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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen
Autoren: Aimée Carter
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oder?
    Nein … nicht alle von uns. Calliope hatte nicht gewonnen, und auch James nicht. Damit Henry lebendig und glücklich sein konnte, damit ich meine Mutter zurückbekommen konnte, hatten sie verlieren müssen. Calliope war selbst dafür verantwortlich, aber James – was hatte er aufgegeben, damit ich all das hier haben konnte?
    Erschrocken bemerkte ich, dass Henry und meine Mutter mich beide anstarrten. Irgendwie waren wir auf die andere Seite des Ballsaals gelangt und standen nun an der schweren Doppeltür, die weit genug geöffnet war, dass wir zu dritt hindurchgehen konnten.
    „Ja, natürlich“, antwortete ich hastig und spürte, wie ich rot wurde. „Tut mir leid. Ich hab nicht gezögert, ich hab nur … nachgedacht,und … natürlich will ich das hier immer noch tun.“
    Erst als Henry erleichtert die Schultern sinken ließ, bemerkte ich, wie angespannt er auf meine Antwort gewartet hatte.
    „Ich bin froh, das zu hören“, gestand er, und tiefe Erleichterung klang aus seiner Stimme. „Darf ich fragen, worüber du nachgedacht hast?“
    Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich mir Sorgen um James machte. Vielleicht war das immer noch ein wunder Punkt für ihn. Also stellte ich stattdessen die Frage, die mir auf der Seele brannte, seit Ava in den Ballsaal eingetreten war.
    „War denn alles gestellt?“
    Es entstand ein unangenehmes Schweigen, und diesmal ertappte ich Henry und meine Mutter dabei, wie sie Blicke tauschten, als verstünden sie einander ohne Worte. So unmöglich war das wohl auch nicht, und ich biss mir auf die Wange, verärgert, dass sie mich nicht mit einbezogen.
    „Ja und nein“, antwortete meine Mutter. Langsam gingen wir weiter den Flur hinunter. Jeder Schritt schmerzte mehr als der letzte, doch meine Verletzungen waren im Augenblick meine geringste Sorge. „Henry hatte Jahrzehnte damit verbracht, nach einer neuen Königin zu suchen. Als offensichtlich wurde, dass seine Suche nicht die Ergebnisse brachte, die wir brauchten …“
    „Ich wollte aufgeben“, präzisierte Henry. „Jedes einzelne Mädchen hatte entweder versagt, bevor es überhaupt angefangen hatte, oder starb, wenn es auch nur den geringsten Hauch von Potenzial zeigte. Jetzt wissen wir, was damals geschehen ist, aber ich kann nicht in Worte fassen, wie es mir jedes Mal das Herz zerrissen hat, diese jungen Frauen sterben zu sehen. Zu wissen, dass es meine Schuld war. Ich brachte es nicht über mich, auch nur eine weitere einer solchen Gefahr auszusetzen. Ich war entschlossen, dem Ganzen ein Ende zu setzen.“
    „Und ich war ebenso entschlossen, dass er es weiter versuchen musste, bis uns keine Zeit mehr bliebe“, fuhr meine Mutter fort. „Also einigten wir uns auf einen Kompromiss. Persephone …“ Etwas in ihrem Gesichtsausdruck veränderte sich, und für einenkurzen Moment erkannte ich Scham. „Persephone war meine Tochter. Deine Schwester. Es ist meine Schuld, dass sie niemals glücklich war, und aus diesem Grund war auch Henry niemals glücklich.“
    „Es war nicht deine Schuld“, widersprach Henry leise, aber nachdrücklich. „Niemand außer mir selbst war schuld daran. Ich bin derjenige, der sie nicht glücklich machen konnte …“
    „Und ich war diejenige, die euch überhaupt erst zusammengebracht hat“, unterbrach ihn meine Mutter. „Diskutier nicht mit mir, Henry. Ich meine es ernst.“
    Er verstummte, doch ich glaubte, den Hauch eines Lächelns in seinem Gesicht zu erkennen.
    „Wie ich schon sagte, bevor ich so unhöflich unterbrochen wurde …“ Sie fuhr mir durchs Haar, und ich wusste, dass ihr scharfer Ton nicht ernst gemeint war. „Du hattest immer eine Wahl, Liebes. Hättest du das hier nicht tun wollen, wir hätten es alle akzeptiert und ohne dich weitergemacht. Dein Leben war zu jeder Zeit unter deiner Kontrolle – alles, was wir getan haben, war, dir diese Chance zu eröffnen.“
    Mir wurde die Kehle eng, als ich darüber nachdachte, was geschehen wäre, hätte ich diese Chance ausgeschlagen.
    „Warum hast du es mir nicht früher gesagt?“
    „Das hätte dir einen unfairen Vorteil verschafft“, gab meine Mutter zu bedenken. „Es musste deine Entscheidung sein, nicht eine, die zu treffen ich dich beeinflusst hatte – oder eine, die du von vornherein abgelehnt hättest, mit dem Wissen, worauf du dich einlassen müsstest. Davon abgesehen“, fügte sie sanft hinzu, „selbst wenn ich es dir erzählt hätte – hättest du mir geglaubt?“
    Natürlich nicht. Und wenn ich zurück in
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