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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro
Autoren: Andreas Izquierdo
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offensichtlich, dass ihr Spielfeld die völlig falsche Person betreten hatte, dass sie seinem falschen Charme auf den Leim gegangen war und jetzt dafür den Preis zahlte.
    »Am besten, Sie vergessen die ganze Sache«, antwortete er schließlich. Es schien ihm das Sinnvollste zu sein.
    Sie sah zu ihm auf und erwiderte: »Waren Sie jemals verliebt, Albert?«
    Er schwieg.
    Nicht nur, weil die Frage reichlich persönlich war, sondern auch, weil er niemals verliebt gewesen war und daher nicht die geringste Ahnung hatte, was das an seinem Ratschlag geändert hätte. War Verliebtsein der Freifahrtschein für alles? Durfte es einfach alle Regeln, Ordnungen und Vernunft auf den Kopf stellen, sodass man später für nichts zur Rechenschaft gezogen werden konnte? Durfte man einfach über jede Grenze gehen, nur weil man ja verliebt war? Genau wie man Mitleid, Trost und Solidarität erwarten durfte, wenn es schiefging?
    Albert hatte das strenge Gefühl, dass Verliebtsein sehr viel mehr Menschen als nur zwei in Beschlag nahm. Vorher, nachher oder mittendrin. Und offenbar wurde nicht lange gefragt, ob da jemand mitmachen wollte oder nicht. Beim Verliebtsein .
    »Sehen Sie!«, rief Elisabeth unter Tränen, weil sie Alberts Schweigen missdeutete. »Darum kann ich ihn auch nicht einfach vergessen.«
    Albert seufzte und machte sich los: Als Gedankenleserin taugte Elisabeth jedenfalls nicht. Er verabschiedete sich steif und kehrte der Schluchzenden den Rücken, froh, schnell in sein Büro fliehen zu können. Dem einzig sicheren Ort vor Leidenschaften und Komplikationen. Er hatte sich gerade hingesetzt, als die Bürogehilfin bereits klopfte, eintrat und wie üblich eine gut gefüllte Kladde bei sich trug.
    »Morgen, Herr Glück.«
    »Guten Morgen, Susanne.«
    Sie legte ihm die Unterlagen auf den Tisch und machte sich wieder auf den Weg nach draußen.
    »Wiedersehen, Herr Glück.«
    »Auf Wiedersehen, Susanne.«
    Eine Weile brauchte er, bis er sich wieder eingefunden hatte in die Welt der Anträge, Verordnungen und Regelungen. Aber bald schon vergaß er Elisabeths Tränen und kümmerte sich wieder nur um sich selbst und um seine Arbeit.
    Der Tag war wieder so, wie er sein musste.
    Selbst der große Hungerlauf war der, der er immer war. Und Albert war sehr glücklich damit. Nur in der Kantine mochte er sich nicht neben die immer noch weinende Elisabeth setzen. Er drehte rechtzeitig ab und suchte sich einen Platz weit hinter ihr, der ihm aber nicht gefiel, weil es nicht seiner war. Selbst das Essen schmeckte hier anders! So ließ er alles stehen und begnügte sich mit einem Apfel.
    Elisabeth und Mike hatten Unordnung in sein Leben gebracht, hatten sich eingemischt, und jetzt musste er sehen, dass er seinen alten Rhythmus wiederfand, denn durch das ausgefallene Essen blieb noch viel Zeit bis zum Ende der Mittagspause.
    Albert vertrat sich ein wenig die Beine, stieg in den dritten Stock hinauf, vorbei an den großen Fenstern mit Blick auf die Stadt. Das Wetter war nicht das beste, die Bäume waren kahl und die Straßen matschig. Kein schöner Tag, um draußen zu sein.
    Auf halbem Weg sah er Mike Schulze, den Arm lässig an eine Fensternische gelehnt, als ob er die junge Frau dahinter einsperren wollte. Sie kicherte über etwas, das Mike gesagt haben musste, und machte nicht den Eindruck, als würde sie sich an Mikes Annäherung stören.
    Mike lachte ebenfalls, sah zu ihm herüber und grüßte munter: »Albert!«
    Albert grüßte sehr förmlich zurück. »Herr Schulze.«
    Dann ging er ohne jedes Mienenspiel an den beiden vorbei.

9.
    Albert verstand nichts von Liebesdingen, aber er verstand durchaus etwas von Höflichkeit. Und er fand, dass Mike sich Elisabeth gegenüber sehr unhöflich verhalten hatte, auch wenn er als Ort für sein Poussieren mit einer anderen einen Flügel des Amtes gewählt hatte, den normalerweise niemand der Abteilung VII benutzte. Dennoch konnte man diskreter vorgehen. Was, wenn sich Elisabeth ebenfalls die Beine vertreten hätte? In ihrem Kummer kein Essen runtergebracht hätte?
    Und was war mit ihm selbst? Völlig unschuldig mit hineingezogen in diese Affäre, konnte er da einfach mitansehen, wie Elisabeth litt, weil Mike keine Kinderstube genossen hatte?
    Das alles war ein einziges Ärgernis.
    Sie tänzelten beide frech über sein Spielfeld und hatten nicht mal den Anstand zu fragen, ob sie das durften. Was natürlich nicht der Fall war! In Albert begann es zu arbeiten, denn es bedurfte einer Antwort. Auch wenn die
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