliope, die so blass und unglück-lich aussah, dass ich nicht anders konnte, als Mitgefühl für sie zu empfinden.
    Sie sagten Ja, begriff ich. Sie stimmten ab. Obwohl ich mit Henry geschlafen hatte, hatte ich wie durch ein Wunder nicht vollkommen versagt. Doch als James an der Reihe war, stockte mir der Atem. Ich war mir sicher, er würde den Kopf schütteln.
    Ohne meinem Blick zu begegnen, nickte auch er. Die anderen stimmten weiter ab, doch ich starrte ihn unverwandt an. Als er endlich aufsah, formte ich ein stummes „Danke“ mit den Lippen.
    „Also ist es entschieden“, schloss Walter, als die Reihe an ihm war. „Katherine Winters wird Unsterblichkeit gewährt, und sie wird unseren Bruder heiraten, um mit ihm über die Unterwelt zu herrschen, solange sie es wünscht.“ Und dann lächelte er, und seine uralten Augen funkelten. „Willkommen in der Familie. Diese Ratssitzung ist beendet.“
    Die Endgültigkeit in seinem Ton verwirrte mich, und sprachlos sah ich zu, wie der Rat sich erhob und einer nach dem anderen durch die Tür verschwand. Manche – Ella, Nicholas, Irene, Sofia,selbst Xander – drückten mir die Schulter oder bedachten mich mit ein paar ermutigenden Worten, als sie an mir vorbeikamen. Ava grinste breit. Andere, besonders Calliope, sagten nichts, als sie gingen. Auch James schritt ohne ein Wort vorbei, die Schultern hochgezogen und den Kopf gesenkt. Als ich mich an sein Nicken erinnerte und daran dachte, was es ihn gekostet haben musste, wollte ich die Hand nach ihm ausstrecken. Doch wie erstarrt saß ich auf meinem Schemel, traute mich nicht, auch nur eine Bewegung zu machen, aus lauter Angst, alles würde zerspringen wie Glas und sich als bloßer Traum entpuppen.
    Bald waren wir nur noch zu dritt. Ich, Henry und meine Mutter. Sobald die anderen hinausgegangen waren, stand sie auf, und wortlos schloss sie mich in die Arme und drückte mich sanft. Das Kinn auf ihre Schulter gelegt, vergrub ich meine Nase in ihrem Haar. Es roch nach Äpfeln und Freesien. Sie war es wirklich.
    Ich weiß nicht, wie lange sie mich so hielt, doch als wir uns voneinander lösten, pochte meine Brust vor Schmerzen, und ich war halb von meinem Schemel gerutscht. Sie half mir, mich wieder aufzurichten, doch es war Henry, nur wenige Schritte von uns entfernt, an dem mein Blick hängen blieb.
    „War …“ Ich brach ab und räusperte mich, beschämt von meiner piepsigen Stimme. „War das jetzt gut oder schlecht?“
    Henry trat neben mich, und gemeinsam mit meiner Mutter half er mir hoch.
    „Du hast bestanden“, sagte er schlicht. „Ich hoffe, du bist zufrieden.“
    Zufrieden war nicht unbedingt das richtige Wort. Verwirrt, ja. Aus der Bahn geworfen, sicher. Und zufrieden würde ich nicht sein, bis ich verstand, was passiert war.
    „Er hat gesagt, ich hätte versagt“, beharrte ich, während meine Knie unter mir nachzugeben drohten. „Wie konnte ich bestehen, nachdem ich schon versagt hatte?“
    „Es war die siebte Prüfung, Liebes“, erklärte meine Mutter. „Du hast bei der Prüfung auf Wollust nicht versagt. Selbst wenndu ihn nicht geliebt hättest – Henry hat dafür gesorgt, dass wir alle wussten, was geschehen war. Dies war der einzige Weg, wie der Rat deinen Stolz prüfen konnte. Indem du dein Versagen akzeptiert hast, obwohl du bleiben wolltest, und Respekt gezeigt hast für die Entscheidung des Rats, hast du Demut bewiesen.“
    „Und mit diesem Beweis von Demut hast du die letzte Prü-fung bestanden“, fügte Henry hinzu.
    „Also …“ Wieder hielt ich inne und hasste es, mich so langsam und dumm zu fühlen, doch es war einfach zu schön, um wahr zu sein. „Was bedeutet das? Was passiert jetzt?“
    Henry räusperte sich. „Es bedeutet, dass wir bei Sonnenuntergang vermählt werden, wenn du damit einverstanden bist.“
    Bei Sonnenuntergang vermählt. Was sich noch vor wenigen Stunden wie eine weit hergeholte Fantasie angefühlt hatte, drängte mir nun entgegen – eine unmittelbare Realität, die schneller auf mich zuraste, als ich hätte weglaufen können.
    Nicht, dass ich das gewollt hätte. Dies war genau, was ich mir gewünscht hatte, oder? Nicht irgendjemandes Frau zu werden, sondern Henry eine Chance zu geben. Ihm dieselbe Hoffnung zu geben, die auch mir gefehlt hatte. Und jetzt, mit meiner Mutter an meiner Seite, selbst wenn sie nicht genau dieselbe war, hatten wir beide gewonnen,
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