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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen
Autoren: Aimée Carter
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musste meinen verwirrten Blick gesehen haben, denn sie lächelte und fügte hinzu: „Deine Kleider, Liebes. Als du eine neue Garderobe geschenkt bekommen hast, hast du nicht einen Moment gezögert, auch deinen Freundinnen freie Auswahl zu lassen.“
    Erleichtert atmete ich auf. Offensichtlich war es eine Tugend, nicht auf Kleider zu stehen.
    „Völlerei“, hob Ella an und stand auf. Ich runzelte die Stirn. Von allen hier hätte ich diese Prüfung am ehesten in Calliopes Händen gesehen. „Auch wenn Kate darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es eine Prüfung war, und für einen Großteil der Zeit danach bewusstlos war, hat sie sich willentlich dazu entschlossen, nicht mehr zu essen.“ Sie hob eine Augenbraue. „Au-ßerhalb dieser Mauern würde ich allerdings drei volle Mahlzeiten am Tag empfehlen.“
    Ava erhob sich als Nächste und wand sich mit einem kindischen Grinsen auf dem Gesicht hin und her.
    „Was Neid angeht, hat Kate mit fliegenden Fahnen bestanden.“
    „Neid?“, wiederholte ich, und meine Stimme klang rau, wäh-rend ich mich vergeblich zu erinnern versuchte, was, um alles in der Welt, diese Prüfung gewesen sein konnte.
    „Der Tag, an dem Xander gestorben ist.“ Entschuldigend warf sie ihm einen Blick zu, und er zwinkerte ihr zu. „Du hast deine Entscheidung nicht von Eifersucht beeinflussen lassen. Ich meine, nicht dass du eifersüchtig gewesen wärst – das ist der Punkt. Du warst fair, und du warst geduldig mit mir, obwohl ich es nicht verdient hatte.“
    Also war Xander – oder wer er auch war – wirklich getötet worden. Oder was auch immer mit ihm geschehen war, denn ich war mir ziemlich sicher, dass Götter nicht sterben konnten. Es erleichterte mich ein bisschen, dass nicht alles an den vergangenen sechs Monaten nach Drehbuch abgelaufen war.
    Nun stand Calliope auf, blass und erschüttert, doch ihre Stimmewar überraschend fest.
    „Jähzorn.“ Sie hob den Blick und sah mir in die Augen. Für einen Moment glaubte ich, den Anflug eines Lächelns in ihrem Gesicht zu entdecken, doch es war genauso schnell wieder verschwunden, wie es erschienen war. „Mit ihrer heutigen Entscheidung über die Strafe für meine Taten hat Kate bestanden.“
    Ich war mir sicher, dass auch Calliopes Handeln nicht zum Plan gehört hatte. Das bedeutete, nicht alle Prüfungen hatten von Anfang an festgestanden. Was wäre passiert, hätte sie nicht versucht, mich umzubringen? So oder so, fünf geschafft, blieben noch zwei.
    Dann erhob sich wieder Walter.
    „Wollust“, setzte er an, und mir sank das Herz. Dafür konnte er mich nicht durchfallen lassen. Sie mussten wissen, was Calliope getan hatte. „Du hast mit unserem Bruder die körperliche Liebe vollzogen – etwas, das streng verboten ist, bis der Rat entscheidet und eine Heirat stattfindet.“ Er presste seine schmalen Lippen aufeinander, und plötzlich fiel es mir schwer zu atmen. Verstand er denn nicht, dass wir in eine Falle gelockt worden waren? Es musste einen Trick geben, ein Schlupfloch, irgendetwas, damit sie uns diese Nacht vergaben.
    „Aber …“, setzte ich an, doch Walters Stimme übertönte mich.
    „Es tut mir leid, Katherine, aber in der Prüfung auf Wollust hast du versagt.“
    Versagt .
    Unaufhörlich hallte das Wort in meinem Kopf wider. Der Raum schien sich um mich zu drehen, und nur mein eisenharter Griff um die Kanten der Sitzfläche hielt mich auf meinem Hocker. Meine Brust schmerzte, und es fühlte sich an, als würde die Luft selbst mich erdrücken und mir das Atmen unmöglich machen.
    Das konnte gerade nicht wirklich geschehen.
    „Bruder“, sprach ihn Henry an, und seine Stimme klang äu-ßerst angespannt. „Ich möchte die Entscheidung des Rats in dieser Sache anfechten.“
    „Ja?“, fragte Walter. Hoffnungsvoll blickte ich zwischen ihnen hin und her, während ich darum kämpfte, mich nicht von derVerzweiflung fortreißen zu lassen. Noch blieb uns eine Chance.
    „Wie du weißt, wurde die angesprochene Prüfung manipuliert. Uns beiden ist eine große Dosis eines Aphrodisiakums verabreicht worden, das sowohl Geist als auch Körper beeinflusst. Unsere Hemmungen wurden rein chemisch abgebaut. Wenn irgendjemand die Schuld an diesem Abend auf sich nehmen muss, dann bin ich das.“
    „Nein“, erklang eine leise Stimme. Calliope. „Ich bin es. Ich war diejenige, die es getan hat. Ich dachte – ich dachte, wenn sie bei einer der Prüfungen versagen …“
    Walter runzelte die Stirn.
    „Ja, dessen bin ich mir bewusst.
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