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Das Glück mit dir (German Edition)

Das Glück mit dir (German Edition)

Titel: Das Glück mit dir (German Edition)
Autoren: Lily Tuck
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durchschnittlich minus 218 Grad.
    Sie ist unempfindlich gegen den Wind – der Wind bläst auf dem Neptun mit bis zu 2100 Stundenkilometern.
    Doch Lorna schafft es, dort droben heiter zu bleiben und ihren Kurs zu halten. Und, oh, das Blau. Lorna bewundert die Farbe der beiden Planeten. Nie in ihrem ganzen Leben wären derart leuchtende Farben für sie vorstellbar gewesen! Der Effekt, das weiß sie nur zu gut, der Absorption des roten Lichts durch das Methan in der äußersten Atmosphärenschicht der Planeten. Gleichzeitig kann sie nicht umhin zu bemerken, dass das Blau des Neptun leuchtender, prächtiger ist als das Blau des Uranus, das sie sich als Aquamarin zu beschreiben versucht fühlt. Ihre Mutter, das ist eine ihrer wenigen Erinnerungen, trug einen Ring mit einem Aquamarin, und der Stein, so behauptete sie, kam aus einem südamerikanischen Land. Peru. Aber sie darf sich nicht von unwissenschaftlichen Gedanken ablenken lassen. Die aquamarinblaue Farbe des Planetenkönnte durch einen bislang unbekannten Bestandteil der Atmosphäre zustande kommen.
    Wenn sie doch bloß die Zeit hätte, zu erforschen, welcher Bestandteil das sein könnte.
    Sie wünscht, sie könnte sich länger hier auf dem Uranus aufhalten; einen Sommertag hier verbringen, der mehrere Jahre dauern könnte, oder eine Nacht hier schlafen, die noch länger währt.
    Beim Gedanken daran muss Lorna gähnen.
    Und wenn Lorna diese Blautöne bloß beschreiben könnte, oder malen.
    Nina blinzelt, bevor sie die Augen aufschlägt.
    Hat sie geträumt?
    Sie muss eingeschlafen sein.
    Das Bild von Lorna im All geht ihr nicht aus dem Kopf.
    Sie wird ihre Runden drehen, immer wieder an den Ausgangsort zurückkehren, denn Lorna glaubt an ein endliches Universum.
    Nina fühlt sich versucht, ihr zuzuwinken.
    Ihr bon voyage zu wünschen.
    Philip und Nina sprechen darüber, noch einmal nach Anguangueo zu fahren, aber sie tun es nie. Stattdessen malt Nina einmal für Philip zum Geburtstag ein Aquarell mit sechs Schmetterlingen auf handgeschöpftem japanischem Maulbeerpapier. Sie malt die Schmetterlinge aus einem Fotoband ab. Zunächst hatte sie vorgehabt, nur einen Schmetterling, den Monarchfalter, zumalen, aber nachdem sie sich in die Fotos vertieft hat, beschließt sie, mehrere zu malen.
    Sie beginnt mit einem Schwefelfalter, einem zitronengelben Schmetterling mit orange geflammten Flecken auf den Flügeln; der zweite Schmetterling, ein Aurora, ist neonblau mit purpurnen Streifen auf den Flügeln; der dritte ist transparent, bis auf einen tiefrosa Fleck auf dem unteren Teil der Flügel – und so zart, dass Nina die Farbe nur mit angehaltenem Atem aufträgt; den orangefarbenen Monarchfalter, den größten der Schmetterlinge, setzt sie in die Mitte des Aquarells und malt die weißen Flecken und Spritzer auf den Flügeln mit der Spitze ihres besten Zobelpinsels; der fünfte Schmetterling ist ein grellbunter grün-orange-rosa-gelb-schwarzer Regenbogenfalter. Nachtfalter , so liest Nina, fliegen, wie der Name schon sagt, nachts, während Schmetterlinge tagsüber fliegen; Nachtfalter ruhen mit an den Körper gelegten Flügeln, während Schmetterlinge sie in der Ruhestellung senkrecht hochklappen … Der letzte Schmetterling, ein großer silberner Falter aus Chile, hat die Farbe glänzenden Lamettas mit einem Hauch Kakaobraun an den Spitzen seiner leicht ausgezackten Flügel und ist der absolut schönste von allen.
    Die Farben sind wunderbar, sagt Philip. Er hört sich wirklich beglückt an.
    In der Realität sind die Farben noch leuchtender, sagt Nina.
    Die Blau- und Grüntöne entstehen durch Irisieren, fügt Philip hinzu.
    Das Aquarell hängt in Philips Büro, und er hat Nina wiederholt versichert, dass das Erste, was er im Falle eines Brandes vor den Flammen retten würde – nicht seinen Computer, nicht seine kostbaren Dokumente –, ihre Schmetterlinge sind.
    Sie würde ihm gern glauben.
    Nina besucht Philip selten unangemeldet bei der Arbeit, erinnert sich aber, dass sie vor nicht allzu langer Zeit – beim Gedanken daran errötet sie noch immer – an seine Bürotür geklopft und diese dann geöffnet hat, ohne eine Antwort abzuwarten. Philip telefoniert.
    Isabelle Theo – sie bekommt den Nachnamen nicht ganz mit, er klingt ausländisch – macht mir das Leben viel leichter, hört Nina ihn sagen.
    Philip hebt die freie Hand, runzelt die Stirn und bedeutet ihr zu warten.
    Ich weiß nicht, was ich tun würde, sagt er außerdem, während er seinen Stuhl vom Schreibtisch
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