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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen
Autoren: Aimée Carter
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die normale Welt ging – wer könnte mir jemals glauben, wenn ich erzählte, wie ich meine Winter verbrachte? Niemand im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, da war ich mir sicher.
    „Existiert Eden überhaupt? Jeder dort, sogar Ava und Dylan – gehörte das zu eurem Plan, mir eine Wahl zu lassen?“
    „Ausgenommen die wenigen Wochen, die du dort verbrachthast, existiert Eden nicht“, bestätigte Henry meinen Verdacht. „Wenn du dich entschließt, dorthin zurückzugehen, wo die Stadt stand, wirst du nichts als Felder und Bäume sehen. Es tut mir leid, dass wir dich getäuscht haben.“
    Mir auch. Ich verzog das Gesicht, während ich nach Worten suchte, mit denen ich nicht wie eine Zwölfjährige klingen würde.
    „Macht das … einfach nicht noch mal, okay?“ Eindringlich blickte ich zwischen ihm und meiner Mutter hin und her. „Keine Lügen mehr und kein Hinhalten.“
    Zu meiner Überraschung fing meine Mutter an zu lachen, doch es war nicht das Lachen, das ich gewohnt war. Es war eine seltsame Mischung aus Geräuschen – ein rieselnder Bach, das Zirpen von Grillen und auf unbeschreibliche Weise der erste Tag des Früh-lings. Es war unglaublich.
    „Natürlich nicht“, versprach sie. Die Zärtlichkeit in ihrer Stimme durchströmte mich warm und erleichterte mir die nächsten paar Schritte. „Aber bevor es jetzt zu deiner Hochzeit geht – gibt es sonst noch etwas, das du wissen möchtest?“
    Meine Hochzeit. In meiner Kehle formte sich ein Kloß, und nur mit Mühe und Not konnte ich sprechen.
    „Ja“, presste ich schließlich heiser hervor. „Was ist Diana eigentlich für ein Name? Für eine Göttin, meine ich?“
    Wieder lachte sie, und der Kloß in meinem Hals verschwand.
    „Ella war ein bisschen beleidigt, dass ich mir ihren römischen Namen geborgt habe – aber sie wollte ihn nicht, und mir hat er immer gefallen. Wir alle wählen mit den Jahren neue Namen.“
    „Namen, die dazu passen, wo und wann wir sind“, ergänzte Henry. „In der griechischen Mythologie sind wir am berühm-testen, deshalb kennt man uns fast überall unter unseren griechischen Namen.“
    „Doch in Wahrheit sind wir namenlos“, erklärte meine Mutter. „Wir wurden erschaffen, bevor es Namen gab.“
    „Und wir werden noch leben, wenn schon lange keine Namen mehr gebraucht werden“, fügte Henry hinzu.
    Meine Mutter warf ihm einen Seitenblick zu. „Jedenfallsmanche von uns.“
    Bei ihren Worten drängte erneut James’ Bild mit voller Macht vor mein geistiges Auge. Ich versuchte, es fortzuschieben, doch beharrlich blieb er im Vordergrund meiner Gedanken.
    „Also seid ihr wirklich die Olympier?“
    „Alle dreizehn“, bestätigte meine Mutter. „Plus Henry, wenn du einen guten Tag erwischst.“
    Er brummte zustimmend, und mein Stirnrunzeln vertiefte sich, während ich versuchte, das Puzzle zusammenzusetzen.
    „Aber – wer ist dann wer? Ich meine, ich weiß, wer ihr beide seid, Hades und Demeter. Aber die anderen?“
    „Willst du mir wirklich sagen, dass du das noch nicht herausgefunden hast?“, fragte Henry schmunzelnd. Ich warf ihm einen gehässigen Blick zu.
    „Nicht alle von uns sind allwissend, okay?“
    „Das sind auch wir nicht“, erinnerte er mich, und seine Augen funkelten amüsiert.
    Ich kaute an meiner Unterlippe, während ich darüber nachdachte.
    „Wahrscheinlich könnte ich es erraten, wenn ich müsste. Aber nicht bei allen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Olympier. Das ist …“ Unglaublich. Unaussprechlich. „Eine Vorwarnung wäre nett gewesen.“
    Ich musste verbitterter geklungen haben, als ich beabsichtigt hatte, denn meine Mutter verstärkte den Griff um meine Taille und barg das Gesicht in meinem Haar.
    „Egal, wie ich genannt werde oder wer ich bin – ich werde immer deine Mutter bleiben, und ich liebe dich über alles.“
    Wortlos nickte ich. Ich traute meiner Stimme nicht genug, um etwas darauf zu erwidern. Sie war meine Mutter, aber das Lachen meiner Mutter hatte nicht geklungen wie der Sonnenschein. Meine Mutter hatte ihr Leben für mich gegeben, und was von ihr noch übrig war, lag kalt und steif unter der Erde. Sie war nicht dieses warme, übersprudelnde Wesen, das so viel stärker war, als ich es je sein würde.
    „Komm.“ Offenbar hatte Henry meinen Stimmungswechsel gespürt. Vor einer mit prachtvollen Schnitzereien verzierten Doppeltür blieben wir stehen. Auf den Türflügeln waren die Erde und die Welt darunter dargestellt, und mir stockte der Atem. Persephones
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