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Das Glück mit dir (German Edition)

Das Glück mit dir (German Edition)

Titel: Das Glück mit dir (German Edition)
Autoren: Lily Tuck
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ich nicht geglaubt, dass Sie es sein könnten, bis ich im Telefonbuch nachgesehen habe, und jetzt sind Sie da, sagt Farid, glücklich, Philip wiedergefunden zu haben.
    Philip hat Farid in ihre Wohnung in Somerville zum Abendessen eingeladen.
    An der Tür zieht er die Schuhe aus.
    Das ist nicht nötig, sagt Nina.
    Farid trägt keine Socken. Pieds nus .
    Ihre Eltern – sind sie beide Franzosen?, fragt sie auf dem Weg zum Esszimmer.
    Mein Vater ist Franzose, meine Mutter Algerierin – Araberin.
    Es war schrecklich, wie sie damals leben mussten – es gab eine Ausgangssperre, und die Polizei hielt sie ständig an, um ihre Papiere zu kontrollieren. Farid schüttelt den Kopf. Ich musste einfach da weg.
    Sie ist erschöpft – das Baby schläft nachts nicht durch   –, aber sie hat eine frische weiße Bluse gebügelt und angezogen, dazu eine schwarze Hose. Sie hat Lammeintopf gemacht, Reis, gebratene Auberginen.
    Nun erzählen Sie mal, was tun Sie jetzt?, fragt Philip Farid, sobald sie sich zum Essen an den Tisch gesetzt haben.
    Ich arbeite für einen Professor in Dartmouth, der sich selten wäscht und nie rasiert, dessen Bart bis zur Taille reicht – Farid und Philip lachen beide –, an der Zuordnung von Wahrscheinlichkeiten zu Sequenzen von Symbolen, die reale Ereignisse beschreiben, welche aufgezeichnet werden, um auf der Basis dessen, was man schon weiß, vorherzusagen, was als Nächstes geschehen wird.
    Algorithmische Wahrscheinlichkeit, sagt Philip, nickt und füllt sich den Teller. Zur Lösung von Problemen künstlicher Intelligenz.
    Im Nebenzimmer beginnt Louise zu weinen.
    Nina entschuldigt sich, steht vom Tisch auf und geht sie stillen.
    Als sie zurückkommt, sind Philip und Farid mit demEssen fertig und trinken im Wohnzimmer den algerischen Wein, den Farid als Gastgeschenk mitgebracht hat.
    Nina räumt den Tisch ab und spült die Teller, bevor sie ebenfalls ins Wohnzimmer geht. Philip und Farid sind so in ihr Gespräch vertieft, dass sie nicht einmal aufblicken.
    Da nach Kolmogorow die Komplexität einer Zeichenkette durch die Länge des kürzesten Programms gegeben ist, das diese Zeichenkette erzeugt …, sagt Philip.
    Ich wollte nur eine gute Nacht wünschen, unterbricht Nina.
    Sie hätte genauso gut eine Burka tragen können.
    Jedes Jahr zu Weihnachten kommt eine Karte von Farid. Verheiratet, mit drei erwachsenen Söhnen und einem Enkel – der letzten Karte liegt ein Foto eines dunkelhaarigen Babys in den Armen einer blonden Schwiegertochter bei – lebt und lehrt er in Montreal.
    Das Baby heißt Chelsea.
    Das Baby muss von Didier sein – mit Didier hat sie ungeschützten Sex gehabt.
    Zu früh, um das Geschlecht zu bestimmen – in den ersten drei Monaten haben die Föten identische Genitalien. Auch heutzutage würde man es nur durch eine Chromosomenanalyse feststellen können.
    Sie ist nie auf den Gedanken gekommen, danach zu fragen.
    Ein Junge wahrscheinlich.
    Saltalavecchia, denkt sie.
    Die Alte, die von der Klippe springt – bloß dass sie jung und schön ist und keine Wahl hat. Sie ist schwanger. Sie hat mit einem verheirateten Mann oder einem Mann, der bereits mit einer anderen verlobt ist, geschlafen. Sie treffen einander in mondlosen Nächten und lieben sich zwischen den Kapernsträuchern auf einem terrassierten Hügel – er windet für sie eine Krone aus den blauen Blüten und setzt sie ihr auf den Kopf, und obwohl die Krone inzwischen vertrocknet und verblichen ist, bewahrt sie sie unter ihrem Kopfkissen auf. Oder sie ist diejenige, die verheiratet ist. Ihr Mann ist älter, impotent und kann ihr keine Kinder schenken. Jeden Tag auf dem Weg zum Markt geht sie an einem dieser halbwegs gutaussehenden jungen Müßiggänger vorbei, der ein Motorrad besitzt und vor dem Dorfcafé herumhängt. Eines Tages ruft er sie, und ohne nachzudenken lässt sie den Einkaufskorb fallen und steigt auf den Sozius des Motorrads. Sie zieht ihren Rock herunter, damit die Oberschenkel bedeckt sind, und umschlingt ihn mit den Armen, er lässt das Motorrad an und sie brausen die kurvenreiche Inselstraße entlang.
    Nina hat Höhenangst. Nicht, weil ihr schwindelig wird, sondern weil etwas sie unwiderstehlich in die Tiefe zieht. Ehrlich gesagt spürt sie die Versuchung, aus Fenstern und von Balkonen, von hoch gelegenen Orten zu springen. Sie will wissen, wie es ist, ins Leere zu fallen   – wenn der Körper sich in der Luft verbiegt, verdreht,überschlägt, mühelos, wie bei einer Klippenspringerin. Fast beneidet sie
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