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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe
Autoren: Veronika Rusch
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sollte, entschied sie sich, nichts zu sagen, was ihn noch mehr beunruhigen würde. Richter Obersteins Bekanntschaft würde er noch früh genug machen. Stattdessen fragte sie ihn nur nach Massimo Moro.
    »Kennen Sie ihn?«, wollte sie wissen.
    Zu ihrer Überraschung lächelte Malafonte: » Sì, avvocato. Er ist Friseur. Schneidet mir ab und zu die Haare.«
    »Er war es, der dem Richter Ihren Namen genannt hat, wussten Sie das?« Clara sah ihm forschend ins Gesicht. Doch sie sah nur ehrliches Erstaunen. »Massimo? Es war Massimo? Aber warum denn?«
    »Das müssen Sie mir schon sagen, Signor Malafonte. Hat er etwas gegen Sie?«
    Malafonte schüttelte den Kopf. Er schien ehrlich verwirrt zu sein. » No’ lo so . Weiß nicht.«
    »Herr Malafonte, Sie müssen mir sagen, was Sie wissen.« Clara sah ihn eindringlich an.
    Malafonte wich ihrem Blick aus. »Ich weiß nichts. Ich kenne ihn nur so.« Er wedelte vage mit seiner Hand herum und ließ sie wieder sinken »Wir treffen uns manchmal. Gehen zusammen weg.«
    Und rauchen ein paar Joints zusammen, dachte sich Clara hinzu, sagte es aber nicht. »Warum sollte er diese Aussage über Sie machen, wenn sie nicht stimmt?«
    » No’ lo so .« Malafontes Schultern sanken noch tiefer, während er diese stereotypen Worte wiederholte. Er hielt den Kopf gesenkt und starrte seine Hände an. »Werden sie mich ins Gefängnis stecken?« Er flüsterte fast, und Clara konnte die Angst in seiner Stimme hören.
    »Das glaube ich nicht.« Clara lächelte. »Aber es wäre trotzdem gut, wenn Sie mir ein wenig helfen würden.«
    Malafontes Kopf sank noch tiefer. Er schüttelte fast unmerklich den Kopf. »Ich muss zur Arbeit.«
    Clara zuckte resigniert mit den Achseln: »Gut. Wie Sie wollen. Wir sehen uns morgen.«
    Sie begleitete ihn zur Tür und sah ihm nach, wie er mit schlurfenden Schritten über die Straße davonging.
    Noch ein paar Minuten blieb sie an der Tür stehen und sah hinaus. Es begann zu dämmern, und die Häuser waren in ein letztes, unwirkliches Frühlingslicht getaucht, das sich mit einem Mal zwischen den feuchten Regenwolken hervorgestohlen hatte. Das Licht spiegelte sich in den Pfützen, und die Bäume vor Claras Büro hoben sich wie Scherenschnitte vom bewegten Himmel ab. Clara pfiff nach Elise und nahm ihren Mantel vom Haken. Genug gearbeitet für heute. Jetzt war der Spaziergang fällig.
     
    Die Luft war genauso, wie das Licht versprochen hatte: Frisch und klar mit einem Hauch von Wärme. Clara blieb einen Moment stehen und atmete tief ein. In solchen Augenblicken wünschte sie sich, die Luft und das Licht aufbewahren zu können, in einer Schachtel oder einer Dose, wie man sie für Lebkuchen verwendet. Für trübere Zeiten, in denen der Nebel zwischen den Gehsteigen hing und die Verkehrsampeln verschwommen wie Augen eines Ungeheuers dahinter hervorglommen. Oder für die stickigen Sommertage, in denen einem der Schweiß klebrig und graugelb wie die Autoabgase um einen herum den Rücken hinunterlief und jeder Schritt sich anfühlte, als wöge man zwanzig Pfund mehr. An solchen Tagen würde sie sich in die Tiefen ihres roten Sessels zurückziehen, den Blick auf den Kastanienbaum vor ihrem Fenster gerichtet, und die Dose öffnen, einen tiefen Zug nehmen, inhalieren. Und das Licht um sie herum würde zu leuchten beginnen wie an einem solchen Frühlingstag im März.
    Clara ging los. Elise lief bellend neben ihr her. Sie ging schnell, mit großen Schritten an den grauen Häuserzeilen entlang, lief fast, mit offenem Mantel und wehenden Haaren.
     
    Als sie zwei Stunden später den Schlüssel zu ihrer Haustür herumdrehte, fühlte sie sich wie elektrisch aufgeladen, sie glühte förmlich vor Sauerstoff und Energie, und ihre Haare ringelten sich nach der feuchten Luft noch mehr als sonst. Ein Blick auf den Anrufbeantworter im Gang, und das Glühen ließ ein wenig nach. Sean hatte nicht angerufen. Bis auf ein kurzes Hallo gestern Nacht vom Flughafen in Dublin hatte sie noch nichts weiter von ihm gehört. »Alles o. k., Mum, Ian hat mich abgeholt, wir fahren jetzt nach Hause.« Das war alles gewesen, sie hatte nicht einmal richtig mit ihm reden können. Nach Hause hatte er gesagt. Zu Ian . Er nannte ihn immer Ian, nie Vater oder Dad, aber es klang, als ob er von einem guten Freund sprach. Sie hätte dankbar sein sollen. Glücklich über das gute Verhältnis, das die beiden zueinander hatten. Immerhin war es nicht immer so gewesen. Aber sie war nicht glücklich darüber. Ganz und gar
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