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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro
Autoren: Andreas Izquierdo
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hätte, und wandte sich wieder um zur Tür, argwöhnisch beobachtet von Albert.
    »Wiedersehen, Herr Glück.«
    Albert erwachte aus seiner Starre und rief schon fast: »Susanne?«
    Sie blieb überrascht stehen und sah ihn neugierig an: »Ja?«
    »Waren Sie heute Morgen schon einmal hier?«
    Sie stutzte, schüttelte dann den Kopf: »Nein, warum?«
    Albert schien die Antwort gar nicht gehört zu haben, verfiel in ein nachdenkliches Schweigen, gerade so, als ob Susanne gar nicht mehr vor ihm stünde. Was hatte das zu bedeuten? Wieso konnte jemand einfach so in sein Büro kommen, um ihm einen Antrag auf den Tisch zu legen? Wieso kam das nicht mit der offiziellen Post?
    »Herr Glück?«, fragte Susanne, die immer noch vor ihm stand und nicht wusste, ob Albert jetzt noch einen Wunsch hatte oder nicht.
    »Hm? Oh, schon gut, ich danke Ihnen.«
    »Wiedersehen, Herr Glück.«
    »Auf Wiedersehen, Susanne.«
    Sie verließ sein Büro, so wie sie es jeden Morgen tat, aber diesmal schlich Albert ihr leise nach und sah sie und ihren Wagen leise davonfahren. Sonst war niemand auf dem Flur. Alles leer. So, wie es ja auch sein sollte.
    Leise schloss er seine Bürotür und setzte sich auf seinen Stuhl.
    Starrte auf den Antrag.
    E 45.
    Was sollte das? Er brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln, dann sah er sich den Antrag genauer an. Hielt ihn ins Licht. Prüfte das Papier. Die Schrifttype. Das Druckbild. Den Geruch. Aber je länger er ihn in den Fingern hielt, desto sicherer war er: Dieser Antrag war echt. Keine Fälschung. Kein Scherz, sondern ein verwaltungstechnischer Vorgang, der zu bearbeiten war. Und doch: Was bedeutete E 45? Es gab keinen Vordruck E 45. Er sprang auf und stürmte zu seinem Aktenschrank, blätterte in sämtlichen Ordnern nach, in denen es von Formularen nur so wimmelte.
    Ein Friedhof der bearbeiteten Anträge.
    Und überall zur Kennung die Art des Antrages als Inschrift: A 12, A 401, B 20, B 21, E 12, E 42, E 44, D 23, D 221, F 01 und F 04. Aber kein E 45. Das war doch nicht möglich! Konnte es wirklich sein, dass Albert einen Antrag nicht kannte? Hatte er in seiner Schaffenskraft so nachgelassen, dass ihm etwas entgangen war, was mit seiner Arbeit zu tun hatte? Alberts Magen zog sich zusammen. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein! Er war der Mann, der alles kannte. Wieso kannte er E 45 nicht?
    Da hatte er einen Einfall: Vielleicht war dieser Antrag neu! So neu, dass er innerhalb der Behörden noch nicht angekündigt worden war. Vielleicht eine Art Prototyp, den man zu Testzwecken herumschickte. Natürlich zu den besten Beamten, um ihre Meinung einzuholen. Ja, das konnte es sein.
    Albert spürte gleich, wie er sich entspannte und das Übelkeitsgefühl schwand. Er musste in seinen Mails nachsehen. Vielleicht war der Antrag so neu, dass er elektronisch angekündigt worden war. Eine solche Eile setzte voraus, dass es sich bei dem neuen Antrag um etwas ungeheuer Wichtiges handeln musste.
    Doch in seinen Mails gab es nichts. Es hatte auch keinen Anruf gegeben oder eine Andeutung, dass da etwas Neues kommen könnte. Deprimiert setzte er sich auf seinen Stuhl und studierte den Antrag: Anna Sugus hatte ihn gestellt. Auch ganz korrekt ihre Adresse eingegeben. Aber was hatte sie beantragt? So sehr er auch suchte: Da war nichts.
    E 45 musste ein Antrag sein, der aus sich selbst heraus einen Antrag stellte. Aber wozu? Er wusste es nicht, und das machte Albert richtiggehend fertig. Denn nie hätte er geglaubt, dass es im Amt etwas geben könnte, was er nicht wusste.
    Und dieser Name!
    Was für ein bezaubernder, eindringlicher, ungewöhnlicher, ordentlicher Name! Anna Sugus. Das war kein Zufall. Das war eine Prüfung. Er musste sich nur genug anstrengen, besser sein als je zuvor. Dann würde er das Rätsel lösen.
    Ganz sicher.

12.
    Gegen Mittag stieß Albert unentwegt mit dem Kopf auf seine Schreibtischunterlage, nachdem er zuvor stundenlang auf den Antrag gestarrt hatte, ohne eine Lösung für diese Aufgabe zu finden. In seinem Gehirn glomm jede Synapse, einige waren sicher auch schon durchgeschmort. Es gab keine Lösung. Aber es musste eine geben. Musste! Musste! Musste!
    Plötzlich erhob sich draußen Tumult.
    Die Türen waren fast gleichzeitig aufgesprungen, vielfüßiges Getrappel und ein wildes, dutzendkehliges MAHLZEIT ! war zu hören. Der große Hungerlauf! Albert blickte von seiner Schreibtischunterlage hoch: Den hatte er jetzt auch noch verpasst! Das konnte doch nicht wahr sein. Dieser
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