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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns
Autoren: Dieter Kühn
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Gesetzmäßigkeit weithin waltender Inkompetenz sowie der symbiotischen Verbindung von Arroganz und Ignoranz.)

    Stichwort Fiktion: Ein Prinz von Hessen-Nassau leitete die sogenannte Forschungsanstalt – bis sein Flugzeug abstürzte. Als Nachfolger setze ich einen fiktiven Bruder ein; auf die Kombination der Bezeichnung des Nachrichtendienstes und des honorig klingenden Familiennamens mochte ich nicht verzichten.
    Und noch ein Hinweis zum Detail: Um ein wenig mehr Freiraum der Gestaltung zu gewinnen, habe ich dem Produktionsleiter Wilhelm Sperber neue Vornamen angedichtet. So wird die hinreichend bezeugte Person von Fiktion zumindest angehaucht. Auch dies in ständigem Konnex mit damaligen, bezeugbaren, dokumentierbaren Fakten und Faktoren.
    Historisch hinreichend dokumentierte Personen hingegen wie Göring, Goebbels, auch Johst, sie versuchte ich porträtgenau darzustellen.

    Die Auszüge aus Abhörprotokollen des keineswegs fiktiven Forschungsamtes der Luftwaffe sind frei entwickelt – in Sichtverbindung mit damaligen Organisationsformen, Institutionen vor allem der Militärbürokratie.
    Auch in den fingierten, meist raffenden Wiedergaben: ich wollte, durfte nicht Abstand verkürzen, musste sprachlich Distanz wahren. Dies auch mit damals üblichen Abkürzungen. Eine Zeit lang hatte ich überlegt, ob ich ein Glossar anhängen soll, doch ich nutze lieber den Werkbericht, um die häufigsten Abkürzungen aufzulösen.
    Der vielfach erwähnte RM ist, wie schon der Kontext verrät, Reichsmarschall Göring. Und GFM Keitel: der Generalfeldmarschall. RMVP war das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, geleitet von Goebbels. Als Konkurrenzorganisation das Reichssicherheitshauptamt, das RSHA , geleitet von Himmler, dem RFSS , Reichsführer der SS . Abkürzungen untergeordneter Dienstgrade der SS wirken heute eher komisch: ein Stubaf als Sturmbannführer, ein Ostubaf als Obersturmbannführer.
    Auch »Ern u La«: keine satirische Erfindung, sondern die damals übliche Abkürzung von: Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft. RSK : die Reichsschrifttumskammer. RFK : die Reichsfilmkammer.
    Leicht zu entschlüsseln hingegen: OKW als Oberkommando der Wehrmacht. Dies in der Aufgliederung: OKH als Oberkommando des Heeres, OKM als Oberkommando der Marine, OKL als Oberkommando der Luftwaffe. Und zwar mit Dienstsitz im RLM , dem Reichsluftfahrtministerium, unter dem Oberbefehlshaber ( OB ) Göring.
    Ja, und die HKL war die Hauptkampflinie, die immer weiter zurückgenommen wurde. Und doch traf sich NS -Prominenz verschiedener Kunstsparten so lang wie möglich im (wohl hinreichend mit Getränken versorgten) KddK, dem Kameradschaftsclub der deutschen Künstler.

    Das RLM in der Leipziger Straße, in dem sich Göring gegen Kriegsende zuweilen noch wichtig tat, in dem auch ein Adjutant z.b.V. schon mal sein Gesicht zeigen musste, es war einer der riesigen und protzigen NS -Bauten, die bei der Zerstörung der Reichshauptstadt Berlin ausgespart blieben – heute Sitz des Finanzministeriums.
    Eins der makabren Mysterien der Geschichte: Gebäude von Nazi-Institutionen blieben trotz aller Bombardierungen weithin erhalten. Beschädigungen gewiss, doch in der Bausubstanz blieb das RLM ebenso stehen wie Speers Riesenbau der Reichskanzlei (die von Sowjets gesprengt werden musste), wie der Gebäudetrakt des Propagandaministeriums in der Mauerstraße, heute Ministerium für Arbeit und Soziales. Das Reichsministerium des Innern, in der Dorotheenstraße: nach Reparaturen das DDR -Justizministerium, nach der Wende Dienstsitze des Bundestags. Reichsbank, Reichsmünze, Gauarbeitsamt, Reichssportfeld mit Glockenturm: alles blieb stehn in der Trümmerwüste Berlin.
    Gewiss, Bomben wurden bei Massenangriffen fast blindlings abgeworfen innerhalb der von Masterbombern platzierten, an Fallschirmen herabschwebenden, ständig »nachgefeuerten« Lichtmarkierungen; bei all dem Feuerglosen, all dem Qualm, dazu noch unter Flakbeschuss, konnte weder punktgenau angezielt noch präzis ausgespart werden. Und doch: das Gesetz des Irrsinns erscheint mir übertragen auf NS -Gebäudeschutz.

    Erneut eine Anmerkung zur Kombination, ja Fusion von Fakten und Fiktionen. Nun unter dem Stichwort »Leonidas«.
    Es war von Goebbels eingebracht worden. Harlan: »Ich erinnere mich sehr genau daran, dass er mich während der Herstellung des Films zweimal darauf ansprach, ob ich nicht eine ›Leonidas-Szene‹ in den Film aufnehmen könnte. Ihm lag viel an solch
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