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Das Gesetz der Freiheit

Das Gesetz der Freiheit

Titel: Das Gesetz der Freiheit
Autoren: Charles Gray
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sie kaufen Kokain – und verkaufen es weiter zu Preisen, die sie eben erreichen können. Wäre Ihr Abkommen mit den anderen Herstellern nicht, das Ihnen das Monopol auf dem hiesigen Markt einräumt, dann wären Sie schon seit vielen Jahren bankrott.“
    „Sie sind also Benders Ansicht?“
    „Gewiß, Dell. Ich habe gar keine andere Wahl.“
    Einen Augenblick lang saß Dell völlig bewegungslos. Enttäuschung, Wut, Fassungslosigkeit rangen miteinander, und hinter der äußerlich so ruhigen Fassade versuchte er mit aller Kraft, Herr seiner Gefühle zu werden. Er gab sich alle Mühe, den Triumph im Blick seines Partners nicht zu sehen, und kämpfte den Wunsch zurück, dem Schiedsspruch seine Anerkennung zu versagen. Er wußte genau, daß er in diesem Falle nur so lange am Leben bleiben würde, bis der Unparteiische Meldung von seiner, Dells, Weigerung gemacht hatte. Sobald dies geschehen war, würde Bender ihn töten. Nein, es gab keine andere Möglichkeit. Er schluckte schwer.
    „Nun gut. Vom moralischen Standpunkt aus bin ich noch immer der Überzeugung, daß Sie nicht recht haben. Aber es bleibt mir ja nichts übrig, als Ihren Schiedsspruch anzuerkennen.“
    Lassiter nickte in schweigender Befriedigung und schaltete dann wieder das Tonbandgerät ein.
    „Nach Rücksprache mit den beiden Parteien geht meine Entscheidung dahin, daß die Kokain-Produkte des Werkes zum freien und uneingeschränkten Verkauf gebracht werden müssen. Ich trete mit meinem Spruch also der Meinung des stillen Teilhabers, Jeff Bender, bei. Der Spruch ist den Parteien offiziell vorgetragen worden, und beide haben ihn als rechtmäßig und voll verbindlich anerkannt.“
    „Wird bestätigt!“ Dell versuchte krampfhaft, seine Stimme ruhig klingen zu lassen.
    „Bestätigt.“ In freudiger Erregung sprang Bender aus seinem Sessel hoch. „Ausgezeichnet, Lassiter!“ rief er begeistert aus. „Id wußte doch, daß Sie die Dinge ganz so sehen wie ich. Nun bitte ich Sie aber, mich zu entschuldigen. Ich muß schleunigst fort und alles für den erheblich höheren Umsatz und den verstärkten Verkauf in allen Teilen der Stadt vorbereiten.“
    Und schon fiel die Tür hinter ihm in Schloß. Verständnisvoll sah der Graue Del an.
    „Enttäuscht?“
    „Das kann man wohl sagen.“
    „Das tut mir herzlich leid. Das Schlimme mit Ihnen, Dell, ist eben, daß Sie ein so hoffnungsloser Idealist sind. Und für Idealisten gibt es in der Welt nun wirklich keinen Platz mehr. Wenigstens heutzutage nicht.
    Ich denke gar nicht daran, Ihre Motive etwa mißachten oder herabwürdigen zu wollen. Ich bin nur gegen Ihre selbstgefällige Ansicht, ausgerechnet Sie seien berufen und in der Lage, für Ihren Nachbarn zu entscheiden, was gut oder schlecht für ihn ist.“
    „Aber wenn es niemand mehr gibt, der sich um das Wohl der anderen den Kopf zerbricht und sich dafür verantwortlich fühlt, was wäre dann?“
    „Dann wäre erreicht, was wir erstreben: die Freiheit, Dell! Uneingeschränkte, reine Freiheit. Jeder Mensch muß seine eigenen Entscheidungen fällen, und keiner darf auch nur versuchen, andere durch Drohung oder Strafe zu seiner eigenen Meinung zu bekehren. Jeder muß das tun, was er will, wann und wie er es will – das allein ist ein Zustand, der den Namen Freiheit verdient.“
    „Das Gesetz des Dschungels – würde ich es lieber nennen“, wandte Dell ein.
    „Keineswegs. Die Vernunft sorgt schon dafür, daß die Freiheit nie zum Gesetz des Dschungels ausartet. Und die vollkommene Freiheit sondert die Gesunden von den Ungesunden, die überlegenden, vernünftigen Geister von den bloß gefühlsmäßig und instinktiv reagierenden Herdenwesen. Sie erst ist es, die eine Zivilisation wahrhaft reif macht.“
    Dell runzelte die Stirn, musterte forschend die ruhigen Gesichtszüge des hochgewachsenen grauen Mannes und versuchte, einen bedeutsamen Hintersinn in den offensichtlich ganz beiläufig hingeworfenen Worten zu entdecken. Irgend etwas Seltsames war um den Mann.
    „Selbstverständlich haben Sie auch die Freiheit, zu denken, was Sie wollen“, fuhr der Unparteiische fort. Er spulte den Draht auf die Rolle, nahm sie ab und barg sie sorgfältig in seiner grauen Ledertasche. „Ich lasse das Aufgenommene abschreiben und schicke Ihnen die Spule dann zurück, nachdem die Aufnahme gelöscht worden ist.“ Er erhob sich aus seinem Sessel. „Ich freue mich aufrichtig, daß Sie sich meiner Ansicht angeschlossen haben, Dell. Ihr Partner hätte eine Weigerung sicherlich
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